Bilderverbot im Islam? Oder: kein Tod in der Wohnung!

Kategorien: Hadith und Sunna

hinweisautorIch suche Zuflucht bei meinem Herrn vor dem verworfenen Teufel, Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen.

Viele der Leser fragen sich sicher auch, woher das sektiererische Bilderverbot im Islam des Mainstream herrührt. Die Antwort ist kurz: im Koran gibt es kein Verbot von Musik, kein Verbot von Malen und Zeichnen. Im Gegenteil, Kunst wird geschätzt und als etwas Schönes angesehen. Der Koran verurteilt die Menschen, die Bilder verbieten im Namen Gottes (5:87, 7:32). Gemäß Koran werden die Gläubigen Nutzen aus den schönen Dingen ziehen, die nicht von Gott verboten sind und für die sie Gott danken. Der traditionalistische Islam schaut immer nach Verboten und sucht überall nach Erschwernissen. Traditionalisten sind davon überzeugt, je schwieriger sie ihr Leben gestalten, um so einfacher werden sie es haben in den Himmel zu gelangen. Jedoch verbietet Gott alle Zusätze zu und alle Auslassungen aus Seinen Worten. Des Weiteren verachtet Gott, dass Schätzungen und Vermutungen angestellt werden, um Gottes Religion zu verstehen.

 

51:8-11 Gewiss, ihr seid doch verschiedener Ansichten. Der wird von der (Wahrheit) abwendig gemacht, wer sich abwenden lässt. Dem Tod geweiht seien die, die nur Schätzungen anstellen!

 

Für Menschen, die ihre Meinung auf Vermutungen aufbauen wie etwa den Ahadith, die wirklich nur pure Vermutungen sind, ist wohl der Niqab hier die einfachste Lösung. Einfach anziehen und Bilder zu sehen wird erschwert!

Es gibt ein äußerst breites Spektrum an „gelehrten“ Meinungen. Wo sollen wir anfangen? Youtube-Gelehrten? Blog-Gelehrten? Foren-Gelehrten? Radio-Gelehrten? Fernseh-Gelehrten? Zeitungs-Gelehrten? Saudischen Gelehrten? Deutschen Gelehrten? Türkischen Gelehrten? Persischen Gelehrten? Ägyptischen Gelehrten?… Oder folgt man lieber der Vernunft e.V? Nehmen wir beispielsweise An-Nawawi, so ist gleich alles haram! Wer sich von irgendwelchen Gelehrten abhängig macht, macht sich der Beigesellung schuldig (9:31). Nicht nur das, wer sich von Gelehrten abhängig macht, der schaltet für gewöhnlich seinen Verstand aus, mit der scheinbar logischen Begründung, dass der eigene Verstand nicht immer der gleiche sei wie der eines anderen. Lieber folge man doch dem Verstand der Gelehrten, die alles vorkauen und einen wie ein braves Schäfchen behandeln, solange man ihrer Meinung folgt!

 

10:59 Sprich: “Denkt über die Gaben nach, die Gott euch herab gesandt hat, und fragt euch, wie ihr darauf kommt, einiges für verboten und einiges für erlaubt zu erklären!” Sprich: “Hat Gott euch dazu ermächtigt, oder sind es die Lügen, die ihr Gott zuschreibt?”

 

Die Sache ist doch ganz einfach! Gibt es im Koran ein Bilderverbot? Nein. Zweimal werden Bilder (تماثيل – tamâthîl, was auch ganz allgemein als „Darstellungen“ einer Sache verstanden werden kann) erwähnt. Einmal die Bildnisse des Vaters von Abraham, offensichtlich negativ als Götzen gekennzeichnet (21:52). Es sei hier verdeutlicht, was im darauf folgenden Vers 21:53 verurteilt wird: blind den Vorvätern zu folgen. Und einmal werden in positivem Kontext die Bildnisse erwähnt, die Salomo anfertigen ließ (34:13). Was kann man daraus erkennen? Erstens: Bildnisse sind koranisch gesehen grundsätzlich erlaubt, dazu gehört jede Form von Bildnis – auch digitale Bildnisse, ob es nun Tiere oder Gesichter oder Pflanzen oder alles zusammen beinhaltet. Zweitens: Es ist lediglich falsch Bildnisse als Götzen anzubeten, was bereits durch das Konzept der Beigesellung (schirk) im Koran verboten wird.

 

34:13 Sie machten für ihn, was er wollte: Paläste, Bilder, Schüsseln wie Wasserbecken und feststehende Kesseln. Wirkt, Familie Davids, in Dankbarkeit. Und wenige von meinen Dienern sind die Dankbaren!

 

Die entsprechende Frage, die Vers 34:13 berücksichtigt und das Bilderverbot nichtig macht, ist folgende: Wieso sollte Salomo etwas für sich anfertigen lassen wollen, das vor Gott verpönt und verboten sei, wo er doch ein Prophet ist und somit der erste derer, die sich Gott ergeben?

Es gibt einige Menschen, die diese Frage verstehen, der dahinter liegenden Vernunft zustimmen, aber trotzdem dem Bilderverbot nachhängen, als ob sie blind und taub wären. Dies liegt daran, dass unter den Traditionalisten die Redewendung „an-naql ‚Ala al-‚Aql“ gilt, zu gut Deutsch also „die Überlieferung VOR dem Verstand“ (oder auch ‚über‘). Diese Verherrlichung der Tradition, obwohl Gott im Koran an überzähligen Stellen betont, dass wir uns des Verstandes bedienen sollen, wird dafür sorgen, dass sich der Gesandte am Jüngsten Tag beim Herrn beschweren wird, dass sein eigenes Volk den Koran verlassen hat (25:30). Denn wenn also ein Koranvers den gesunden Menschenverstand dazu verleitet, zu einer schlüssigen Folgerung zu gelangen, so wird diese von Traditionalisten dennoch verworfen, weil es angeblich Ahadith gäbe, die Gegenteiliges bewiesen hätten. Diese da wären:

 

A´ischa berichtete: „Ich kaufte einmal einen Stoff mit Bildern. Als der Prophet kam, blieb er an der Tür stehen und trat nicht ein. Ich sagte zu ihm: „Ich bin ja bereit, mich reumütig zu Allah zu bekennen, wenn du mir sagst, was ich für eine Sünde begangen habe!“ Er erwiderte: „Was ist das für ein Stoff?“ Ich sagte: „Damit du dich entweder darauf setzt oder ihn als Kopfkissen verwendest.“ Er sagte: „Wahrlich, diejenigen, die diese Bilder gemacht haben, werden am Tage der Auferstehung bestraft. Zu ihnen wird gesagt werden: „Macht das lebendig, was ihr geschaffen habt!“ Auch die Engel betreten keine Wohnung, in der sich ein Bild befindet.“ (Siehe Hadith Nr. 5954 f., 5959 f., 5963, 6130 und die Anmerkungen dazu)
[Sahih Al-Buchary Nr. 5957]

Salim berichtete von seinem Vater, dass dieser sagte: „Gabriel verabredete sich mit dem Propheten erschien jedoch nicht zu der Zeit, zu der er erwartet wurde. Diese Situation fiel dem Propheten sehr schwer und ließ ihn aus seiner Wohnung hinausgehen. Draußen sah er Gabriel und klagte ihm, was er Schweres empfunden hatte. Da sagte Gabriel zu ihm: „Wir (Engel) betreten keine Wohnung, in der sich ein Bild oder ein Hund befindet.“
[Sahih Al-Buchary Nr. 5960]

 

Diese Ahadith können nur von einem kranken Verstand akzeptiert werden, denn ein gesunder Menschenverstand würde sofort einsehen: wenn die Engel keine Wohnung betreten, in der sich ein Bild befindet, so betretet auch der Todesengel (erwähnt in 32:11) diese Wohnung nicht. Auf diese Weise würde ich einfach in meiner Wohnung ein Bild oder gleich mehrere Bilder in jedem Zimmer aufhängen lassen, um nicht zu sterben!

Es gibt noch durchaus weitere Quellen für das Bilderverbot (wie z.B. die strenge Antwort von Ibn Abbas dem Bildmacher gegenüber), doch man muss sich das nicht antun. Wie sehr die Traditionalisten ihre Vorfahren verherrlicht und idolisiert haben, ist daran zu sehen, dass eingewendet wird, dass diese Ahadith doch in Sahih Bukhary stünden! Selbst wenn man die Hadith-Wissenschaft ernst nähme, was aber rein koranisch nicht möglich ist, so sagt es noch lange nichts darüber aus, ob sie historisch gesehen wahrscheinlich (also tatsächlich „authentisch“) sind, sondern lediglich, dass die Hadithgelehrten (muHaddithuun) in den Kreisen um Ahmad ibn Hanbal, wozu auch Bukhary gehörte, sie aufgrund der Überliefererketten als „richtig“ (also sahih) betrachteten. Und es gibt etliches, was als „sahih“ überliefert ist und dennoch völlig unglaubwürdig ist und selbst von Hadithgelehrten komplett abgelehnt werden. Rudi Paret schrieb eine Reihe von Aufsätzen zum „islamischen“ Bilderverbot, und nach seiner Meinung sind all diese Ahadith nicht authentisch und unglaubwürdig. Und er ist nicht der einzige Gelehrte, der dieser Meinung folgt. Und ihn führe ich hier an, weil er ein Deutscher ist. Zahlreiche weitere Gelehrten aus anderen Ländern, ob vom Osten oder Westen, sind gleicher Meinung.

Sahih bedeutet eben nicht immer authentisch, oft ist gar das Gegenteil der Fall. Die Hadithwissenschaft (ʿilm al-hadith) ist ein Festland der Vermutungen. Viele muslimische Gelehrte haben Ahadith verworfen, missachtet, angezweifelt und als unglaubwürdig angesehen, obwohl diese in den Kreisen der „ahl al-hadith“ (Anhänger des Hadith) Anerkennung fanden. Selbst wenn diese bei den Anhängern des Hadith Anerkennung finden, diskutieren diese untereinander über die Wägbarkeit oder Unwägbarkeit, denn oft wird der ein und derselbe Überlieferer nicht selten von den einen als „vertrauenswürdig“, von anderen aber als „Lügner“ bezeichnet. Deshalb können sie als islamische Religionsquelle nicht dienen.

Ahadith dienen lediglich der Geschichtsschreibung über die muslimische Frühzeit. Und auch dann sind sie grundsätzlich eine stets neu zu hinterfragenden Quelle für das Wissen, und nur sehr bedingt als sichere Quelle zu gebrauchen. Das sollte eigentlich jeder wissen, der Grundkenntnisse über das Phänomen Hadith an und für sich hat. Noch zweifelhafter wird es, wenn es darum geht, diese Ahadith in den Mund des Propheten zu legen, obwohl er diese Worte nie ausgesprochen hat.

Ahadith sind eine Quelle des Zweifels.