Ich habe den Artikel von Bruder Amin Waltter über Homosexualität und Islam mit grossem Interesse gelesen, und zwar drei Mal, weil ich mich mit seinen Argumenten gründlich auseinandersetzen wollte, um ja nichts falsch zu verstehen, weil Deutsch nicht meine Muttersprache ist.
Meine Frau und ich hatten bisher das Verständnis, dass der Islam das Ausleben der Homosexualität ablehne. Aber weil der Artikel aus der Schreibfeder eines Bruders kommt, der an den Qur’an allein glaubt und ich davon ausgegangen bin, dass seine Argumente ihm als alleinige Basis dienen, habe ich mir gesagt, ich bin gerne bereit, mich belehren zu lassen, wenn es um die Wahrheit geht und die Beweise kohärent und stimmig sind. Vor allem, wenn die Begründungen auf dem Qur’an fussen. Allahs Wort hat immer Vorrang.
Als Muslime sollten wir alle an Sein Wort glauben und es in unserem Leben im Rahmen unserer Möglichkeiten umsetzen. Auch was die arabische Sprache angeht, ist es durchaus möglich, dass ich als Araber von einem Deutschen mehr Arabisch lernen kann in Zusammenhang mit dem Qur’an, denn ich kenne Nicht-Araber, die besser Arabisch beherrschen als manche Araber und als Konvertiten ohne den Ballast der Traditionen und Gelehrtenmeinungen an dieses Buch herangehen.
Daraufhin habe ich meiner Frau gesagt: “Ich werde den Artikel dieses Bruders genau lesen, unabhängig von persönlichen Präferenzen. Wenn der Inhalt mich mit treffenden Versen überzeugen mag, dass die gelebte Homosexualität aufgrund qur’anischer Beweise als von Gott erlaubt anzusehen ist, dann werde ich meine Meinung umgehend ändern, egal, ob der Rest der Muslime das anders sieht. Wenn nicht, dann spielt es für mich keine Rolle, ob eine Minderheit der Muslime und der Rest der Welt es anders sehen. Für mich gilt schlussendlich nur Allahs alleiniges Urteil.
Dafür bitte ich Allah um Rechtleitung und Hilfe. Zu Ihm kehren wir zurück und am jüngsten Tag werden wir vor Ihm stehen und über unseren Glauben und unsere Taten
Rechenschaft ablegen:
Und fürchtet den Tag, an dem ihr zu Allah zurückgebracht werdet. Dann wird jeder Seele das zurückerstattet, was sie erworben hat, und ihnen wird kein Unrecht geschehen. [Qur’an 2:281]
Meiner Meinung nach gab es einige Fehler in den sprachlichen Erläuterungen des Autors und es fehlen Verse, die in seinem Artikel nicht untersucht wurden, die aber klar aufzeigen, dass die gleichgeschlechtliche Partnerschaft nicht im Qur’an vorgesehen ist.
Mein Ziel ist es keineswegs, Bruder Amin zu diskreditieren. Denn als Brüder im Islam sollten wir uns stets auf dem Weg Allahs gegenseitig ermahnen und einander wohlwollend helfen. Wir alle sollten im Dialog aufrichtig bestrebt sein herauszufinden, was richtig und was falsch ist; nicht mit Überheblichkeit, sondern mit überzeugenden, stichhaltigen Beweisen aus dem Qur’an. Eine brüderliche Verständigung basiert auf Allahs Buch, von dem sich die Gläubigen rechtleiten lassen sollen, um die Barmherzigkeit unseres Herrn zu erlangen.
In diesem Zusammenhang sagt Allah:
Und die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen sind einer des anderen Freund: Sie gebieten das Gute und verbieten das Böse und verrichten das Gebet und entrichten die Zakah und gehorchen Allah und Seinem Gesandten. Sie sind es, derer Allah Sich erbarmen wird. Wahrlich, Allah ist Erhaben, Allweise. [Qur’an 9:71]
Das Ziel meiner nachfolgenden Erklärungen ist es, den geschätzten Geschwistern im Islam zu zeigen, wie wir im Geiste des Qur’ans handeln und den Sinn der Verse verstehen können.
Trotz aller gut gemeinten Anstrengungen meinerseits, beanspruche ich jedoch keine Deutungshoheit des Qur’ans. Wenn es mir gelingt, einige Leser zu überzeugen, dann ist alles dank Allah, Der mir half die Dinge zu überbringen, wie sie sein sollten. Wenn ich mich, hingegen geirrt habe, bitte ich Ihn um Verzeihung und Seine allgegenwärtige Rechtleitung und dass Er jemand anders mich korrigieren lässt.
Ich bitte daher alle Leser, meine Ausführungen nicht blind zu übernehmen, sondern sie mit dem Qur’an auf Richtigkeit und Stimmigkeit zu überprüfen. Nur so kann man sich von der vorgelegten Beweisführung überzeugen lassen und auf solidem Boden stehen.
Gleich zu Beginn muss ich Bruder Amin widersprechen. Die Absolution für die gelebte Homosexualität, die im Grunde gut gemeint ist und tolerant und objektiv tönt, entbehrt der qur’anischen Grundlage. Dafür zitiere ich zwei Verse, die in Bruder Amins Artikel fehlen:
Zu den homosexuellen Frauen
Und diejenigen von euren Frauen, die das Abscheuliche begehen, – bringt vier Zeugen von euch gegen sie. Wenn sie (es) bezeugen, dann haltet sie im Haus fest, bis der Tod sie abberuft oder Allah ihnen einen Ausweg schafft. [Qur’an 4:15]
Zu den homosexuellen Männern
Und wenn zwei von euch (Männern) es begehen, dann fügt ihnen Übel zu. Wenn sie (aber) umkehren und sich bessern, dann lasset ab von ihnen; denn Allah ist Gnädig und Barmherzig. [Qur’an 4:16]
In diesen Versen wird das Ausleben der Homosexualität als abscheuliche Praxis bezeichnet. Allah verliert diesbezüglich keine grossen Erklärungen, sondern geht direkt auf die vorgesehene Strafe ein, wenn gleichgeschlechtliche Menschen in der Öffentlichkeit miteinander verkehren.
Diese vom Qur’an als Abscheulichkeit verurteilte Tat lässt die Idee nach einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft oder Ehe erst gar nicht entstehen. Schon die ausgelebte Homosexualität wird verurteilt, einerseits mit der Warnung, dieser Neigung freien Lauf zu lassen, andererseits mit den drakonischen Strafen, die Allah in den oben erwähnten Versen ausgesprochen hat, wenn diese Neigung in einem Akt des Geschlechtsverkehrs mündet.
Schon die Idee, dass Allah die ausgelebte Homosexualität verabscheut, müsste Grund genug für Muslime sein, die diese Neigung haben, diesen Weg nicht weiterzuverfolgen. Sie sollten sich davon mit aller Kraft enthalten und Allah um Hilfe bitten, diese Kraft dafür aufzubringen, denn wir alle werden am jüngsten Tag vor Ihm stehen und Rechenschaft ablegen.
Beide Verse werfen zudem wichtige Fragen auf:
• Weshalb hat Allah für homosexuelle Frauen 4 Zeugen verlangt, nicht aber für homosexuelle Männer?
• Weshalb hat Allah eine psychische Strafe für Lesben vorgesehen, die ihre Neigung offen ausleben?
• Weshalb hat Allah eine physische Strafe für Schwule vorgesehen, die ihre Neigung ausleben?
• Welche besondere Bedeutung kommt der Bezeichnung „Al fahischah“ im Vers 4:15 zu?
Es wird einige erstaunen, welche Gemeinsamkeiten die Erkenntnisse aus den Antworten dieser Fragen mit der Geschichte Lots und seinem sündigen Volk haben. Wegen des grossen Umfangs verschiebe ich jedoch die Antworten darauf ins zweite Kapitel.
Eigentlich wäre ich mit den 2 oben genannten Versen mit meiner Abhandlung bereits fertig. Denn es gibt nichts Besseres als das Wort Allahs. Sein Urteil ist klar und eindeutig.
Trotzdem möchte ich auf den gesamten Text von Bruder Amin eingehen, um es den Lesern zu ermöglichen, sich ihre eigene Meinung zu bilden, indem ich die mit Arabischkenntnissen unterlegten Argumente mit qur’anischen Beweisen unter die Lupe nehme.
Ich möchte nicht, dass die Leser sich in falscher Sicherheit wiegen, dass homosexuelle Ehen und Partnerschaften erlaubt seien.
In seinem Artikel bediente sich Bruder Amin zweier Hauptargumente, um die Akzeptanz der Homosexualität im Islam zu begründen. Diese sind:
- Der Faktencheck bestimmter Worte im Qur’an, die auf gleichgeschlechtlichen Partnerschaften von Mann und Frau hinweisen sollten, allen voran vom Vers 30:21
- Die Untersuchung der Geschichte von Lot, welche gemäss Autor gar nichts mit Homosexualität zu tun habe
Meine Replik geht auf diese zwei Hauptthemen ein. Ich werde meine Darlegungen entsprechend in 2 Artikel aufteilen.
1.Teil: Das Argument, wonach die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Vers 30:21 belegt sei
Ich möchte zuallererst auf zwei grundsätzliche Schwächen im Artikel hinweisen:
• Die versprochene, aber nicht eingehaltene ausschliessliche Stützung auf den Qur’an allein
• die Problematik des klassischen Arabisch
Der Qur’an als alleinige Quelle des Islams
Es ist ein klarer Widerspruch, eingangs zu sagen, sich nur am Qur’an zu orientieren und dann von authentischen Quellen in Mehrzahl zu sprechen. Hier zur Verdeutlichung:
„Das Tabu wird auf den Islam zurückgeführt. Ob seine authentischen Quellen tatsächlich hierfür herangezogen werden können,…“
Weiter steht: „Diese Arbeit soll nicht mehr als ein Versuch sein, diese Textstellen und die Gültigkeit der aus ihnen abgeleiteten Schlussfolgerungen zu überprüfen. Gleichzeitig sollen auf den folgenden Seiten auf der Grundlage des Qur’ans, dessen Wortlaut allein die Basis für eine islamische Antwort sein kann, der Rahmen der Untersuchung und die Möglichkeiten für homosexuelle Partnerschaften untersucht werden“
Wie viele authentische Quellen hat der Islam für jemand, der nur an den Qur’an glaubt? Ein paar Worte später steht, es solle auf der Basis des Qur’ans allein untersucht werden?!
Dass der Qur’an allein die Grundlage eines jeden Muslimlebens sein sollte, ist uns allen klar, aber nicht Gegenstand der jetzigen Diskussion. Bruder Amin hat mit sehr schönen Versen in seinem Beitrag den Nachweis geliefert und diese Tatsache genug bekräftigt.
Die Problematik der Vermischung zwischen Qur’an-Arabisch und klassischem Arabisch – Vers 30:21 als Paradebeispiel
Im Artikel steht als erster und hauptsächlichster Beweis über die vermeintliche Legitimität von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften der folgende, von Bruder Amin mit Einschüben erklärte Vers:
Unter Seinen Zeichen ist dies, dass Er (männliche bzw. weibliche) Partner für euch (Männer und Frauen) aus euch selber schuf, auf daß ihr (Männer und Frauen) Frieden bei ihnen findet; und Er hat Liebe und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt. Hierin sind wahrlich Zeichen für ein Volk, das nachdenkt. [Qur’an 30:21]
Die Worte männliche bzw. weibliche, welche jeweils in runden Klammern stehen, sind nicht im Originaltext des Qur’ans zu finden, sondern wurden erklärend hineingesetzt gemäss Bruder Amins Verständnis. Ich stimme Bruder Amin zu, dass sowohl Männer wie Frauen im Vers angesprochen werden.
Aber der Behauptung, dass in diesem Vers „azwadsch“ (أَزْواج)= Partner auch im Sinne von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu verstehen sei, muss ich widersprechen, und zwar, weil es unzählige Verse gibt, die dieser erweiterten Auslegung des Wortes azwadsch klar widersprechen und auch andere, welche Szenarien von ausschliesslich heterosexuellen Beziehungen beschreiben. Verse über gleichgeschlechtliche Partnerschaften gibt es nirgendwo.
Was wir primär beachten müssen bei der Interpretation von gewissen Worten ist, dass das Qur’an-Arabisch nicht immer mit dem klassischen Arabisch übereinstimmt. Der Qur’an hat seine eigene Art von Formulierungen, die der in der klassischen Sprache üblichen Ausdrucksweise nicht immer entsprechen. Folglich müssen die einfachen Regeln und Möglichkeiten der klassischen, arabischen Sprache ausser Acht gelassen werden, wenn sie mit dem Qur’an-Arabisch nicht zusammenpassen. Die Sprache des Qur’ans existierte, bevor die Araber überhaupt die Grammatik entwickelt und deren Standardisierung instituiert haben. Die ersten renommierten Grammatikgelehrten sind überhaupt erst mindestens 100 Jahre, nachdem der Qur’an offenbart wurde, geboren worden, z.B. Abul Aswad Addu’ali (gest. 80 Hj.), Al Khalil Al-Farahidi (gest. 170 Hj.) und der berühmte Sibawayh (gest. 180 Hj.)
Das ist der Grund, weshalb das klassische Arabisch nicht immer als Referenz dienen kann.
Dies wird im Laufe dieser Replik ersichtlich.
Wortanalyse von Azwadsch und Partner und ihre Vorkommnisse im Qur’an
Das Wort azwadsch – أَزْواج
Bruder Amin hat beide Worte als gleichwertig betrachtet. Und obwohl er weitere mögliche Bedeutungen erwähnt hat, wie Gatten bzw. Gattinnen, Paar bzw. Teil eines Paares, hat er das Wort Partner als den treffendsten Ausdruck für azwadsch vorgezogen.
Die Frage ist nun: Darf man das Wort azwadsch im Qur’an wirklich eins zu eins als Partner verstehen?
Dass das Wort „azwadsch“ für beide, Männer und Frauen, gilt und im Arabisch geschlechtsneutral ist, ist unbestritten.
Aber wie ist diese Geschlechterneutralität zu verstehen, wenn wir einen Vers haben wie 30:21? Sagt Allah wirklich nichts zum spezifischen Geschlecht der angesprochenen Personen?
Im Artikel wird die weibliche Form „zawdscha“ zitiert. Als Erstes ist hier anzumerken, dass diese nur im klassischen Arabisch vorkommt, aber nicht im Qur’an. Das ist ein klares Beispiel von der meist unglücklichen Vermischung zwischen den beiden Spracharten.
Die Wortwurzel „z/w/dsch“, woraus sich zawdsch zusammensetzt, findet sich im Qur’an 81x, und zwar in allen möglichen grammatikalischen und sprachlichen Konstellationen.
Im klassischen Arabisch hingegen existieren beide Formen sowohl im Singular wie auch im Plural: zawdsch (Sg., männlich), azwadsch (Pl. m.), zawdscha (Sg., weiblich), zawdschaat (Pl., w.).
Jetzt wird uns langsam klar, weshalb es unerlässlich ist, zwischen Qur’an-Arabisch und klassischem Arabisch zu differenzieren. Diese Herangehensweise hilft enorm, die Eigenheit der Verse zu berücksichtigen und sie in ihrem jeweiligen Kontext zu verstehen.
Im Qur’an gibt es grundsätzlich keine Synonyme. Jedes Wort hat darin seine eigenständige Bedeutung, denn Allah braucht keine Floskeln oder Füllwörter und muss sich nicht an unsere sprachlichen Regeln halten. Letzteres müssen wir wirklich beachten, weil es uns vieles beim Verständnis des Qur’an erleichtern würde.
Es gibt aber auch Worte einer gemeinsamen Wortfamilie, die je nach Kontext etwas anderes bedeuten. Sie heissen auf Arabisch „Al mushtarak allafdi = اَلْمُشْتَرَكُ الْلَّفْظِيُّ“ oder im Englischen „umbrella term“. Beispiele davon sind wie das Wort „daraba“ (fälschlicherweise nur als schlagen verstanden) oder As-Salat (fälschlicherweise nur als rituelles Gebet verstanden).
Die Worte azwadsch und Partner bedeuten nicht das Gleiche im Qur’an. Sie haben aber eine Schnittmenge im Sinne einer Verbindung zur Durchführung eines gemeinsamen Projektes. Azwadsch hat aber mehr zu bieten als nur eine partnerschaftliche Verbindung.
Auch sozial-gesellschaftlich kann niemand behaupten, dass das Wort Partner vor 50 Jahren im Sinne von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften verwendet wurde. Früher wurde der Ausdruck Partner mehrheitlich für geschäftliche Beziehungen benutzt. Genauso wurde mit dem Wort Paar eine männlich-weibliche Beziehung bezeichnet.
Meiner Überzeugung nach kann das Wort azwadsch nicht 1:1 als Partner verstanden werden und schon gar nicht als gleichgeschlechtlicher Partner, aus mehreren Gründen, unter anderem, weil wir bei der Wortanalyse auch viele andere Verse miteinbeziehen müssen, die dasselbe Wort enthalten, um uns dem eigentlichen Sinn anzunähern.
Bevor ich den zentralen Vers 30:21 in der Schlussfolgerung von Bruder Amin bespreche, möchte ich zwei dringende Fragen stellen:
• Hat Allah tatsächlich keine Merkmale in Bezug auf ein spezifisches Geschlecht erwähnt, wenn es um die Ehe bzw. Partnerschaft für Heterosexuelle wie auch implizit für Homosexuelle erlaubt?
• Wie können wir sicherstellen, was mit azwadsch tatsächlich gemeint ist im Hinblick auf partnerschaftliche Beziehungen, ob sie gleichgeschlechtlich sind oder nicht?
Der Autor sieht im Vers 30:21 drei Beziehungsmöglichkeiten:
- Eine Mann-Frau Beziehung
- Eine Mann-Mann und somit eine schwule Beziehung
- Eine Frau-Frau und somit eine lesbische Beziehung
Er meint, mit azwadsch seien alle möglichen Beziehungsarten gemeint. Ferner denkt er, dass Allah es nicht für nötig hält, alle 3 Beziehungen explizit zu nennen. Doch ich finde, wir sollten uns an folgenden Vers erinnern:
Und Wir haben dir das Buch zur Erklärung aller Dinge herniedergesandt, und als Führung und Barmherzigkeit und frohe Botschaft für die Gottergebenen. [Qur’an 16:89]
Ich werde in meiner Analyse das sogenannte Ausschlussverfahren verwenden, um die im Vers nichtzutreffenden Verbindungen zu streichen.
Hier nochmals der Vers:
Unter Seinen Zeichen ist dies, dass Er (männliche bzw. weibliche) Partner für euch (Männer und Frauen) aus euch selber schuf, auf daß ihr (Männer und Frauen) Frieden bei ihnen findet; und Er hat Liebe und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt. Hierin sind wahrlich Zeichen für ein Volk, das nachdenkt. [Qur’an 30:21]
Im Vers haben wir zusätzlich zur Beschreibung des Friedens, welche die Paare beieinander finden, auch zwei weitere positive Eigenschaften, die ihre Gefühle füreinander prägen sollen, sprich die wohlwollende Beziehung, also die Liebe und die Barmherzigkeit. In diesem Satz wird zur Bezeichnung dieser gegenseitigen Empfindungen das Bindewort baynakum (zwischen euch) benutzt. Dieses Wort wird, genau wie bei bei azwadsch, im männlichen Plural ausgedrückt. Wenn Allah aber auch eine lesbische Beziehung für legal erklärt hätte, hätte Er zusätzlich das Bindewort baynakunna für nur das weibliche Geschlecht eingesetzt. Das hat Er nicht gemacht. Deshalb kann bei dieser Wortkonstellation keine lesbische Beziehung damit gemeint sein. Dies schliesst die Möglichkeit einer Frau-Frau Beziehung aus.
Das heisst, dass wir daraus nicht mehr als 2 Beziehungsmöglichkeiten haben werden. Diese sind:
- Der Fall der Beziehung zwischen Mann und Frau – aufgrund des im Arabisch vorherrschenden grammatikalischen Maskulin, bei dem auch Frauen immer mitgemeint sind.
- Der Fall der Beziehung zwischen Mann und Mann – weil das Wort schon im Maskulinum Plural ist und in diesem Fall nur Männer betreffen würde.
Das wäre aber für die Frauen diskriminierend, und wir wissen, dass Allah nicht ungerecht ist. Folglich müssen wir auch die Mann-Mann Beziehung aus der Interpretation ausschliessen und es bleibt nur die Mann-Frau Beziehung.
Zur Vertiefung betrachten wir ein paar Beispiele von azwadsch. Dieser Begriff kommt 81 Mal vor.
Beispiel 1) – Wenn mit azwadsch die Frauen gemeint sind, und zwar aus der Perspektive der Männer
Und wenn diejenigen von euch, die abberufen werden, Gattinnen (azwaschahum) zurücklassen, so sollen diese (Witwen) vier Monate und zehn Tage abwarten. Und wenn sie dann ihren Termin erreicht haben, so ist es kein Vergehen für euch, wenn sie in gütiger Weise über sich selbst verfügen. Und Allah ist wohl vertraut mit dem, was ihr tut. [Qur’an 2:234]
Hier wird dasselbe Wort azwadsch verwendet wie beim Vers 30:21 und auf Deutsch mit Gattinnen übersetzt – mit gutem Grund, weil nur Frauen schwanger werden und nur sie eine Periode bekommen. Hier befiehlt Allah, diese Wartefrist zu beachten, um festzustellen, ob eine Witwe schwanger ist oder nicht, bevor sie eine neue Ehe eingehen darf. Das heisst, wir haben im Kontext innerhalb dieses Verses verstanden, dass mit azwadsch hier tatsächlich Gattinnen gemeint sind. Deshalb kann in diesem Vers keine gleichgeschlechtliche Partnerschaft gemeint sein, wenn azwadsch drinsteht. Allah lehrt uns auf diese Art und Weise, die richtige Bedeutung eines Wortes im gegebenen Zusammenhang zu erfassen, wenn wir es in anderen Versen nicht ganz oder gar nicht verstehen.
Wer davon nicht überzeugt ist, kann gerne die Verse von 2:234 bis 237 lesen; auch dort treffen wir auf denselben Sachverhalt.
Beispiel 2) Wenn mit azwadsch die Männer gemeint sind, und zwar aus der Perspektive der Frauen
Und sie sagen: „Was im Schoße von diesen Tieren ist, das ist ausschließlich unseren Männern vorbehalten und unseren Frauen (azwadschina) verboten“: wird es aber tot (geboren), dann haben sie (alle) Anteil (schuraka‘a) daran. Er wird ihnen den Lohn für ihre Behauptung geben. Wahrlich, Er ist Allweise, Allwissend. [Qur’an 6:139]
Hier wird die Dominanz der Männer über Frauen bzw. das Patriarchat thematisiert und ein Beispiel gegeben, wie die damalige männliche Gesellschaft der Muschrikin mit ihren Frauen umgegangen ist. Der Vers erzählt, was den Frauen zu essen erlaubt war, und was nicht. Nur Männer hatten das exklusive Recht, ungeborene Tiere des geschlachteten Muttertieres zu verzehren. Wenn das Ungeborene aber tot war, durften die Frauen auch mitessen. Eine Ungerechtigkeit, die Allah zu Recht anprangert. Hier wird das Wort azwadsch für Frauen verwendet und von «dhukurina», also «unsere männlichen Individuen» genau unterschieden. Im Kontext dieses Verses sind mit azwadschina nur Frauen gemeint.
In diesem Vers kommt aber auch das Wort «schuraka’a» (Pl. von scharyk) vor, also Teilhaber und genau dieses Wort ist die Definition von Partner im Qur’an!
Ich werde dies später mit anderen Versen noch genauer erläutern.
Die werten Leser werden es hoffentlich gut verstehen, dass ich nicht alle 81 Verse untersuchen werde, um den Beweis von Geschlechtsspezifizität im jeweiligen Vers weiter zu erklären. Wer will, kann dies gerne selbst tun und sich überzeugen lassen.
Aber weshalb ist der Begriff azwadsch überhaupt geschlechtsneutral?
Das ist eigentlich der Schlüssel um herauszufinden, ob eine Partnerschaft bzw. Ehe im Islam gleichgeschlechtlich sein darf oder nicht, speziell für nicht Arabischsprechende.
Im Qur’an-Arabisch wird das Wort zawdsch als generisches Maskulin für beide Geschlechter verwendet wird, aber nur im Qu’ran Arabisch. Denn im Qur’an, wenn ein Geschlecht im selben Kontext erwähnt ist, kann nur sein Gegenstück im geschlechtlichen Sinne gemeint sein. Also wenn ein Mann/Männer und zawdsch/azwadsch im selben Vers erwähnt wird/werden, kann zawdsch/azwadsch , wenn es zusätzlich erwähnt wird, nur Frau/Frauen bedeuten. Umgekehrt selbstverständlich auch. Aber nie das Gleichgeschlechtliche, weil sich im Qur’an schlicht einfach nirgendwo diese Beziehungskonstellation bzw. Definition finden lässt. Hätte es Letztere als legitimierte Beziehung gegeben, hätte Allah sie ausdrücklich erwähnt, um jegliche Unklarheiten darüber aufzuheben. Denn der Qur’an erklärt alles, was wir für unsere Lebensweise im Hinblick auf unseren Glauben und dessen Praxis brauchen.
Ansonsten hätte der Vers, dass der Qur‘an zur Erklärung aller Dinge herabgesandt wurde keinen Sinn gemacht.
Die generische Nennung mit azwadsch ist deshalb zutreffend für Mann und Frau, weil es nur 2 natürliche Geschlechter gibt und deren Verbindung so von Allah gewollt ist. Mann und Frau ergänzen sich, die eine Hälfte eines Paares ist die komplementäre Seite der anderen Hälfte, weil sie geschlechtlich zueinander passen und ihre Genitalien sowohl für den Geschlechtsverkehr als auch für die Fortpflanzung geeignet sind. Daraus können wir folgern, dass es unmöglich sein kann, dass mit „azwadsch“ auch das Gleichgeschlechtliche gemeint ist.
Aber wie kann ich mit dieser Behauptung so sicher sein?
Den eindeutigen Beweis zur richtigen Definition des Worts zawdsch bzw. azwadsch liefert uns Allah in diesen Versen:
und daß Er die Paare (a’zzawdschayni) (als) männliche und weibliche (Wesen) erschaffen hat [Qur’an 53:45]
Hier definiert Allah ganz genau, was Er mit dem geschlechtsneutralen Wort „zawdsch“ meint und Er setzt es demonstrativ in der Dualform „azzawdschaini“, um die von Ihm erlaubte eheliche Verbindung zu zeigen. Die Übersetzung liegt hier auch richtig mit dem Ausdruck „Paare“. Weiter sagt Allah, dass die Paare, männliche und weibliche Wesen sind. Also, dass sie zueinander geschlechtlich passen, weil sie unterschiedlich oder im geschlechts-spezifischen Sinne kompatibel sind.
Er sagt auch:
Alsdann schuf Er aus ihm ein Paar, das männliche und weibliche (Wesen). [Qur’an 75:39]
Nirgendwo im Qur‘an finden wir eine gleichgeschlechtliche Definition wie z. B.:
Alsdann schuf Er aus ihm ein Paar, das männliche und männliche (Wesen)
oder
Alsdann schuf Er aus ihm ein Paar, das weibliche und weibliche (Wesen) Auch die folgenden beiden Verse zusammen zeigen uns eindeutig, was mit dem Wort „zawdsch“ gemeint ist:
Allah gehört die Herrschaft der Himmel und der Erde. Er erschafft, was Er will. Er schenkt, wem Er will, (nur) weibliche, und Er schenkt, wem Er will, (nur) männliche (Nachkommen).
Oder beides zusammen (yuzawidschuhum), männliche und weibliche (Nachkommen). Und Er macht, wen Er will, unfruchtbar. Gewiß, Er ist Allwissend und Allmächtig. [Qur’an 42:49-50]
Allah schenkt heterosexuellen Paaren männliche, weibliche oder gar keine Kinder. Was aber hier heraussticht, ist die Verwendung des Worts „zawdsch“ als Verb. Allah sagt darin „au yuzawidschuhum dukranan wa inathan“ was „oder schenkt beides zusammen, männliche und weibliche Wesen“ bedeutet.
Das heisst wiederum, dass das Infinitivverb „zawwadscha“ das paarweise Hervorbringen bedeutet, wie selbsterklärend im Vers steht. Demgegenüber finden wir im Qur‘an nirgendwo und in keinem anderen Zusammenhang, dass es ein „yuzawidschuhum“ (=paarweise macht) gibt, nämlich die Paarmachung aus männlich/männlich und aus weiblich/weiblich.
Demzufolge bedeutet ein Paar oder paarweise machen gemäss obiger Definition in den vier Versen [Qur’an 53:45], [Qur’an 75:39] und [Qur’an 42:49-50], also nur Mann und Frau, und nichts anderes.
Dies schliesst anders gestaltete Partnerschaften aus.
Diese Tatsache bekräftigt zudem dieser Vers, der ähnlich wie 30:21 klingt:
Er ist es, Der euch aus einer einzigen Seele (Nafs) erschuf; und aus ihr machte Er ihren Gatten (zawdschaha), damit er bei ihr (ilay-ha) Ruhe finde (li yaskuna= männliche Form). Als er ihr dann beigewohnt hatte, war sie mit einer leichten Last schwanger und ging mit ihr umher. Und wenn sie schwer wird, dann beten beide zu Allah, ihrem Herrn: „Wenn Du uns ein gutes (Kind) gibst, so werden wir wahrlich unter den Dankbaren sein.“ [Qur’an 7:189]
Der Unterschied zwischen dem Vers 30:21, der dem Autor als Grundlage seiner Ausführungen diente und dem obigen Vers 7:189, ist folgender:
In 30:21 wird ein sich wiederholendes Ereignis behandelt, das wir tagtäglich erleben, nämlich die Erschaffung von Paaren, der männlichen und weiblichen Wesen von Allah. Darin werden Paare, also „azwadsch“ in der Pluralform erwähnt. Hingegen im obigen Vers 7:189 wird im ersten Teil der Ursprung erwähnt, von dem die ganze Menschheit abstammt. Hier wird das Singular der männlichen Form erwähnt, sprich „zawdschaha“. Aber das Fettgedruckte „ha“, heisst „zu ihr (Nafs) gehörend“ und bezieht sich auf das 1. Geschöpf Allahs, welches ein weibliches Wesen war. Im zweiten Teil des Verses erklärt Allah weiter, was aus dieser Verbindung des Paares entsteht, nämlich ein Kind.
Dass azwadsch keine Paare im homosexuellen Verhältnis umfassen, zeigt Allah auch mit diesem Vers:
Und Allah gab euch Gattinnen aus euch selbst, und aus euren Gattinnen machte Er euch Söhne und Enkelkinder, und Er hat euch mit Gutem versorgt. Wollen sie da an Nichtiges glauben und Allahs Huld verleugnen? [Qur’an 16:72]
Im Arabisch steht azwadschan für Gattinnen, genau wie bei 30:21. Denn nur aus einem Mann und einer Frau können Söhne und Enkelkinder entstehen.
Allah sagt, wie bei anderen Versen auch, dies:
Der Schöpfer der Himmel und der Erde – Er hat aus euch selbst Paare für euch gemacht und Paare aus den Tieren. Dadurch vermehrt Er euch. Es gibt nichts Seinesgleichen; und Er ist der Allhörende, der Allsehende. [Qur’an 42:11]
Nur Menschen und Tiere, welche aus heterosexuellen Paaren kommen, können sich vermehren. Wenn hier auch gleichgeschlechtliche Paare gemeint wären, wäre es unpassend zu sagen, dass sie sich miteinander vermehren. Auch die Geschichte Noahs und die Rettung von Paaren bei Menschen und Tieren gibt uns Aufschluss darüber, in welchem Sinn das Wort Paar gemeint war
So ging es,) bis nun Unser Befehl kam und der Ofen brodelte; Wir sagten: „Lade darin von jeder (Art) zwei, ein Paar, und deine Angehörigen außer demjenigen, gegen den das Wort vorher ergangen ist, und diejenigen, die glauben!“ Mit ihm glaubten aber nur wenige. [Qur’an 11:40]
Warum wohl Paare? Offensichtlich war der Sinn, dass aus den Tierpaaren wieder Nachkommen hervorgehen, und das geht natürlich nur bei heterosexuellen Tierpaaren. Auch hier sieht man deutlich, dass die Definition von Bruder Amin unvereinbar ist mit dem eigentlichen Sinn, also der Bestimmung, die Allah dem Wort im Qur’an gab. Diese Bestimmung nennt man „Ihkamu-Nnass = إِحْكامُ النَّصِّ“, also die weise Festlegung des Schrifttextes, sodass er stabil, unveränderbar in seinem Kontext ist, und uns so das Verstehen möglich ist, was im Arabischen „ihkamu-l-fahm = إِحْكامُ الْفَهْمِ“ heisst. Diese Tatsache beschreibt Allah uns so:
Alif-Lām-Rā. (Dies ist) ein Buch, dessen Zeichen eindeutig festgefügt und hierauf ausführlich dargelegt sind von Seiten eines Allweisen und Allkundigen. [Qur’an 11:1]
Auch folgender Vers widerspricht der Auffassung des Autors, mit zawdsch seien auch homosexuelle Paare gemeint:
Und Er ist es, Der die Erde ausdehnte und feststehende Berge und Flüsse in ihr gründete. Und Er schuf auf ihr Früchte aller Art, ein Paar von jeder (Art) Er läßt die Nacht den Tag bedecken. Wahrlich, hierin liegen Zeichen für ein nachdenkendes Volk. [Qur’an 13:3]
Hier wird dasselbe Wort zawdsch mit der Dualdeklination azzawdschayni wieder verwendet.
Dies sind nur ein paar Verse von vielen. Wenn wir sie alle betrachten, sehen wir, dass Allah den Begriff immer nur für heterosexuelle Beziehungen verwendet.
Hingegen finden wir klare Worte bezüglich ausserehelichen sexuellen Beziehungen.
Und wenn sie eine Abscheulichkeit (fahischa) begehen, sagen sie: „Wir fanden unsere Väter dabei, und Allah hat sie uns befohlen.“ Sprich: „Wahrlich, Allah befiehlt keine Schandtaten. (fawahisch=Mehrzahl sämtlicher Abscheulichkeiten) Wollt ihr denn von Allah reden, was ihr nicht wisset?“[Qur’an 7:28]
Der Begriff al fahischa kommt im zu Beginn zitierten Vers 4:15 vor:
… Und wenn einige eurer Frauen eine Hurerei (al fahischa) begehen…
Dort wird er eindeutig der Homosexualität zugeordnet.
Damit möchte ich die Behauptung von Bruder Amin widerlegen, dass man Homosexualität als (Zitat): … von Allah so gewollte sexuelle Disposition dankbar akzeptieren soll.
Betrachten wir nun das Wort Partner (Scharyk – شَرِيك)
Dieses Wort bildet sich aus dem Wortstamm schīn/rā/kāf und kommt 168x im Qur’an vor.
Schauen wir ein paar Beispiele an.
Beispiel 1
Wahrlich, Allah wird es nicht vergeben, daß Ihm Götter zur Seite gestellt werden; doch Er vergibt das, was geringer ist als dies, wem Er will. Und wer Allah Götter zur Seite stellt, der hat wahrhaftig eine gewaltige Sünde begangen. [Qur’an 4:48]
Götter ist keine treffende Übersetzung für „yuschraka“ bzw. „yuschrik“, richtiger wäre Partner, obwohl Götter in diesem Beispiel als Partner von Allah beigesellt werden.
In der englischen Übersetzung wird das Wort „yuschraka“ bzw. „yuschrik“ korrekt als „partners be associated“ bzw. „(anyone who) associates partners“ übersetzt.
Hier kann niemand von einer Partnerschaft im Sinne von Ehe sprechen. Es geht hier lediglich um die Unmöglichkeit von Beteiligung anderer an der Macht und Autorität Allahs.
Beispiel 2
Sprich: „Allah weiß am besten wie lange sie verweilten.“ Ihm gehört das Verborgene der Himmel und der Erde. Wie sehend ist Er! Und wie hörend! Sie haben keinen Helfer außer Ihm, und Er teilt Seine Befehlsgewalt mit keinem. [Qur’an 18:26]
Hier wird dasselbe Wort, aber als Verb „yuschriku“ verwendet, um die Unteilbarkeit der Befehlsgewalt Allahs mit jemandem hervorzuheben
Beispiel 3
Und (gedenke) des Tages, da Wir sie versammeln werden allzumal; dann werden Wir zu denen, die Götzen anbeteten, sprechen: „An euren Platz, ihr und eure Teilhaber! „Dann scheiden Wir sie voneinander, und ihre Teilhaber werden sagen: „Nicht uns habt ihr angebetet. [Qur’an 10:28]
In diesem Vers steht dasselbe Stammwort in der Redewendung „schurakaa‘ukum“ bzw. „schurakaa‘uhum“ in der Mehrzahl und im Sinne von Partnern, welche die Götzendiener Allah beigesellt haben.
Wir haben gesehen, dass alle drei Beispiele dasselbe Wort „scharyk“ (Sg.) bzw. „schurakaa“ (Pl.) haben und es sich dabei um Partner handelt.
Hier und in allen restlichen der insgesamt 168 Vorkommnissen im Qur’an wird dieses Wort jedoch nie als Synonym für zawdsch/azwadsch verwendet wie Bruder Amin es in seiner Ausführung getan hat. Beide Worte werden separat in ihrem jeweiligen Kontext im Qur’an benutzt. Alle 168 Male kommt das Wort Partner nie im Sinne einer ehelichen Beziehung zwischen Menschen vor.
Bruder Amin schrieb über das nächststehende Wort im Vers 30:21:
„Der Ausdruck إِلَيْهَا – ilay-hâ – (hier wiedergegeben mit: bei ihnen) ist ein Femininum Singular und bezieht sich auf das vorangehende Wort أَزْوَاجًا – azwadschan – (Partner, Partnerinnen), ein arabisches Wort in gebrochener Pluralform“
Dem möchte ich widersprechen, und zwar auf folgendem Grund:
Bruder Amin geht davon aus, dass „ilay-ha“, „ihnen“ bedeute für beide, Männer und Frauen, als Mischform für Partner und Partnerinnen. Das ist aber nicht der Fall. Korrekterweise hätte in richtiger, grammatikalischer Übereinstimmung in Bezug auf den Numerus stehen müssen „ilay-him“; wegen des Pluralmaskulinums, mit dem der Begriff azwadschan konjugiert wurde.
Das Wort „ilay-him“ kommt 38x im Qur‘an vor; mal nur für Männer und mal für beide, Männer und Frauen.
Mit anderen Worten, wenn Allah gewollt hätte, dass beide Geschlechter im Vers 30:21 gemeint sind, hätte Er das Wort „ilay-him“ und nicht „ilay-ha“ eingesetzt für eine einzelne Frau. Das Wort „ilay-hinna“, das im Qur‘an nur 2x vorkommt (in den Versen 12:31 und 33 der Geschichte Yusufs mit den Frauen, die sich mit dem Messer verletzt haben), wurde aber im Vers 30:21 nicht eingesetzt!
„ilay-ha“ heisst wörtlich übersetzt „ihr“, wegen dem Singularfemininum ha.
Ilay-ha bezieht sich nicht nur, aber primär auf das „nafs“, also das „Selbst“ oder die Seele; auf Arabisch „Anfusikum“=euch selbst im Plural Maskulinum. Das Wort nafs ist grammatikalisch weiblich, egal ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Mit anderen Worten finden in erster Linie nicht der Mann und die Frau an sich Frieden in ihrem Beisammensein, sondern ihre jeweiligen nafs, also ihr individuelles Inneres, das sozusagen ineinander verschmilzt und sich gefühlsmässig vereinigt. Das sind die treffenden Worte Allahs, die klar werden, wenn man sie studiert.
Bruder Amin hat den Vers als Beleg dafür benutzt hat, um die folgende Aussage zu machen:
“Somit sind auch alle Regeln für einen نكاح (nikâH = Ehe/Ehevertrag) bzw. زواج (zawâj = Ehe, Partnerschaft) für alle gültig. Denn er macht die Menschen erst zu Partnern (ازواج, azwâj). Zumal es nirgendwo im Qur’ân ein Heiratsverbot gibt zwischen Menschen desselben Geschlechts. Folglich sind unter einem نكاح (nikâH) homosexuelle Verbindungen ebenso legal wie heterosexuelle. الحمد لله– al-Hamdu lillah. Jeder Homosexuelle, Muslima oder Muslim, sollte von daher die von Allah so gewollte sexuelle Disposition dankbar akzeptieren“.
Dieser Schlussfolgerung widerspricht jedoch die Tatsache, dass im Qur’an in den Versen 4:15 und 4:16 Strafen stehen für homosexuelle Aktivitäten von Männern und Frauen; da
erübrigt sich ein Verbot einer gleichgeschlechtlichen Ehe, welche ja als Institution das Ausleben solch einer abgelehnten Praxis beinhalten und legalisieren würde.
Ich finde es enorm wichtig, sich dem Sinn des Qur’an durch Wortvergleiche und Verszusammentragung innerhalb des Qur’ans (tartil) anzunähern, sonst kann es schnell geschehen, dass der eigentliche Sinn verfälscht wird. Wir alle müssen aufpassen, dass wir nicht zu Leuten gehören, über die Allah sagt:
Er ist es, Der dir das Buch herabgesandt hat. Darin sind eindeutig klare Verse; sie sind die Grundlage des Buches und andere, die verschieden zu deuten sind. Doch diejenigen, in deren Herzen (Neigung zur) Abkehr ist, folgen dem, was darin verschieden zu deuten ist, um Zwietracht herbeizuführen und Deutelei zu suchen, (indem sie) nach ihrer abwegigen Deutung trachten…. [Qur’an 3:7]
Ich möchte Bruder Amin und alle Leser auffordern, sich mit dieser Thematik nochmals gründlich und unvoreingenommen auseinanderzusetzen. Mögen auch die folgenden Gedanken dazu hilfreich sein:
- Das Wort Nikah (Eheschliessung) zwischen Mann und Frau vom Wortstamm nūn/kāf/ḥā kommt im Qur’an 23x vor, und zwar mit allen erdenklichen Facetten einer Eheschliessung. Darunter gibt es keinen einzigen Vers zur gleichgeschlechtlichen Ehe.
- Das Wort Talaq (Scheidung) zwischen Mann und Frau vom Wortstamm ṭā/lām/qāf kommt im Qur’an 23x vor, auch mit allen Konsequenzen für das scheidende Paar. Davon gibt es keinen einzigen Vers über die gleichgeschlechtliche Scheidung
- Das Wort Arrada’a (Stillen) über verheiratete Frauen, die ihre Säuglinge stillen vom Wortstamm rā/ḍād/ʿayn kommt im Qur’an 11x vor. Kein einziger Vers ist darin zu finden, wo das Stillen der Säuglinge thematisiert wird im Fall einer gleichgeschlechtlichen Ehe/Partnerschaft, die einen Säugling adoptiert hat.
- Das Wort zum Verb tawaffaa (sterben) vom Wortstamm wāw/fā/yā kommt im Qur’an 66x vor. Davon behandeln zwei Verse die Regelung für eine Frau, wenn ihr Mann stirbt und sie feststellen muss, ob sie schwanger ist, falls sie eine neue Ehe eingehen will. Eine spezielle Regelung dazu für gleichgeschlechtliche Paare gibt es nicht.
- Das Wort zum Verb waratha (erben) vom Wortstamm wāw/rā/thā kommt im Qur’an 35x vor. Davon behandeln zwei Verse den Nachlass. 4:12 regelt den Fall, wenn einer vom Ehepaar, Mann oder Frau, stirbt. Vers 4:176 regelt den Fall, wenn ein Teil des Ehepaares stirbt, das keine Kinder hat (Arabisch für kalala). Eine spezielle Regelung für gleichgeschlechtliche Paare fehlt auch hier gänzlich.
Möge Allah uns alle rechtleiten!
Im zweiten Teil schauen wir inscha Allah folgendes Kapitel an: Die Geschichte Lots und ob sie etwas mit Homosexualität zu tun hat.