Ein Foto einer Inschrift, welche ein arabischer Reisender ätzte. Der Reisende gravierte seinen Namen auf dem roten Sandsteinblock ein vor über 1300 Jahren an einer Stelle nordwestlich von Saudi Arabien.
von Jennifer Viegas – übersetzt von Andreas Heisig
Ein arabischer Reisender, der vor über 1300 Jahren seinen Namen auf einen roten Sandstein eingravierte, könnte nun dabei helfen zu klären, worüber sich Islamwissenschaftler lange uneins waren: Wieso wurde der Koran scheinbar ohne diakritische Zeichen fixiert?
Diakritische Zeichen, die Akzente, Tilden, Umlaute und andere Notationen beinhalten, helfen Buchstaben voneinander zu unterscheiden und gewährleisten deren korrekte Aussprache. Wenn man diese hinzufügt oder wegläßt, so erhalten Buchstaben oder Sätze vollkommen andere Bedeutungen.
Die Analyse der kürzlich entdeckten Sandsteininschrift, die sich noch vor den frühesten uns bekannten Abschriften des Koran datieren lässt, belegt den folgenden Inhalt: „Im Namen Gottes / Ich, Zuhayr, schrieb (dies) zu der Zeit, als Umar starb / Jahr Vier / und Zwanzig.“
Laut dem Forscher Ali ibn Ibrahim Ghabban, der, zusammen mit seiner Frau die Inschrift aus dem Jahre 644 n. Chr. nordwestlich von Saudi-Arabien entdeckte, handelt es sich um einen immens wichtigen Fund, da es die am frühesten zu datierende arabische Inschrift sei. Ghabban, Mitglied der „Supreme Commission for Tourism“ von Riad (Saudi-Arabien) fügt hinzu, dies belege, dass es sich um ein vollkommen ausgebildetes System diakritischer Zeichen handele.
Robert Hoyland, Professor für Arabistik und den Nah-Östliche Studien an der St. Andrews Universität von Schottland erklärt die Bedeutung der Entdeckung von Ghaban:
Inwieweit der Koran ursprünglich mit diakritischen Zeichen fixiert wurde ist sehr wichtig, da westliche Koranwissenschaftler generell die Meinung vertreten, dass es kein solches System gab und sich daher die Freiheit nehmen, Änderungen am koranischen Text durch Vertauschen der diakritischen Zeichen vorzunehmen, um ihm eine andere Bedeutung zu geben. Dies wird von muslimischen Gelehrten verständlicherweise missbilligt, da sie davon ausgehen, dass der Text, der heute in Umlauf ist dem entspricht, was ursprünglich Muhammad offenbart wurde.
Hoyland weist darauf hin, dass, obwohl die früheste islamische Inschrift, die zugleich der weltweit zweitälteste Beweis für geschriebenes Arabisch ist, keine Satzzeichen oder Vokale enthält, sie Markierungen beinhalte, um gleich aussehende Konsonanten voneinander zu unterscheiden. Dies beweist, dass ein solches Markierungssystem bereits vor den frühesten uns bekannten Koranabschriften – die zwischen 652 und 680 n. Chr. zu datieren sind – vorhanden war. Ghabban ist der Meinung, dass Muhammads engste und früheste Anhänger den Koran der diakritischen Zeichen entledigten, um den Muslimen zu ermöglichen, den Koran so zu lesen, wie er Muhammad in den verschiedenen arabischen Dialekten offenbart wurde und der Wurzel der einzelnen Worte die Bedeutungsvielfalt aller möglichen Deutungen zu gewährleisten.
Hoyland fügt hinzu, dies würde bedeuten, dass die westliche Islamwissenschaft damit keine Entschuldigung mehr habe, den Text anders zu lesen, als er heute vorliegt. Ohne diakritische Zeichen würde beispielsweise der Satz: “ Ich nahm mit der ganzen Hand“ auch so verstanden werden können: „Ich nahm mit meinen Fingerspitzen.“
Die früheste bekannte islamische Inschrift, deren Schnitzer seine eigenen Zeichen gemacht haben könnte, als er gerade ein syrischen Pilgerweg entlang lief, könnte auch ein anderes Rätsel der arabischen Geschichte lösen: Wann starb Kalif Umar ibn al-Khattab? Folgt man den traditionellen und anderen historischen Quellen, soll ein persischer Soldat Umar in aller Öffentlichkeit erstochen haben, als dieser gerade das Gebet in der Moschee leitete. Zuhayr, der ein Zeuge dieses Gewaltverbrechens gewesen sein könnte, hielt fest, dass Umar im Jahr „vier und zwanzig“ starb; dies bedeutet 644 n.Chr.
Jennifer Viegas, Discovery News Nov. 18, 2008 — An Arabic traveler who engraved his name on a block of red sandstone over 1,300 years ago may help solve a question about the Qur’an that has vexed historians for hundreds of years: Why was the text seemingly written without diacritical marks? Diacritical marks, which include accent marks, tildes, umlauts and other notations, help to distinguish one letter from another and aid in pronunciation. When added or removed, they can completely change the meaning of a word or sentence. Analysis of the recently found sandstone inscription, which predates the earliest known copies of the Qur’an, determined that it reads: „In the name of Allah/ I, Zuhayr, wrote (this) at the time ‚Umar died/year four/And twenty.“ According to researcher Ali ibn Ibrahim Ghabban, who, with his wife, discovered the 644 A.D. inscription northwest of Saudi Arabia, „It is an immensely important find, since it is our earliest dated Arabic inscription.“ Ghabban, a member of the Supreme Commission for Tourism, Riyadh, Kingdom of Saudi Arabia, added that it also „shows evidence of a fully-fledged system of diacritical marks.“ A paper describing the find appears in the latest issue of the journal Arabian Archaeology and Epigraphy. Robert Hoyland, a professor of Arabic and Middle East Studies at the University of St. Andrews in Scotland, explained the significance of Ghabban’s determination to Discovery News. „Whether the Qur’an was originally written in a script that contained diacritical marks is very important because Western Qur’an scholars generally say that it wasn’t and therefore feel free to make some amendments to the Qur’anic text by changing the diacritical marks to give it a different meaning, which is, of course, very unpopular with modern Muslim scholars and Muslims in general, who mostly feel that the Qur’anic text they use is the original text revealed to Muhammad by God,“ he said. Although the earliest Islamic inscription, which is also the world’s second oldest evidence for written Arabic, does not include punctuation or vowel marks, it does contain markings to distinguish consonants that are identical in shape. This proves such a marking system was already in place before the earliest known copies of the Qur’an, which date to sometime between 652 and 680 A.D., Hoyland indicated. Ghabban now believes Muhammad’s close associates and early followers „stripped Qur’ans of diacritical marks“ in order to permit „Muslims to read the Qur’an as it was revealed to Muhammad in the various dialects of the Arabs, and allowing the skeleton of the word to bear all the meanings which appear in it.“ Hoyland added that, „this would mean that Western scholars would have less excuse to change the text as we have it now.“ Without diacritical marks, for example, a sentence such as, „I took with my whole hands,“ can also be interpreted as, „I took with my fingertips.“ The first known Islamic inscription, whose carver might have made his own mark while walking down a Syrian pilgrimage road, may solve yet another Arabic history mystery: When did noted Islamic leader Umar ibn al-Khattab die? According to tradition and other historical accounts, a Persian soldier assassin stabbed Umar in public as the caliph was leading prayers in a mosque. Zuhayr, who may have witnessed the violent crime, recorded that Umar died in „four and twenty,“ which means 644 A.D.First Islamic Inscription May Solve Qur'an Question