Es ist bekannt und durch Manuskripte belegt, dass die sogenannte Diakritik ( إعجام – iʿdschām) und die Vokalisation ( تشكيل – taschkīl, diese umfasst auch die sogenannten حركات – ḥarakāt) der arabischen Buchstaben wie auch die speziellen Symbole und Buchstaben, die als Anweisung für eine genaue Rezitation gelten, erst nach der Offenbarungszeit der Lesung eingeführt wurden, demnach also keineswegs zum ursprünglichen Original gehörten. Es gibt den sogenannten „Rasm“ ( رسم ) der arabischen Buchstaben, also die “Spur” der Buchstaben, in denen diese diakritischen Zeichen nicht vorkommen. Viele der ältesten Manuskripte, welche die Lesung sehr oft nur teilweise beinhalten, sind in diesem Rasm, also ohne diakritische Zeichen, niedergeschrieben. Hier Beispiele von alleinstehenden, ähnlich aussehenden Buchstaben mit diesen „Punktierungen“ (diakritischen Zeichen):
ب ت ن ث
ف ق
ز ر
ص ض
ج ح خ
ع غ
ط ظ
د ذ
Hier ein Vergleichsversuch für die deutsche Sprache:
i ı
ö o
ä a
ü u
b p
q d
Ohne diese Punktierungen oder kurzen Striche können die Buchstaben nicht unterschieden werden und nur der sehr geübte Leser (auch für arabische Muttersprachler keine einfache Aufgabe) wird mittels des Kontexts ermitteln können, um welche Worte es sich hierbei handelt. Wer hier in der Forschung von Manuskripten profunde Beiträge leisten will, muss nicht nur die arabische Sprache sehr gut beherrschen, sondern ebenso den arabischen Text der Lesung sehr gut kennen.
Die wichtigste wissenschaftliche Frage ist, seit wann diese diakritischen Zeichen, diese „Punktierungen“ eingeführt wurden. Denn regelmäßig niedergeschrieben wurden diese diakritischen Zeichen erst seit etwa dem zehnten Jahrhundert, also einige Jahrhunderte nach der Offenbarung der Lesung. Auf jeden Fall können wir aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse davon ausgehen, dass die Existenz, also das Vorhandensein dieses Systems der diakritischen Zeichen, als sehr früh angenommen werden muss, also sehr nahe zur Offenbarungszeit der Lesung und deshalb die heute vorhandene Punktierung Sinn ergibt. Weitere Informationen lassen sich in der einschlägigen Fachliteratur zu diesem Themenbereich finden16 und an dieser Stelle sei besonders das Projekt „Corpus Coranicum“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hervorgehoben. Bei der Hermeneutik in diesem Buch werden die klassischen diakritischen Zeichen in der Lesung als korrekt vorausgesetzt.
Noch eine kleine Anmerkung zu den Manuskripten. Es gibt laut Professor Tayyar Altıkulaç 2720 Schreibunterschiede, wie etwa fehlende, zusätzliche oder andere Buchstaben, zwischen dem sogenannten „Koran des Kalifen Uṯmān“ im Topkapı-Museum (Istanbul) und der modernen Koranausgabe in der sogenannten „uṯmānischen Orthografie (ar-rasm al-uṯmānī)“ im Kairiner Koran (1924) und im Madina-Koran (1985).17 Davon, dass alle Korankopien völlig identisch seien und sich niemals in auch nur einem Buchstaben unterscheiden würden, kann nicht die Rede sein. Da die Schreibunterschiede aber marginaler Natur sind und an der Bedeutung des Textes kaum etwas ändern, wird sie für die in diesem Buch präsentierte Hermeneutik auch keine Rolle spielen.
Falschlesen des Korans und seine Folgen – Heiraten mit Kindern?
Ein weiterer, äußerst wichtiger Betrachtungspunkt ist die Vokalisation. Diese wird im heutigen Dialektarabisch wie auch im modernen Standardarabisch selten gebraucht. In den heutigen Kopien der Lesung findet sich der arabische Text aber durchvokalisiert wieder. Das sieht dann zum Beispiel in Kapitel 9, Vers 3 in etwa wie folgt aus:
وَأَذَٟنٌۭ مِّنَ ٱللَّهِ وَرَسُولِهِۦٓ إِلَى ٱلنَّاسِ يَوْمَ ٱلْحَجِّ ٱلْأَكْبَرِ أَنَّ ٱللَّهَ بَرِىٓءٌۭ مِّنَ ٱلْمُشْرِكِينَ ۙ وَرَسُولُهُۥ ۚ فَإِن تُبْتُمْ فَهُوَ خَيْرٌۭ لَّكُمْ ۖ وَإِن تَوَلَّيْتُمْ فَٱعْلَمُوٓا۟ أَنَّكُمْ غَيْرُ مُعْجِزِى ٱللَّهِ ۗ وَبَشِّرِ ٱلَّذِينَ كَفَرُوا۟ بِعَذَابٍ أَلِيمٍ
Der arabische Wortlaut ohne Vokalisation und ohne die Zeichen des Tadschwīd würde wie folgt ausschauen:
وأذن من الله ورسوله إلى الناس يوم الحج الأكبر أن الله برىء من المشركين ورسوله فإن تبتم فهو خير لكم وإن توليتم فاعلموا أنكم غير معجزى الله وبشر الذين كفروا بعذاب أليم
Es sieht freier aus mit „mehr Luft“ zwischen den Buchstaben. Hierin liegt jedoch eine Tücke. Falls Sie sich fragen, wie das auf Deutsch ausschaute, so versuchen Sie einmal folgenden „unvokalisierten“ Text aus Vers 9: 3 zu lesen, bei dem die in der Aussprache kurzen, inneren Vokale entfernt wurden:
und ein Ankndgng vn Gtt und Seinm Gsndtn an die Mnschn am Tag dr großn Plgrfhrt, dss Gtt los und ledg ist dr Gtzndienr, und ebns Sein Gsndtr.18
So sieht vergleichsweise der arabische Text aus. Bedenken Sie hierbei auch, dass der oben zitierte Text im modernen Deutsch geschrieben wurde. Stellen Sie sich nur einmal vor, wie schwieriger es wird, einen „unvokalisierten“ Text aus Goethes Werken oder aus altdeutschen Texten zu lesen. Dann erhalten Sie einen kleinen Vorgeschmack darauf, welcher Herausforderung Sie begegnen werden, wenn Sie die Lesung auf Arabisch unvokalisiert verstehen wollen. Betrachten wir den Auszug aus dem dritten Vers des neunten Kapitels:
أنََّ الله بَرِىءٌ مِنَ المُشْرِكِينَ وَ رَسُولُهُ
Ungefähr übersetzt als: dass sich Gott lossagt von den Beigesellern, ebenso Sein Gesandter. Der unvokalisierte Text ist dann:
ان الله برىء من المشركين و رسوله
Jetzt kann es schnell passieren, wenn man den Text falsch liest, dass sich der Sinn wie folgt ergibt: dass Gott losgesagt ist von den Beigesellern und dem Gesandten.
Dieser Fehler tritt auf, weil falsch rasūlihi ( رسَُولهِِ ) anstelle von rasūluhu ( رسَُولهُُ ) gelesen wurde. Aus dem unvokalisierten Text konnte dies der Ungeübte nicht unterscheiden, weil es keine Zeichen oder Vokalisierung gab, die die richtige Aussprache angezeigt hätten. Die Zeichen oder Akzente zur Vermeidung solcher Probleme wurden erst später eingeführt und entwickelten sich im Wesentlichen dann zu den heutigen bekannten Formen Fatḥa (َ a, oft Anzeige für den akkusativen Fall), Kasra (ِ i, oft für den genitiven Fall) und Damma ( ُ u, oft für den nominativen Kasus)19. Natürlich ist es klar, dass sich Gott nicht vom Gesandten lossagen würde. So würde man schnell aus dem Kontext wissen, dass eben ein Ḍamma und nicht ein Kasra gesetzt werden sollte.
An dieser Stelle haben diejenigen aufgepasst, die dieses System der Vokalisation, der Diakritik und der besonderen Buchstaben in den Versen übernommen haben. Denn sie wussten, dass sich Gott nicht lossagen würde von Seinem eigenen Gesandten. Dennoch waren diese Menschen, deren Beiträge zur arabischen Sprache zweifellos noch heute bedeutend sind, fehlerbehaftete Wesen wie jedermann. So sind also diese in der ursprünglichen Lesung nicht vorhandenen Zeichen nicht als Teil des koranischen Textes zu verstehen, sondern im Allgemeinen als gutgemeinte Ratschläge für den ungeübten Leser. Einige Male ist es passiert, dass ihre Arbeit unvorsichtig war und deshalb Fehler beinhaltet, die ich gleich aufzeigen werde. Dies lässt sich auf verschiedene Fehlerquellen zurückführen, wie etwa Fehler ideologischer (zum Beispiel aus einem patriarchalischen Blickwinkel heraus), exegetischer (Apologetik und Philosophie), kultureller wie auch trivialer Natur (Verschreiber). Wichtig ist hierbei aber anzumerken, dass diese Fehler an manchen Stellen immense Auswirkungen haben können auf das Verständnis dieser Textstelle. Dies werden wir am Beispiel des Verses 65:4 verdeutlichen, wo je nach Lesart die Heirat mit Kindern als erlaubt angesehen werden könnte.
Im Falle einer Scheidung der Ehe beschreibt die Lesung bestimmte Wartefristen, um beide Parteien vor einer übereilten Entscheidung zu schützen. Gott hat für uns den Vorgang der Scheidung so gestaltet, dass beide Parteien bestmöglich geschützt sind. Es besteht kein Zweifel, dass Gottes System einer hohen, gesellschaftsorientierten Ethik entspricht, die für uns gut ist. Die Probleme bezüglich ihrer Umsetzung entstehen leider durch die schlechten, unvorsichtigen, traditionell behafteten Übersetzungen, die sich an klassischer Lesart orientieren und diese nicht oder nur ungenügend hinterfragen. In Bezug auf das Heiraten von Frauen, die noch keine Regelblutung haben, also noch Kinder sind, ist der Einfluss der Aussprüche (aḥādīṯ), nach denen der Prophet Kinder geheiratet haben sollte, leider auch in den deutschen Übersetzungen von 65:4 sichtbar20:
Azhar21: Für eure Frauen, die keine Menstruation mehr erwarten, beträgt die Wartezeit drei Monate, wenn ihr Zweifel hegt. Die gleiche Wartezeit gilt für Frauen, die noch keine Menstruation haben. Für die Schwangeren endet die Wartezeit mit der Entbindung. Wer Gott fürchtet, dem macht Gott alles leicht.
Adel T. Khoury: Und für die von euren Frauen, die keine Menstruation mehr erwarten, falls ihr da Zweifel hegt, gilt eine Wartezeit von drei Monaten. Und ebenso für die, die keine Menstruation haben. Für die, die schwanger sind, ist die Frist erreicht, wenn sie gebären, was sie (in ihrem Leib) tragen. Und wer Gott fürchtet, dem schafft Er Erleichterung in seiner Angelegenheit.
Ahmadiyya22: Wenn ihr im Zweifel seid (über) jene eurer Frauen, die keine monatliche Reinigung mehr erhoffen, (dann wisset, daß) ihre Frist drei Monate ist, und (das gleiche gilt für) die, die noch keine Reinigung hatten. Und für die Schwangeren soll ihre Frist so lange währen, bis sie sich ihrer Bürde entledigt haben. Und dem, der Allah fürchtet, wird Er Erleichterung verschaffen in seinen Angelegenheiten.
Rudi Paret: Und wenn ihr bei denjenigen von euren Frauen, die keine Menstruation mehr erwarten, (irgendwelche) Zweifel hegt, soll ihre Wartezeit (im Fall der Ehescheidung) drei Monate betragen. Ebenso bei denen, die (ihres jugendlichen Alters wegen noch) keine Menstruation gehabt haben. Und bei denen, die schwanger sind, ist der Termin (maßgebend), an dem sie zur Welt bringen, was sie (als Frucht ihres Leibes in sich) tragen. Wenn einer gottesfürchtig ist, schafft Gott ihm von sich aus Erleichterung.
Bubenheim / Elyas: Und diejenigen von euren Frauen, die keine Monatsblutung mehr erwarten, wenn ihr im Zweifel seid, so ist ihre Wartezeit drei Monate; und ebenso derjenigen, die (noch) keine Monatsblutung haben. Diejenigen, die schwanger sind – ihre Frist ist (erreicht), wenn sie mit dem niederkommen, was sie (in ihren Leibern) tragen. Und wer Allah fürchtet, dem schafft Er in seiner Angelegenheit Erleichterung.
M. A. Rassoul: Wenn ihr Zweifel hegt (über) jene eurer Frauen, die keine Menstruation mehr erhoffen, (dann wisset, daß) ihre Frist drei Monate beträgt, und (das gleiche gilt für) diejenigen, die noch keine Menstruation gehabt haben. Und für die Schwangeren soll die Frist solange dauern, bis sie zur Welt bringen, was sie getragen haben. Und dem, der Allah fürchtet, wird Er Erleichterung in seinen Angelegenheiten verschaffen.
Amir Zaidan: Und diejenigen von euren Ehefrauen, die keine Menstruation mehr erwarten – solltet ihr Zweifel haben – so ist ihre ´Idda drei Monate lang, ebenso für diejenigen, die noch keine Menstruation hatten. Und für die Schwangeren – deren Frist endet, wenn sie entbunden haben. Und (wer) Taqwa gemäß ALLAH gegenüber handelt, dem gewährt ER in seiner Angelegenheit Erleichterung.
Durch eine schreckliche, falsche, ḥadīṯische Verzerrung dieses Verses wird in fast allen Übersetzungen die Wartezeit für Frauen, die noch keine Menstruation hatten, d. h. Kinder, ebenfalls beschrieben. Dies würde aber logisch gesehen bedeuten, dass Kinder überhaupt schon geheiratet werden dürften! Es ist bekannt, dass die anti-koranische, traditionelle Sunna Aussprüche enthält, die den Propheten Mohammed mit der Behauptung der Pädophilie beleidigen, dass er ʿAīsha im Kindesalter geheiratet hätte. Solche Heuchler, schreckliche Missetäter und Ableugner möchte ich auf die Verse 6: 112–116 und ebenso auf Psalm 37 aufmerksam machen!
Der vokalisierte, arabische Wortlaut des Textes:
وَالّٰىٔ يَئِسْنَ مِنَ ٱلْمَحِيضِ مِن نِّسَآئِكُمْ إِنِ ٱرْتَبْتُمْ فَعِدَّتُهُنَّ ثَلَٟثَةُ أَشْهُرٍۢ وَالّٰىٔ لَمْ يَحِضْنَ ۚ وَأُو۟لَٟتُ ٱلْأَحْمَالِ أَجَلُهُنَّ أَن يَضَعْنَ حَمْلَهُنَّ ۚ وَمَن يَتَّقِ ٱللَّهَ يَجْعَل لَّهُۥ مِنْ أَمْرِهِۦ يُسْرًۭا
Drei Probleme bestehen bei den oben zitierten Übersetzungen:
1. Das Wort „ebenso“ oder die Äußerung „das gleiche“ kommt im arabischen Wortlaut nirgends vor! Obwohl die arabische Sprache diese Wörter umfasst (بالمِثْل – bil-miṯli für das gleiche/ähnliche und كَذَلِكَ – kaḏalika für „ebenso“ oder أَيْضًا – ayḍan für das Wort „auch“), haben die Übersetzer entweder wider besseren Wissens einfach von anderen Übersetzern abgeschaut und den Wortlaut übernommen oder aber sie dachten aufgrund der dem Propheten angedichteten Aussprüche, die ihn der Pädophilie beschuldigen und besagen, dass er ʿAīsha im Kindesalter geheiratet habe, dass dies eine scheinbar bedenkenlose Übersetzung sei. Oder sie hatten einfach Angst, der menschengemachten Tradition zu widersprechen. Sie haben wohl auch deshalb beim Lesen das der Lesung nachträglich hinzugefügte Symbol „dschīm“ nach „lam yaḥiḍna“ als scheinbar zwingenden Stopp genommen:
وَالّٰىٔ لَمْ يَحِضْنَ ۚ وَأُو۟لَٟتُ ٱلْأَحْمَالِ
Dieser erhöhte Buchstabe (ج) ist ein Zeichen des Tadschwīd (die Lehre der klassischen Regeln der „richtigen“ Koranrezitation) und steht kurz für waqf dschā’iz ( وقف جائز ), wörtlich erlaubter Stopp, und soll einen empfohlenen oder erlaubten Stopp innerhalb eines Verses anzeigen. Durch solch einen Stopp wird unter Umständen wie in diesem Vers die Bedeutung des Satzes festgelegt, indem die Verbindung zum vorherigen Teil des Verses festgelegt wird. Ohne diesen Stopp kann sich die Bedeutung ändern.
Es sei nochmals wiederholt, dass diese Zeichen kein zwingender Bestandteil der ursprünglichen Schrift sind.
Der arabische Wortlaut ohne Vokalisation und ohne die Zeichen des Tadschwīd schaute wie folgt aus:
والءى يئسن من المحيض من نسائكم إن ارتبتم فعدتهن ثلثة أشهر والءى لم يحضن وأولت الأحمال أجلهن أن يضعن حملهن ومن يتق الله يجعل له من أمره يسرا
2. Des Weiteren steht im arabischen Wortlaut auch das Wort „noch“ nirgends geschrieben, denn es verstärkt den falschen Eindruck, dass es sich hier um Kinder handle. Einzig Khourys Übersetzung lässt dieses Wort aus, Paret und Bubenheim setzen es in Klammern, um anzudeuten, dass es nicht in der Lesung steht. Alle anderen übersetzen schlicht falsch, indem der Eindruck entsteht, das sei doch der koranische Text.
3. Zu guter Letzt würden die Übersetzer auch erst dann Recht haben, wenn das zweite „allā’i“ (الّٰىٔ – femininer Plural von „diejenigen“ im klassischen Arabisch, im heutigen modernen Standardarabisch bekannt als allātī – اللاتي) vor der Stelle stünde, in der von den schwangeren Frauen die Rede ist. Aber selbst dann ließe sich darüber streiten, ob dies der gewohnten koranischen Grammatik entspricht. Die Trennung zwischen den Frauen, die keine Menstruation hatten, und denen, die schwanger sind, ist in den Übersetzungen künstlich hergestellt, die der Lesung widerspricht. Die Wortwahl ist sehr präzise und das „und“ (wa) im Ausdruck „und schwanger sind“ stellt klar, dass es zum vorigen Satzbeginn dazugehört. Zu diesem Wort „wa“ komme ich bald wieder zurück.
Die sinngemäß korrekte Übersetzung, welche keinen Widerspruch mit der restlichen Botschaft der Lesung erzeugt, müsste lauten:
65:4 Für die Frauen, die keine Menstruation mehr erwarten, beträgt die Wartezeit drei Monate, wenn ihr Zweifel hegt. Die Wartezeit für die, die keine Menstruation haben und schwanger sind, endet mit der Entbindung. Wer Gottes achtsam ist, dem erleichtert Gott seine Angelegenheiten.
Das bedeutet, dass Frauen, die keine Menstruation haben und schwanger sind, warten müssen, bis sie ihr Kind zur Welt gebracht haben. Es ist also nicht abzuleiten, dass Kinder eine etwaige Wartezeit hätten. Erst wenn man blind und ohne Verstand der traditionellen Lesart der Lesung folgt, könnte man zum Schluss gelangen, zu dem auch die Übersetzer gelangten.
Die Lesung nennt zwar keine konkrete Zahl als Heiratsalter, doch ist aus ihr zu verstehen, dass das Heiratsalter einhergeht mit der geistigen Reife sein Leben selbst zu regeln (4:6) und dem Wissen, was das eheliche Leben ausmacht (4:34–35, 30:21). Ohne dies weiter ausführen zu wollen, kann gesagt werden, dass damit direkt die Möglichkeit der Heirat von Kindern ausgeschlossen wird. Somit ist die traditionelle Übersetzung eine der Lesung selbst widersprechende Variante, die nunmehr ignoriert werden sollte.
Es überrascht nicht, dass der Vers 65:4 aufgrund von den Ergänzungen wie Hadīṯ und Sunna und den Gelehrten verzerrt wurde, welche die Lebensordnung der Gottergebenheit (Islām) mit heidnischen Vorstellungen vermischen und die eine Freikarte suchen, um ihre körperlichen Triebe auszuleben. Es ist bedauerlich, welch satanischer Einfluss in den patriarchalen und pädophilen Köpfen der sich als „Muslime“ ausgebenden Gelehrten zu sehen ist! Es ist bedauerlich, dass selbst heutige Übersetzer nicht aufmerksam lesen, was im arabischen Wortlaut wirklich steht, und dies nicht mit dem Rest der Lesung vergleichen.
Gott bewahre uns vor solchen Leuten, die uns ihre Weltsicht mittels ihren Übersetzungen als Lebensordnung verkaufen wollen, die Gott nie verordnete!
42:21 Oder haben sie etwa Teilhaber, die ihnen als Religion verordnet haben, was Gott nicht erlaubt hat? Und gäbe es nicht den Urteilsspruch, wäre es zwischen ihnen entschieden worden. Und für die, die Unrecht tun, ist eine schmerzhafte Pein bestimmt.23
Was ist nun die Moral? Falls Sie genügend Arabisch verstehen, dass Sie die Vokale selbst setzen können, dann gehören Sie zu einer glücklichen Minderheit und können mehrdeutige Passagen, wovon es einige gibt, selbst entdecken und analysieren. Falls Sie überhaupt kein Arabisch können, bleibt Ihnen nichts anderes übrig als eine Person Ihres Vertrauens zu fragen, die dies kann und Ihnen hierbei hilft. Im Normalfall und anders als in diesem Beispiel sind diese Zweideutigkeiten aber von geringer Auswirkung, weshalb Sie auch ohne dieses Wissen bei einer guten Übersetzung der Lesung tiefgreifende Interpretationen selbst anstellen können. Im besten Fall können Sie den arabischen Wortlaut mit einer Transliteration entziffern und mit ein wenig Übung wissen Sie auch, wie Sie diese Wörter und Wortstämme in den Wörterbüchern nachschlagen können. Ich empfehle Ihnen diesen Weg einzuschlagen, wenn Sie nicht gleich eine komplett neue Sprache erlernen können oder wollen. Doch vorteilhaft ist es zumindest, die arabischen Buchstaben zu lernen, um ein Wort in seiner geschriebenen Form wiedererkennen zu können, was Sie im Normalfall einige Abende kosten wird.
Transliterationen verwenden
Wie Transliterationen hilfreich sein können, um auch ohne Arabischkenntnisse gewisse Begrifflichkeiten zu studieren, sei an folgendem Beispiel demonstriert:
Transliteration eines Teils des Verses 10:5
huwa allaḏī dschaʿala asch-schamsa ḍiyā’an wa al-qamara nūran wa qaddarahu manāzila litaʿlamū ʿadada as-sinīna wa al-hisāba …
Dies ist die transliterierte Form der arabischen Wörter. Die Transliteration wurde eingeführt, um auch Menschen den Zugang zu ermöglichen, die der arabischen Sprache nicht sehr mächtig sind aber dennoch wissen wollen, was dort genau steht. So können wir aufgrund dieser Transliteration eine Aufstellung der Wörter wiedergeben:
- Huwa: er
- allaḏī: (ist) derjenige
- dschaʿala: er machte
- asch-schamsa: die Sonne
- ḍiyā’an: als Leuchte
- wa: und
- al-qamara: den Mond
- nūran: als Licht
- wa: und
- qaddarahu: er maß ihm zu
- manāzila: Stationen
- litaʿlamū: damit/auf dass ihr wisst
- ʿadada: (die) Anzahl
- as-sinīna: der Jahre
- wa: und
- al-hisāba: die Rechnung
- usw.
Nun wissen Sie bereits, dass asch-schams „die Sonne“ bedeutet und werden nun in jeder Transliteration das Wort wiedererkennen können. Zumindest können Sie dadurch nachprüfen, ob ein behauptetes Wort auch wirklich vorkommt. Auf diese Art und Weise werden Sie auch erkennen können, dass abhängig vom Vers unterschiedliche Übersetzer dasselbe Wort ganz anders wiedergeben.
Es kann durchaus sein, dass Sie zu Beginn gewisse Wörter schwer erkennen, doch sind Sie auf diese Weise auf jeden Fall unabhängiger als ohne eine Information zu einem bestimmten Vers. Transliterationen finden Sie im Internet wie auch als gedruckte Bücher, obwohl die gedruckte Variante wesentlich teurer ist.