Freiheit

Wir dürfen das Feld nicht den Radikalen überlassen

Kerem Adıgüzel kämpft für einen offenen Islam, in dem die Gräben zwischen den Glaubensrichtungen überwunden werden.

[…]

Wichtig sind ihm auch die Regeln seines Glaubens: Als Muslim betet er dreimal am Tag, isst kein Schweinefleisch und trinkt keinen Alkohol. Mit den rigiden Versionen des Islams kann er aber nichts anfangen. Richtschnur für seinen Glauben ist allein der Koran. Kerem Adigüzel will das Feld nicht den Radikalen überlassen.

Wie ein muslimischer Mathematiker gegen religiösen Fanatismus kämpft

Eine Gruppe junger Muslime trifft sich regelmässig in Zürich zum Gebet. Nun wollen sie eine Moschee gründen, um mit den Worten Gottes gegen den konservativen Islam zu kämpfen.

Lesen auf: https://www.nzz.ch/zuerich/offene-moschee-geplant-mit-dem-koran-gegen-religioesen-fanatismus-ld.1310005


Es gab eine Rückfrage zum Artikel, der bei der NZZ über mich erschien:

Könnten Sie mir sagen, welche Moschee in der Schweiz für Frauen oder Homosexuelle nicht offen steht?

Meine Antwort (Kerem Adıgüzel):
Theoretisch gesehen sind selbst die Salafisten offen für den Besuch von Homosexuellen in den Moscheen. Wir reden hier aber von der Theorie und von einzelnen Besuchen. Wenn die Moscheen so offen sind, wie suggeriert wird, wieso braucht es dann überhaupt unsere Moschee, die Offene Moschee Schweiz oder die Inclusive Mosque Initiative in London oder die Muslims for Progressive Values in den USA oder den Liberal-Islamischer Bund in Deutschland und viele weitere in anderen Ländern? Darüber hinaus gibt es unzählige homosexuelle Muslime, die sich leider nicht in die traditionellen Moscheen getrauen wegen ihren vielen negativen Erfahrungen diesbezüglich. So habe gar ich Mühe, einem homosexuellen Muslim klar zu machen, dass er sich bei uns und in unserer zukünftigen Moschee, so Gott will, in Sicherheit wähnen darf, weil die Vorbehalte so gross sind.

Ich betone noch einmal den Aspekt, dass sich die Moscheen theoretisch offen präsentieren für diese Gruppen. Heterosexuelle haben es da natürlich einfacher, dennoch sind in unserer Gruppe einige heterosexuelle Frauen, die sich in den hiesigen Moscheen auch nicht wohl fühlen oder nicht einmal einen Platz kriegen. Die Ressentiments sind schlichtweg überwältigend, auch für Frauen ohne Kopftuch oder eben Homosexuelle als ständige (!) Moscheegänger.

Diskutieren wir also nicht theoretisch herum, sondern werden praktisch und klären in den eigenen vier Wänden auf, dass es flächendeckend auch bspw. homosexuelle Imaminnen ohne Kopftuch geben darf und dies nicht als Widerspruch empfunden (!) wird. Erst wenn diese Belanglosigkeiten als nebensächlich empfunden werden, bin ich bereit, die hiesigen Moscheen als praktisch offen für Frauen und Homosexuelle anzusehen. Denn im Koran steht auch:

7:26 O Kinder Adams, Wir gaben euch Kleidung, eure Scham zu bedecken, und zum Schmuck; doch das Kleid der Achtsamkeit – das ist das beste. Dies ist eins der Zeichen Gottes, auf daß sie (dessen) eingedenk sein mögen.

Also spielen nicht die Äusserlichkeiten eine Rolle, sondern der Charakter und die Achtsamkeit eines Menschen – unabhängig vom Geschlecht. Man muss nicht einverstanden sein, dass eine Person Homosexualität als normal betrachtet, man muss aber tolerieren können, dass eine Person anderer Meinung sein kann und dies auch so ausleben darf. Kleiden wir uns also ein mit der Achtsamkeit und achten auf unsere Mitmenschen.

Schlüssel zum Verständnis des Koran: Beispiel 5 – Sklaverei im Islam? Ein Widerspruch der Beigesellung

Ich bemerke immer wieder, dass viele Gottergebene (Muslime) verwirrt sind, was Sklaverei in der Gottergebenheit (Islām) und Sklavenhaltung betrifft. Obwohl ihr gesunder Menschenverstand sie überzeugt, Sklaverei abzulehnen, denken sie aufgrund äußerer Einflüsse, dass die Sklaverei in der Lesung nicht nur nicht abgeschafft, sondern geduldet werde. Solch eine Schlussfolgerung kann nicht weiter entfernt von der Wahrheit sein.

 

90:8-18 Machten Wir ihm nicht zwei Augen und eine Zunge und Lippen und wiesen ihn auf beide Möglichkeiten hin? Doch das Hindernis konnte er nicht überwinden. Und was wusstest du über das Hindernis? Es ist einen Sklaven zu erlösen oder eine Speisung an einem Tag der Hungersnot einer nahen Waise oder eines am Boden liegenden Bedürftigen. Dann ist er von denen, die geglaubt haben und sich gegenseitig zur Geduld und auch zur Barmherzigkeit anspornen. Das sind die Angehörigen der Rechten!

 

Der Einfluss der Tradition

Wenn klassische Gelehrte zitiert werden, muss hierbei betont werden, dass die Mehrheit unter ihnen Sklaverei als etwas „Normales“ und „Erlaubtes“ ansahen. Dies liegt darin begründet, dass ihre Definitionen von Freiheit und Menschlichkeit anders waren als unsere heutigen Vorstellungen. Das Wichtigste hierbei ist aber, dass es der Anti-Sklaverei Haltung der Lesung widerspricht. Es war eine Angelegenheit, die den Absichten und Zielen der Offenbarung (maqāsid as-samāʾ / maqāsid al-qurʾān) gegenüber ignorant und rückschrittlich war.

Darüber hinaus lässt sich durch die traditionelle Darstellung der Geschichte ein unglaublich beleidigendes Bild des Propheten zeichnen, denn zusammengefasst wäre Mohammeds Rolle in der Sklaverei, durch traditionelle, der Lesung widersprechende Quellen wie den Ḥadīṯ-Büchern zum Beispiel von Buchārī belegt, wie folgt: Er hatte Sklaven in seiner Familie, ebenso besaß seine erste Frau, Chadīdscha, Sklaven. Der sunnitische Mohammed hatte tiefgreifend mit der Sklaverei zu tun, da sie eine der Hauptwege war, sich zu finanzieren. Er tötete nicht nur Dichter, die anderer Meinung waren als er, sondern ließ ungläubige Männer töten, um ihre Frauen und Kinder als Sklaven halten und für Finanzierungszwecke verkaufen zu können. Er gab Sklaven als Geschenke her oder auch um die sexuellen Gelüste seiner engen Gefährten zu befriedigen. Er erhielt und nahm Sklaven von anderen Herrschern an. Einige seiner Köche waren Sklaven und er hatte einen Sklaven als Schneider. Er sagte auch, dass ein Sklave, der von seinem Meister flieht, nicht erwarten könne, dass seine Gebete beantwortet werden.122

Gott bewahre uns davor, dass wir den Scharlatanen glauben, die sich Imame oder Scheichs nennen, die solches verbreiten und als „normal“ verkaufen. Gott bewahre uns davor, ihnen zu glauben, die unseren Propheten solcherart darstellen und die Religion für einen geringen Preis verkaufen!

Diese klassischen Gelehrten und ihre Anhänger urteilten falsch, als es um fundamentale Prinzipien der Menschlichkeit ging und deshalb ist es klar, dass wir die gesamte Tradition nach anderen Fehlurteilen und Angelegenheiten durchforsten müssen, in denen wir uns entwickelt haben. Die 1400 Jahre alte Tradition kann eine Quelle des Wissens sein, mitunter gar einzelne Edelsteine hervorbringen. So zum Beispiel kannten die gottergebenen Gelehrten bereits vor der Zusammenstellung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte solche Begrifflichkeiten, wie etwa in Uṣūlu-l-fiqh (wörtlich: Wurzeln/Quellen des Verständnisses; Oberbegriff für die gottergebene Rechtsfindung) bekannt als ḥaqqu-l-mukallaf (Rechte des Individuums). Doch da sich die früheren Gottergebenen nicht intensiver mit der Ausarbeitung dieser Theorie beschäftigt haben oder diese uns nicht überliefert wurden, konnten die Gottergebenen nicht die ersten in der Ausformulierung einer solchen Rechtsnorm sein. Vielmehr ist diese Tradition der Rechtsfindung ausgeartet und so wurden Rechtsnormen formuliert, die der Lesung widersprechen, wie etwa bezüglich der Steinigung, der Apostasie oder der Sklaverei. Die Tradition kann also keine fixe, absolute Quelle über Wahrheit und Gerechtigkeit sein. Ansonsten laufen wir Gefahr, giftige Ideen zu verinnerlichen und unsere Seelen zu verderben.

 

4:92 Es steht einem Gläubigen nicht zu, einen Gläubigen zu töten, es sei denn aus Versehen. Wer einen Gläubigen aus Versehen tötet, hat einen gläubigen Sklaven zu befreien und ein Sühnegeld an seine Angehörigen zu übergeben, es sei denn, sie erlassen es als Spende. Wenn er zu einem Volk gehörte, das euer Feind ist, während er ein Gläubiger ist, so ist ein gläubiger Sklave zu befreien. Und wenn er zu Leuten gehört, zwischen denen und euch ein Vertrag besteht, dann ist ein Sühnegeld an seine Angehörigen auszuhändigen und ein gläubiger Sklave zu befreien. Wer es nicht vermag, der hat zwei Monate hintereinander zu fasten. Das ist eine Zuwendung von Seiten Gottes. Und Gott ist wissend und weise

 

Einer der wenigen Skeptiker und gottergebenen Kritiker der Sklaverei war An-Nasafī (gest. 701 nach Hidschra, berühmt für seine ʿaqīdatu-n-nasafī, das Credo des Nasafī), der scharfsinnig bemerkte, dass wenn ein Totschlag durch das Befreien eines Sklaven kompensiert werden kann (4:92), dann jemanden zu versklaven einem spirituellen Todesurteil (mawt ḥukman) gleichkomme, weshalb er Sklaverei (ar-riqq) als ein Überbleibsel der Zeiten der Ableugnung (aṯār al-kufr) und des Unglaubens beschrieb:

 

فتحرير رقبة… التحرير: الإعتاق، والحر والعتيق الكريم فيالأحرار كما أن اللؤم في العبيد، ومنه عتاق الطير وعتاق الخيل لكرامها
والرقبة: النسمة ويعبر عنها بالرأس في قولهم: فلان يملك كذا رأساً من الرقيق {مؤمنة} قيل: لما أخرج نفساً مؤمنة من جملة الأحياء لزمه أن يدخل نفساً مثلها في جملة الأحرار، لأن إطلاقها من قيد الرق كإحيائها من قبل أن الرقيق ملحق بالأموات، إذ الرق أثر من آثار الكفر والكفر موت حكما

 

Eine grobe Übersetzung:

Und das Befreien eines Sklaven/Halses… die Befreiung (altahrīr): Die Erlösung, und die Freien und die noblen Erlösten, das heißt die Befreiten, und ebenso, dass [damit] die Ungleichheit unter den Sklaven [gezeigt ist], und daraus [ist gleichermaßen] der Edelmut der Erlösung des Vogels und des Pferdes [sichtbar].
Und der Hals: [Dieses Wort meint] die Personen [die am Hals festgehalten sind] und es äußert sich darüber durch die Eigentümerschaft (ar-ra’s) in ihrer Aussage: Um solch Eigentum (ra’san) zu besitzen (yumlik) von den Hälsern, {Gläubige} wurde gesagt: hinsichtlich der Vertreibung einer gläubigen Seele von allem Lebendigen (al-ā’hyā’) [d.h. jemanden zu töten] muss eine Seele ihresgleichen [in den Kreis] aller Freien eintreten, weil ihre Loslösung von den Verbindlichkeiten der Sklaverei wie ihre Belebung ist (itlāqhā min qīd ar-riqq ka-iḥyā’hā), wovon folgt, dass die Sklaven den Toten anhängen (ar-raqīq muhlaq bi-l-a’mwāt) [d.h. Sklave zu sein ist dasselbe wie gestorben zu sein], weil die Sklaverei ein Überbleibsel von den Spuren der Ableugnung (‘āṯār al-kufr) ist und Ableugnung ist ein Todesurteil.123

 

Die Sklaverei in der Bibel und ihr Einfluss auf die Gottergebenen

Foto: Jim Reid, CC BY-NC-SA 2.0

Die Praxis der Sklaverei wurde bis zu einem gewissen Maß durch den Einfluss der Juden und Christen gerechtfertigt. Ein hoher Anteil hierbei ist den erfundenen Aussprüchen (Aḥādīṯ) und Gesetzen in der Scharīʿa zuzuschreiben, die Jahrzehnte nach dem Tode des Propheten eingeführt wurden. Es ist eine Ironie, dass die Juden, die am meisten durch die Sklaverei zu leiden hatten und von Gott durch Moses’ Wirken errettet wurden (2. Buch Mose Exodus 1:13–14), später die Versklavung anderer Menschen rechtfertigten, einschließlich dem Verkauf der eigenen Tochter, was Eingang in ihre heiligen Bücher fand (Exodus 21:7–8; 21:21–22,26– 27; 3. Buch Mose Levitikus 25:44–46; Josua 9:6–27).

Obwohl Jesus niemals die Sklaverei billigte, verhielt sich Paulus, der wahre Gründer des modernen Christentums, anders: Er verlangte von den Meistern, ihre Sklaven gut zu behandeln (Kolosser 3:22), von den Sklaven jedoch „in aller Ehrfurcht gegenüber den Meistern ergeben zu sein“ (1. Petrus 2:18; Epheser 6:5; 1. Timotheus 6:2; Kolosser 3:22; Titus 2:9). Sehr viele Christen und Juden konvertierten zur Gottergebenheit aus der Lesung und verbreiteten im Namen des Propheten die althergebrachten Weltanschauungen mittels den Aussprüchen, verbreiteten also im Namen der Religion und somit im Namen Gottes wissentlich oder unwissentlich Lügen. Sehr wahrscheinlich ist es deshalb auf diese zurückzuführen, dass die Sklaverei auch nach der Vollendung der Offenbarung und nach dem Ableben des Propheten aufrechterhalten wurde. Politische Motive sind hierbei natürlich nicht ausgeschlossen. Der Missbrauch der Religion durch die privilegierte Klasse, Menschen zu versklaven und auszubeuten, wurde lebhaft von Desmond Tutu aufgezeigt:

 

Als die ersten Missionare nach Afrika kamen, besaßen sie die Bibel und wir das Land. Sie forderten uns auf zu beten. Und wir schlossen die Augen. Als wir sie wieder öffneten, war die Lage genau umgekehrt: Wir hatten die Bibel und sie das Land.

– Desmond Mpilo Tutu

 

Sklaverei im Lichte der Gottergebenheit

Zur Offenbarungszeit der Lesung war die Sklaverei eine vorhandene Realität (4: 25). In ihr wird aber die gängige, praktizierte Sklaverei abgeschafft (3:79; 4:3,25,92; 5:89; 8:67; 24:32–33; 58:3–4; 90:13; 2:286; 12:39–42; 79:24-25). Die Lesung lehnt die Sklaverei nicht nur als eine grobe Sünde ab, sondern als die gröbste Sünde, als ob man Gott irgendwelche Partner beigeselle, da man sich selbst neben Gott als weiteren Herrn über einen Menschen anpreist durch das Halten irgendeines Sklaven. Dies wird nicht vergeben, wenn diese Beigesellung (schirk) bis zum Tod oder bis kurz davor aufrechterhalten wird (4:116). Einen anderen Meister/Herrn (rabb) als oder neben Gott zu akzeptieren oder sich selbst als solchen (bewusst oder unbewusst) darzustellen wird in der Lebensweise der Gottergebung unmissverständlich abgelehnt (12:39–40; 3:64; 9:31). Jahrzehnte nach Mohammeds Ableben wollten Könige und ihre Verbündete die Sklaverei wiederauferstehen lassen und rechtfertigten diese durch Verzerrungen der Verse, in denen Josef vom Herrn seines Freundes spricht (12:41–42). Sie ignorierten jedoch die Tatsache, dass Josef nie irgendjemand anderen als Gott als seinen Herrn oder Meister bezeichnete. Er schlug seinen Gefährten im Gefängnis vielmehr vor, ihre Freiheit dadurch zu ersuchen, indem sie die unbegründeten Behauptungen ablehnen, sich von falschen Herrn und Meistern bevormunden zu lassen (12:39–40). Es ist auch kein Wunder, dass Gott Pharao verdammt für seine Behauptung, ein Herr über die Menschen zu sein (79:15–26). Gott errettete die Juden aus der Sklaverei und erinnerte sie daran, dass ihre Freiheit wichtiger ist als die Vielfalt an Nahrungsmitteln, die sie vermissten (2:57–61).

 

16:75-76 Gott führt als Gleichnis einen leibeigenen Diener an, der über nichts verfügt, und einen, dem wir von uns eine schöne Versorgung gewährt haben. So gibt er davon heimlich oder offen ab. Sind sie gleich? Lob gehört Gott! Nein! Vielmehr wissen die meisten von ihnen nicht. Und Gott führt als Gleichnis zwei Männer an. Der eine von ihnen beiden ist stumm und verfügt über nichts. Er ist seinem Meister eine Last, wo er ihn auch hinschickt, bringt er nichts Heilvolles. Gleicht er dem, der die Gerechtigkeit befiehlt, wobei er auf einem geraden Weg ist?

 

Die Verse 16:75–76 vergleichen einen Diener (‘abd) mit einem freien Menschen und betonen die Wichtigkeit, ein freier Mensch zu sein. Dies zielt auch darauf ab, sich nicht geistig von anderen Menschen bevormunden zu lassen, was durchaus im imperativischen Sinne Kants verstanden werden kann. Freie Menschen sollten sich also sowohl geistig als auch körperlich nur von Gott abhängig machen. Freie Menschen sind besser dazu in der Lage, Kreativität zu entfalten und Gutes zu bewirken.

Gott untersagt Mohammed des Weiteren, seine Feinde in Friedenszeiten einzufangen, einzukerkern und zu versklaven. Doch Er gibt ihm die Erlaubnis dafür nur als eine Maßnahme gegenüber denjenigen, die Krieg anstiften und in kriegerischen Handlungen tätig sind (8:67). Die Kriegsgefangenen werden nach Vers 47:4 nach Kriegsende freigelassen. In der Lesung wird die Tatsache betont, dass diejenigen, die Gott Partner beigesellen, selbst Sklaven besaßen. Die Sklaven mittels verschiedener Wege zu befreien ist als eine verpflichtende, gottergebene Handlung und Eigenschaft anzusehen (24:32–33; 16:75, 90:13). Gott berücksichtigt die tragische Vergangenheit von Sklaven als mildernden Umstand, indem Er ihnen die Hälfte der Strafe für die Unzucht verschreibt wie für Freie (4:25). Diese Regel lehnt gleichzeitig auch die Todesstrafe durch Steinigung der Sunniten und Schiiten ab, da es logischerweise keine Hälfte der Todesstrafe geben kann!

 

24:32 Und verheiratet die Ledigen unter euch und die Rechtschaffenen von den Dienern und Dienerinnen unter euch. Wenn sie arm sind, wird Gott sie durch seine Huld reich machen. Und Gott umfasst und weiß alles.

 

Der Ausdruck ʿibādukum (eure Diener) in diesem Vers wird generell missverstanden und trotz der klaren Botschaft der Lesung wird der Vers missbraucht, um die Sklaverei zu rechtfertigen. Statt den besagten Ausdruck als „eure Sklaven, die ihr besitzt“ zu verstehen, sollte er besser als „Diener aus eurer Gruppe“ verstanden werden. Beispielsweise gibt es in der Lesung auch den Ausdruck „die Speisung von zehn Bedürftigen so wie ihr eure Angehörigen im Durchschnitt speist“ (5:89), was eben nicht die „Angehörigen, die ihr besitzt“ bedeutet. Ähnlich meint „eure Undankbaren“ (eigentlich: eure Ableugner) auch diejenigen Undankbaren, die unter uns verweilen, und nicht die, die wir besitzen würden (54:43).124

Es lassen sich auch weitere Beispiele gegen die Sklaverei finden, wie etwa in der Geschichte Salomons (27:31 ff.), in der er Könige als Persönlichkeiten beschreibt, die die Menschen unterjochen. Sein Standpunkt gegenüber Unterdrückung und Sklaverei ist beispielhaft. Lebte Salomon heute, versuchte er erst sich selbst als gottergeben bezeichnende Gemeinschaften zu reformieren, wie er damals bei der Königin von Saba verfuhr.

In 58:3–4 wird ein spezieller Umstand beschrieben, in denen die Männer sich von ihren Frauen zu Unrecht scheiden lassen wollten. Als Sühne sollen diese einen Sklaven befreien. Der Anfang des Verses 58:4 (faman lam yadschid, was „wer es nicht vermag“ bedeutet, wörtlich: So wer es nicht fand) weist deutlich darauf hin, dass die zu befreienden Sklaven nicht zu den Gottergebenen gehörten. Ansonsten hätte ein Ausdruck wie „wer keinen Sklaven besitzt“ stehen müssen.

 

Mā malakat aymānukum und mawlá

In der Lesung kommt des Öfteren ein Ausdruck vor, der meist falsch übersetzt als „eure Sklaven“ wiedergegeben wird. Es handelt sich hierbei um die Äußerung „mā malakat aymānukum“125 (ما ملكت أيمنكم), was ungefähr als „was eure Rechte (Hand) besitzt“ übersetzt werden kann. Sektiererische Interpretationen versuchen diesem Ausdruck einen Beigeschmack von Sklaven, insbesondere auch Sexsklaven zu geben, was aber der Offenbarung diametral entgegensteht. Bei diesem Ausdruck handelt es sich um Ausnahmefälle, wie zum Beispiel in 60:10 beschrieben, wobei eine Ehefrau eines Soldaten auf feindlicher Seite die Botschaft der Gottergebenheit hört und annimmt und deshalb von den Feinden verfolgt wurde. Daraufhin kann diese Frau Asyl beantragen bei der gottergebenen Gemeinschaft. Da sie nun nicht durch einen juristisch-formalen Prozess die Scheidung erlangen konnte, wird es ihr in diesem Ausnahmefall durch einen speziellen Vertrag erlaubt, Gottergebene zu heiraten. Dies hat keinerlei Bezug zu Dienern (ʿibād) im herkömmlichen Sinne.

Das Wort yamīn, Singular von aymān, bedeutet „rechts“, „rechte Hand“ oder im übertragenen Sinne auch „Recht“, „Macht“, „Kontrolle“.126 Das Wort „Mawlá“ (Herrscher, Beschützer, Meister) kommt in der Lesung 18 Mal vor, von welchen 13 für Gott verwendet werden (2:286, 3:150, 6:62, 8:40, 9:51, 10:30, 22:78, 47:11, 66:2, 66:4). Die übrigen fünf Stellen gebrauchen das Wort mit einem negativen Beigeschmack (16:76, 22:13, 44:41, 57:15). Die in der Lesung allein für Gott gebrauchte Formulierung „Mawlánā“ (unser Schutzherr, Meister, Beschützer) wurde von gewissen Volksgruppen auch Religionsgelehrten zugeschrieben. In Pakistan und Indien wurde es zum Brauch, die Religionsgelehrten mit dem Titel „Mawlánā“ ( مولىنا ) anzusprechen.127 Das Wort „Waliyy“ (ولي – Verbündeter; plural awliyāʾ أولياء) hingegen wird sowohl für Gott als auch für Menschen gebraucht. Gott ist der Freund und Verbündete der Gläubigen und die Gläubigen sind die Freunde und Verbündete untereinander.128

Deshalb sollte es auch fortan unterlassen werden, andere Menschen als „mawlana“ (Türkisch: mevlana) zu betiteln, da dieser Begriff nur Gott gebührt (2:286).

 

Fazit

Die Gottergebenheit (Islām) lehnte die Sklaverei bereits mit der Bezeugung „Keine Gottheit außer dem Gott“ (lā ilāha illa-llāh) ab. Der Begriff Herr (rabb) wird in mehr als 900 Stellen einzig und allein für Gott gebraucht. Ein Gottergebener kann kein Sklave (raqabah) oder Diener (ʿabd) eines anderen als Gottes sein. Deshalb ist es Götzentum und Beigesellung, irgendeinen Sklaven in irgendeiner Form zu besitzen, denn damit würde man sich als Meister und Herr behaupten und sich neben Gott stellen. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde Pharao verurteilt, weil er sich als Herr der Menschen behaupten wollte.

Ich wiederhole: Gemäß der Lesung kann ein Gottergebener niemals einen Sklaven haben, da dies der Behauptung gleichkommt, der Herr über den Sklaven zu sein. Sich selbst Gott beizugesellen ist die größte Sünde, da man sich als absolute Souveränität, also Gottheit eines Menschen positioniert. Und Gott befiehlt uns:

 

90:13 Befreie den Sklaven!

 

Deshalb:

Wir schulden es uns selbst, der Reinheit der Gottergebenheit wegen, aufzuzeigen, dass Sklaverei eine Abweichung vom gottergebenen Standpunkt bedeutet. Oder um es in den Worten von an-Nasafī zu sagen: Entweder Freiheit (Befreiung der Sklaven) oder Tod (Sklaverei)!

Beitragsbild Gottes Hilfe

Die erfundene Religion und die Koranische Religion – Kapitel 39: Themen außerhalb des Kontexts zum Koran

Wir haben Ihre Aufmerksamkeit seit dem Beginn unseres Buches auf einen wichtigen Punkt gelenkt: Die Tatsache, dass der Koran die Einzelheiten nennt, deren Kenntnisse Gott als notwendig erachtet für Seine Diener. Was immer auch fehlend angesehen wird, ist dem Ermessen des Einzelnen überlassen. Dennoch haben die Sektierer Dinge, die sie für nötig hielten, erfunden, um sie dem bestehenden Text hinzuzufügen.

Jede Handlung, die von der Religion verboten wird, ist eine üble Handlung und der Mensch muss sie sicherlich vermeiden. Doch alles, was wir als Übel betrachten, wird nicht notwendigerweise von der Religion verboten. Selbst wenn unser Urteil richtig ist, so sind wir nicht in der Stellung, dem einen heiligen Charakter zuzuschreiben. Wir müssen uns in Gedanken halten, dass Gott dem Menschen die Freiheit gab, sein eigenes Urteil zu fällen und das Gute vom Bösen zu unterscheiden. Trotzdem scheiterten die Traditionalisten daran, denen die nötige Einsicht fehlte, diese Tat des Gnädigsten zu verstehen und sie wagten es, Einschübe vorzunehmen, im Glauben, dass sie Seine Auslassungen wettmachen.

5:101 Ihr Gläubigen! Fragt nicht nach Dingen, die, wenn sie euch kundgetan werden, euch unangenehm wären; wenn ihr danach fragt, während der Koran hinabgesandt wird, werden sie euch kundgetan. Gott hat sie übergangen. Und Gott ist voller Vergebung und nachsichtig.

Alles, was der Koran aus seinem Kontext ausgelassen hat, wird von Gott übergangen. Der Umstand, dass Gott über ein gewisses Thema keine Klarheit verschafft, bedeutet, dass es unserer Meinung überlassen ist. Dies ist eine Bestätigung Seiner Duldsamkeit und Vergebung, wie dies am Ende des Verses ausgesagt wird. Deswegen sollten wir es nicht zulassen, dass jemand es wagt, die von Gott offenbarte Ausübung der Religion zu erschweren. Ergänzungen, die zum Koran gemacht wurden, haben die Religion verkompliziert und hatten zur Folge, dass viele sie vermeiden. Wir werden Ihnen einige kennzeichnende Beispiele solcher Einschübe geben, die nicht im Koran vorhanden sind. Hier sind einige typische Fragen und ihre kurzen Antworten.

1. Frage: Ist das Tragen eines seidenen Hemdes erlaubt?
Antwort: Es gibt keinen Satz, welcher das Tragen von Seide verbietet, weder für Männer noch für Frauen.

2. Frage: Kann eine Frau Makeup tragen?
Antwort: Kein Eintrag ist im Koran dazu vorhanden. Demnach kann jede Frau in dieser Hinsicht tun, was sie will.

3. Frage: Ist Beschneidung eine verbindliche Pflicht?
Antwort: Im Koran wird nirgends die Beschneidung erwähnt. Dieser Brauch jüdischen Ursprungs hat unter den Muslimen fortbestanden, doch es ist nicht obligatorisch, also kann der Mensch entscheiden, seine Kinder zu beschneiden oder nicht.

4. Frage: Ist das Tätowieren erlaubt?
Antwort: Im Koran steht nichts dagegen. Ein Tattoo hindert den Einzelnen nicht daran, die Waschung zu vollziehen.

5. Frage: Welche Hand muss beim Essen verwendet werden?
Antwort: Kein Hinweis darüber im Koran.

6. Frage: Ist Masturbation verboten?
Antwort: Es gibt kein Verbot dagegen. Was im Koran verboten wird sind Ehebruch und Homosexualität.

7. Frage: Ist Empfängnisverhütung verboten?
Antwort: Nichts dafür oder dagegen im Koran.

8. Frage: Sollte der Mensch Koranverse rezitieren nach dem Ableben von jemanden? Antwort: Wiederum ist im Koran nichts dafür oder dagegen zu finden. Der Koran kann zu jeder Zeit nach Lust und Laune rezitiert werden. Der Brauch, den Koran an den 1., 7. und 52. Nächten zu rezitieren, wird nicht im Koran erwähnt.

9. Frage: Kann der Mensch von Schweinshaut Gebrauch machen?
Antwort: Der Koran befiehlt uns, kein Schweinefleisch zu essen. Es schadet nicht, die Haut zu verwenden.

10. Frage: Welches Essen sollte zuerst gegessen werden, wenn das Fasten gebrochen wird? Antwort: Im Koran wird nichts besonders vorgeschrieben. Deshalb kann alles gegessen werden.