Am Thema Schwangerschaftsabbruch lassen sich einige Prinzipien des Koranverständnisses aufzeigen.
Zunächst ist da die gute alte Forderung der Frauenbewegung „Mein Bauch gehört mir“. Kein Mann und keine andere Frau, das versteht sich von selbst, darf über den Körper einer Frau verfügen. Nur sie allein darf bestimmen, was sie mit ihm macht, was sie bereit ist zu erleiden und was nicht.
Auf der anderen Seite ist da die Forderung des Koran: Tötet eure Kinder nicht aus Armut (6:151). Wobei Armut stellvertretend für all die Notlagen steht, in die Menschen kommen können. Was also tun? Lassen sich die beiden Forderungen versöhnen und wenn ja, wie?
Gott bleibt im Koran nicht bei der Forderung stehen. Noch im selben Vers macht Gott ein Versprechen: Wir sorgen für euch und für sie.
An anderer Stelle unterscheidet Gott zwischen den sich Ergebenden – muslimun – und den Vertrauenden – mu’minun; oft als Gläubige übersetzt. Die Wurzel hamza-mim-nun weist aber eher auf Sicherheit, festes Vertrauen und Verlässlichkeit hin. So wie in Bezug auf die Kinder wirbt Gott im Koran an vielen Stellen um das Vertrauen der Menschen, mit Hinweis auf die Perfektion der Schöpfung, in welcher der Regen herabfällt, um das Land wiederzubeleben, all die Nahrungsmittel, die uns gegeben wurden. Auch im Folgevers zu Vers 6:151 folgt der Forderung nach Gerechtigkeit das Versprechen, niemanden über seine/ihre Kräfte hinaus zu belasten.
Gott kennt uns, ist uns näher als unsere Halsschlagader (50:16), und weiß, dass das Vertrauen in Gott die Voraussetzung dafür ist, auch in schwierigen Situationen dem Din (Entscheidung, Lebensweise, Verpflichtung) zu entsprechen. Deshalb gibt es auch keinen Zwang im Din (2:256), weil Zwang und Vertrauen sich ausschließen. Dieser Vers ist also nicht nur eine Forderung, es soll keinen Zwang im Din geben, sondern auch die einfache Feststellung, dass Zwang in keiner Weise den Din herstellen kann.
Um auf die Frage der Schwangerschaft bzw. Schwangerschaftsunterbrechung zurückzukommen, bedeutet dies also, es ist besser, das Kind auszutragen, aber das setzt (in schwierigen Situationen) Gottesvertrauen voraus. Kein Mann und keine Frau hat das Recht, eine andere dafür zu verurteilen, wenn dieses Vertrauen nicht vorhanden ist. Umgekehrt ist die Gesellschaft verpflichtet, Situationen zu schaffen, die das Vertrauen zumindest auf materiell-psychisch-sozialer Ebene herstellen. Das heißt: keine Verurteilung, Herabsetzung, Verspottung der Schwangeren, die es nicht geschafft habe zu verhüten, die nur auf ihren eigenen Spaß aus sei, kein Versperren der Bildungschancen und eine finanzielle Sicherung sowieso.
Ein Vortrag vom muslimischen Islamwissenschaftler Andreas Ismail Mohr:
Nun der Artikel zu Islam und Homosexualität:
Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen beginnt diese Arbeit. Denn zu Ihm nehmen wir unsere Zuflucht, und in Seinem Namen beginnen wir. Und ich bitte Ihn, mir beizustehen, diese Aufgabe angemessen zu bewältigen und mich dabei nicht irregehen zu lassen, so dass sie zum Nutzen für den Islam und für die Muslime werden kann.
Das hier behandelte Thema ist für viele Muslime weiterhin ein sehr heikles Thema. Sie sind mehrheitlich der festen Meinung, dass Homosexualität und alle homosexuellen Handlungen Harâm (verboten) im Islam seien.
[…]
Der Qur’ân wurde von Allah mit der Wahrheit offenbart. Und es ist in der Hand eines jeden Menschen, sich an dessen Wortlaut zu halten und diese Wahrheit anzunehmen und nicht davon abweichenden Vorstellungen zu folgen:
Wahrlich, Wir haben dir [Muhammad] das Buch mit der Wahrheit hinabgesandt für die Menschen. Wer sich rechtleiten lässt, der [tut es] für sich; und wer irregeht, der geht irre zu seinem Schaden. Und du [Muhammad] bist nicht Wächter über sie.
Koran 39:41
[…]
In Diskussionen mit Muslimen kann man immer wieder die Erfahrung machen, dass sie ein Verbot von Homosexualität als einen festen Bestandteil des Islams ansehen, der kaum einmal in Frage gestellt wird. Zu demselben Ergebnis kommt man gewöhnlich auch, wenn man von Muslimen verfasste religiöse Literatur daraufhin untersucht.
Sie glauben zu wissen, was für Verhältnisse in Lots Volk herrschten, obwohl sie sich dabei weder auf den Text des Qur’ans, noch auf betraubare Überlieferungen oder gar historische Fakten stützen können – sie glauben fest an etwas, das man ihnen vermittelt hat, aber sie hinterfragen und prüfen es nicht.
Unter Muslimen gab und gibt es ebenso Homosexuelle wie unter anderen Menschen, zum Teil mit eigenen Subkulturen von langer Tradition. In der Regel ist aber Homosexualität in muslimischen Gesellschaften ein Tabu, wenn auch jeweils von unterschiedlicher Intensität, sogar in solchen Ländern, in denen sie nicht strafbar ist. Das Tabu wird auf den Islam zurückgeführt. Ob seine authentischen Quellen tatsächlich hierfür herangezogen werden können oder ob der Islam wie in vielen anderen Fragen nur wieder Vorwand und missbrauchtes Mittel ist, soll der Ansatzpunkt für die folgenden Seiten sein.
Als Grund für die herkömmliche Auffassung werden Qur’ân-Verse und bestimmte Hadîthe angeführt, die als Beleg dafür gehalten werden.
Diese Arbeit soll nicht mehr als ein Versuch sein, diese Textstellen und die Gültigkeit der aus ihnen abgeleiteten Schlussfolgerungen zu überprüfen. Gleichzeitig sollen auf den folgenden Seiten auf der Grundlage des Qur’âns, dessen Wortlaut allein die Basis für eine islamische Antwort sein kann, der Rahmen und die Möglichkeiten für homosexuelle Partnerschaften untersucht werden.
[…]
Das Überwuchertsein des religiösen Denkens mit bestimmten Interpretationen, nicht angezweifelten Annahmen, Spekulationen, Tabus u.a. machten und machen vielfach immer noch eine sachliche Auseinandersetzung mit anderen Muslimen über viele Themen fast unmöglich. Das wird auch bei den zitierten muslimischen Autoren immer dann unübersehbar, wenn sie die von ihnen verkündeten Grundsätze nicht mehr als gültig ansehen, sobald sie sie auf Homosexualität anwenden könnten.
Im Laufe der Untersuchung wird sich zeigen, in welchem Ausmaß die Muslime schon sehr früh unter bestimmten – außerislamischen – Einflüssen die weitgefassten Aussagen des Qur’âns einschränkten, sich damit der in ihm liegenden interpretativen Möglichkeiten begaben und diese zum Teil sogar in deren Gegenteil verkehrten. Das betrifft in Grundzügen auch den Bereich der Sexualität und lässt sich ebenfalls in einer Reihe anderer Fragen aufzeigen.
In vielen Dingen übernahmen sie das Erbe der Christen und Juden. Wo der Qur’ân nur andeutungsweise berichtet, ergänzten sie es manchmal kritiklos um überkommene Mythen und Erzählungen, ohne sie akribisch gegen den Text des Qur’âns zu prüfen. Und sie taten es wohl in guter Absicht, überzeugt von der Richtigkeit ihrer Vorgehensweise. Denn die Muslime der Frühzeit ihrer Geschichte waren ja mehrheitlich Christen oder Juden gewesen, bevor sie zum Islam übertraten, mit einem definierten Welt- und Menschenbild, mit festen Überzeugungen, die sie in das neue Bekenntnis mitnahmen.
Unsere Überzeugung als Muslime jedoch, dass sowohl der Qur’ân, das Wort Gottes, als auch die Schöpfung auf den einen Urheber zurückgehen, lässt es nicht zu, uns auf Ansichten vergangener Jahrhunderte zu beschränken und beim Lesen des Qur’âns verfügbare Erkenntnisse des jeweiligen wissenschaftlichen Standes außer acht zu lassen.
Für jeden Menschen ist Sexualität ein wichtiger Bestandteil seines Lebens, die ihn in seinem ganzen Wesen beeinflusst, seine Empfindungen, seine Gedanken und seine Vorstellungswelt beherrscht, sein Triebverhalten bestimmt – ein untrennbarer, von Gott so gewollter Teil seiner Persönlichkeitsstruktur. Hierzu gehört auch Homosexualität als ein Teilaspekt des breiten Spektrums menschlicher Sexualität.
[…]
Unter Homosexuellen werden hier Personen verstanden, die sich sexuell von Menschen angezogen fühlen und in ihnen die ihnen gemäßen Partner sehen, die dasselbe Geschlecht wie sie selbst haben. Bestimmte Verhaltensausprägungen spielen auf den folgenden Seiten nur insofern eine Rolle, wie sie vom verwendeten Material her in die Diskussion gebracht werden.
Wo im Text von Homosexuellen die Rede ist, sind Männer und Frauen gemeint, soweit der Zusammenhang dies nicht ausdrücklich ausschließt.
[…]
Es werden detailliert die Belege im Qur’ân angeführt. Sie widersprechen unübersehbar der traditionellen Sicht. Und es wird gezeigt, woher die traditionelle Vorstellung von den Muslimen übernommen wurde.
Der Qur’ân
Was Islam ist, hat Allah in klaren Worten im Qur’ân offenbart:
… Heute habe Ich eure Religion (arab.: dîn) für euch vollendet und Meine Gnade an euch erfüllt und euch den Islam zum Bekenntnis (arab.: dîn) erwählt. …
Koran 5:3
Mit anderen Worten: An jenem Tag hat Allah im Qur’ân den Islam vollendet und für uns zum Bekenntnis erwählt, und Er gab dieser Lehre den Namen Islam. Er hat ihn vollendet, d.h. alle späteren Ergänzungen in den verschiedenen Lehrtraditionen sind nicht Teil der offenbarten Lehre.
Und wer eine andere Glaubenslehre sucht als den Islam (so wie Allah ihn offenbart hat): nimmer soll sie von ihm angenommen werden, und im zukünftigen Leben soll er unter den Verlierenden sein.
Koran 3:85
Und im Qur’ân hat Allah den Propheten (S.) zu einem schönen Vorbild für uns erklärt:
Wahrlich, ihr habt an dem Propheten Allahs ein schönes Vorbild für jeden, der auf Allah und den letzten Tag hofft und Allahs häufig gedenkt.
Koran 33:21
[…]
Der Islam ist gemäß seinen Quellen eine Religion, die die Menschen so akzeptiert, wie Allah sie hat entstehen lassen, erschaffen hat. Allah erschuf den Menschen in der besten Form:
Wahrlich, Wir haben den Menschen in der besten Form erschaffen.
Koran 95:4
In (49:13) sagt Allah, wonach Er die Menschen beurteilen wird:
Wahrlich, der Angesehenste von euch vor Allah ist der Gottesfürchtigste unter euch. Siehe, Allah ist allwissend, allkundig.
Koran 49:13
Allah hat alle Menschen erschaffen, und zwar in „der besten Form“ (95:4), dazu zählen auch alle männlichen und weiblichen Homosexuellen mit ihrer besonderen (فطرة) fiTra – Disposition, Natur. Und Er erschafft die Menschen auf diese Weise immer wieder:
In Allahs Vorgehensweise wirst Du nie eine Änderung finden; und in Allahs Vorgehensweise wirst Du nie einen Wechsel finden.
Koran 35:43
Mit anderen Worten: Ein Teil der Menschen hatte und hat einen auf das gleiche Geschlecht gerichteten Geschlechtstrieb, von Allah so geschaffen und gewollt.
Wie sieht der Qur’ân sexuelle Partnerschaften?
In einem zentralen Vers zu dieser Frage setzt Allah alle zwischenmenschlichen Partnerschaften auf eine und dieselbe Stufe:
Unter Seinen Zeichen ist dies, dass Er (männliche bzw. weibliche) Partner (ازواج) für euch (Männer und Frauen) aus euch selber erschuf, auf dass ihr (Männer und Frauen) Frieden bei ihnen findet, und Er hat Liebe und Zärtlichkeit zwischen euch gesetzt. Hierin sind wahrlich Zeichen für ein Volk, das nachdenkt.
Koran 30:21
Im Qur’ân (30:21) beschreibt Allah folglich alle sexuellen Partnerschaften als gleichwertige, wünschenswerte Verbindungen, wenn man nicht willkürlich einfache Regeln und Möglichkeiten der arabischen Sprache missachtet.
Der verwendete Plural أَزْوَاجً (azwâj) – Partner, Gatten, Gattinnen ist der Plural sowohl von زوج (zauj, m. – Teil eines Paares, Paar, Partner, Partnerin …) und زوجة (zauja, f. – Partnerin, Gattin, ..), er ist somit geschlechtsneutral. Ebenso spricht Allah hier zu allen Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, da das Arabische die männliche Form verwendet, wenn Frauen und Männer angesprochen werden.
Der Ausdruck إِلَيْهَا – ilay-hâ – (hier wiedergegeben mit: bei ihnen) ist ein Femininum Singular und bezieht sich auf das vorstehende Wort أَزْوَاجًا – azwâjan – (Partner, Partnerinnen), ein arabisches Wort in gebrochener Pluralform. Dazu Carl Brockelmann:
„…Auch die sog. (= so genannten) gebrochene Plurale … sind eigentlich bloß Kollektivformen. Die Sprache betrachtet sie als Singulare generis feminini und konstruiert sie demgemäß …“.
Carl Brockelmann, Arabische Grammatik, S. 94 f.
Somit sind auch alle Regeln für einen نكاح (nikâH = Ehe/Ehevertrag) bzw. زواج (zawâj = Ehe, Partnerschaft) für alle gültig. Denn er macht die Menschen erst zu Partnern (ازواج, azwâj). Zumal es nirgendwo im Qur’ân ein Heiratsverbot gibt zwischen Menschen desselben Geschlechts. Folglich sind unter einem نكاح (nikâH) homosexuelle Verbindungen ebenso legal wie heterosexuelle. الحمد لله – al-Hamdu lillah.
Jeder Homosexuelle, Muslima oder Muslim, sollte von daher die von Allah so gewollte sexuelle Disposition dankbar akzeptieren.
Vorab die Fakten und das Ergebnis der Untersuchung in Kurzform:
Bis hierher beurteilt der Qur’ân alle zwischenmenschlichen sexuellen Partnerschaften als gleichwertig und gleichberechtigt. Eine Ehe zwischen zwei Personen des gleichen Geschlechts wird im Qur’ân nicht untersagt. Der Islam ist somit die einzige (mono-)theistische Lehre, die Homosexuelle und ihre Partnerschaften voll akzeptiert, الحمد لله.
Im Qur’ân untersagt Allah, etwas zu verbieten, was Er nicht verboten hat:
Wer ist ungerechter als der, welcher eine Lüge wider Allah ersinnt?
Koran 6:144
Zusammenfassung: Islam ist allein die offenbarte Lehre im Qur’ân, spätere Ergänzungen (Verbote, Gebote) durch Menschen gehören nicht dazu.
Worauf beruht die homosexualitätsfeindliche Argumentation der traditionellen Lehre?
Die traditionelle Argumentation führt als Beleg für ein Verbot von Homosexualität die Verse über Lot und sein Volk an.
Was aber sagen diese Verse tatsächlich aus?
Kein Wort im Qur’ân deutet an, dass die Passagen von Lot und seinem Volk im sexuellen Sinne zu verstehen seien. Ganz im Gegenteil. Es gibt 4 Passagen (7:80-81; 26:165-166; 27:54-55; 29:28-29), in denen Lot sein Volk tadelt, die alle mit denselben Worten eingeleitet werden.
“wa lûTan id qâla li-qaumi-hi” (و لوطا اذ قال لقومه) „und (gedenke) Lots, als er zu seinem Volk (allen Männern und Frauen) sprach“,
In mehreren Koranversen
Der Leser wird in allen diesen Fällen besonders darauf hingewiesen, dass Lot alle Männer und Frauen seines Volkes, seiner Leute, in seinen Tadel einschliesst.
Ob Lots Worte in seinem Tadel (7:81, 27:56) „Kommt ihr zu den Männern anstatt/und nicht zu den Frauen bei einem Begehren (شهوة)“ eine sexuelle Bedeutung haben, kann man sehr leicht durch Anwendung einfacher Logik prüfen: Sein Tadel richtet sich an القوم (al-qaum), alle Männern und Frauen seines Volkes. Wenn seine Worte auf beide Gruppen im sexuellen Sinne anwendbar sind, können sie eine sexuelle Bedeutung haben, wenn nicht, müssen wir diese Bedeutung vermeiden.
Angewendet auf die Frauen: Glaubt wirklich jemand, dass das beabsichtigte Ergebnis seines Tadels “kommt ihr zu den Männern anstatt zu/neben den Frauen” ist, dass Lot wollte, dass die Frauen sich lesbisch verhalten? Warum sollte er das tun? In den beiden vorgenannten Versen wird das Wort (شهوة – schahwa) verwendet, das in den meisten Qurân-Übersetzungen als sexuelles Begehren (z.B. „Sinnenlust“) verstanden und übersetzt wird.
Das Wort schahwa kommt indes einschließlich der Verbformen an weiteren 11 Stellen im Qur’an vor:
schahawât (pl.): 3:14, 4:27 und 19:59
als Verbum (VIII. Stamm): 16:57, 21:102, 34:54, 41:31, 43:71, 52:22, 56:21, 77:42
An allen diesen Stellen hat es ganz klar keinen sexuellen Bezug. Dieser entstand und verstärkte sich erst durch die traditionelle Qur’ân-Interpretation der Verse von Lot und seinem Volk.
Es gibt keine historisch verlässlichen Zeugnisse über Lot und sein Volk und das, was in ihrer Stadt geschah. Es gibt nur eine Erwähnung im Alten Testament der Bibel, wo ein einziges Wort in einem der Bücher Mose zu einer verbreiteten Fehlinterpretation führte (die Quelle für bestimmte mawâlî-(موالي) –Überlieferungen).
Die Verse von Lot und seinem Volk
Über den Propheten Lot sagte der Qur’ân:
Und (Wir leiteten) Ismael und Elisa und Jonas und Lot; sie alle zeichneten Wir aus unter den Völkern.
Koran 6:86
Wann lebte Lot?
Die Antwort auf diese Frage hilft bei der Prüfung, ob es vor Lot bereits Homosexualität nachweislich gab. Denn in der traditionellen Interpretation wird anderes behauptet. Direkt auf Lot bezogene Angaben enthielten die befragten Nachschlagewerke nicht, dafür jedoch Zeitangaben über seinen Zeitgenossen und Verwandten Abraham.
Abraham, Stammvater der Israeliten und Araber, aus Ur in Chaldäa; kam um 1800 v. Chr. nach Kanaan; bei Hebron begraben.
Das Herder-Bücherei Lexikon, Band 1, Spalte 3
Abraham, erster der drei at. [= alttestamentlichen] Erzväter, zog zwischen dem 19. und 17. Jh. v. Chr. aus Haran oder Ur nach Kanaan.
rororo lexikon, Duden-Lexikon, Taschenbuchausgabe, Seite 15
Ungefähr um 2000 v. Chr. bauten hier Abraham und sein Sohn Ismael zusammen im Namen Gottes einen Altar, der Ka’ba genannt wurde.
Syed Muzaffar-ud-Din Nadvi, A Geographical History of the Qur’ân, Seite 53
Nach Reclams Bibellexikon, Seite 310, ist Lot (arabisch: lûT) der „Brudersohn Abrahams, der mit ihm nach Kanaan zieht, sich in Sodom niederlässt und dem Gericht über die Stadt entkommt.“ Nach dem Qur’ân ist er zudem ein Gesandter Gottes (26:162) unter dem Volk, bei dem er lebt.
Der folgende Abschnitt soll alle wichtigen Aspekte der Geschichte von Lot und seinem Volk zusammenfassen, so wie der Qur’ân sie schildert. Das kann dabei helfen, die Umstände besser zu verstehen, unter denen Lot lebte. Um einen vollständigen Überblick darüber zu erhalten, sind die einzelnen Teile, die an verschiedenen Stellen des Qur’âns zu finden sind – teils verkürzt, teils ausführlicher -, die einander ergänzen bzw. Wiederholungen darstellen und zum Teil in einander verschachtelt berichtet werden, thematisch zu sichten und zusammenzufassen.
Hierbei ergeben sich folgende Hauptthemen:
Lot und Abraham
Lot und das Volk
Die Gesandten
Die Vernichtung des Volkes
Lots Geschichte im Vergleich zu der anderer Gesandter
Sie lassen sich wiederum weiter unterteilen. Im Folgenden werden die Verse, die sich auf die Geschichte Lots beziehen, in der angegebenen thematischen Aufteilung wiedergegeben, erforderliche Erklärungen und Zusammenfassungen werden jeweils eingeschoben.
Lot und Abraham
Abraham wurde von einem Anschlag seines Volkes gegen sein Leben errettet und ging mit Lot, der mit ihm auswanderte, in das Land, das Allah segnete.
Sie [das Volk] wollten eine List gegen ihn [Abraham] anwenden. Doch Wir machten sie zu den größten Verlierern. Und Wir erretteten ihn und Lot in das Land, das Wir für die Menschen in aller Welt [wörtlich: für alle Welten] segneten.
Koran 21:70-71
Und Lot glaubte ihm [Abraham], und er sagte: „Ich werde zu meinem Herrn auswandern [wörtlich: hijra machen]. Er ist der Mächtige, der Weise.“
Koran 29:26
Demnach wirkte Lot unter Menschen, zu denen er als Fremder kam, nachdem er seine Heimat verlassen hatte. Mit Bailey, einem anglikanischen Autor, muss man annehmen, dass Lot sich als Fremder in der Stadt, in der er sich danach niederließ und über die der Qur’ân berichtet, nur mit eingeschränkten Rechten leben durfte.
Lot und sein Volk
Lot empfing von Gott Weisheit und Wissen:
Und Lot gaben Wir Weisheit [Hukm] und Wissen [‚ilm], und Wir erretteten ihn aus der Stadt [al-qarya], die Schlechtigkeiten [chabâ’ith] beging. Sie waren ein böses Volk [qaum], Frevler [fâsiqîn]. Und Wir ließen ihn in Unsere Barmherzigkeit eingehen; denn er war einer der Rechtschaffenen.
Koran 21:74-75
Lot war Gesandter Allahs, und Lot rief das Volk zu gottesfürchtigem Leben auf und betonte, dass er für sein Wirken keine Entlohnung erwarte. Lot bezeichnet sich als rasûl amîn, als einen zuverlässigen Gesandten, als jemanden, der zuverlässig, vertrauenswürdig und ehrlich ist, laut E.W. Lane auch faithful, d.h. wahrheits- und wortgetreu und glaubwürdig. Mit anderen Worten: Er wird niemanden einer Tat beschuldigen, die dieser nicht begangen hat.
Und Lots Volk [qaum lûT] zieh die Gesandten der Lüge, da ihr Bruder Lot zu ihnen sprach: „Wollt ihr nicht gottesfürchtig sein? Denn ich bin euch ein zuverlässiger Gesandter. So fürchtet Allah und gehorcht mir. Und ich verlange von euch keinen Lohn dafür [, dass ich euch die Offenbarung übermittle]. Mein Lohn ist allein beim Herrn der Welten.“
Koran 26:160-164
Lot kämpfte gegen etwas Abstoßendes, das es bis dahin noch nicht unter Menschen gab. Daraufhin drohte das Volk ihm mit Vertreibung.
Und [Wir entsandten] Lot, da er zu seinem Volk sprach: „Wollt ihr etwas Abstoßendes begehen, worin keiner in aller Welt euch vorangegangen ist. Ihr kommt zu Männern bei einem Begehren, nicht [auch] zu den Frauen. Nein, ihr seid ein das Maß überschreitendes Volk [qaum musrifûn].“
Koran 7:80-81
Kommt ihr unter allen Geschöpfen zu Männern, und lasst unbeachtet, was euch euer Herr an euren Partnern erschaffen hat? Nein, ihr seid ein übertretendes Volk [qaum ‚âdûn].“
Koran 26:165-167
Und [Wir entsandten Lot], da er zu seinem Volk sprach: „Wollt ihr etwas Abstossendes begehen, während ihr seht? Kommt ihr denn zu Männern bei einem Begehren, nicht [auch] zu Frauen? Nein, ihr seid ein unwissendes Volk [qaum tajhalûn].“
Koran 27:54-55
Und [Wir entsandten] Lot, da er zu seinem Volk sprach: „Ihr begeht etwas Abstoßendes, worin keiner in aller Welt euch vorangegangen ist. Kommt ihr denn zu Männern und zerschneidet den Weg? Und in eurer Versammlung [nâdî-kum] begeht ihr Verwerfliches [munkar]?“ Doch die Antwort seines Volkes war nur, dass sie sprachen: „Bring uns Allahs Strafe, wenn du die Wahrheit sagst.“ Er sprach: „Mein Herr, hilf mir gegen das Volk, das Unheil anrichtet [mufsidîn].“
Koran 29:28-30
Über das Wort – nâdin – Versammlung – schreibt G. Lüling:
[…] der Stamm ndw [hat] ganz allgemein eine außergewöhnlich hehre, im profanen wie auch im religiösen Bereich erhabene Bedeutung. Während der IV. und V. Stamm fast ausschließlich eine profane Erhabenheit umschreibt (‚edel, großmütig sein, sich freigiebig zeigen‘), zeigt besonders der Sprachgebrauch des Qur’âns selbst, aber auch die alte arabische Poesie, dass die Stämme I und III ihren bevorzugten Platz in der religiösen Terminologie haben, als die Verben, die in Sonderheit für den feierlichen Aufruf zur Besinnung, zum Glauben stehen, auch für die Anrufung Gottes (z. B. 11,42; 21,83 und oft) […].
G. Lüling, Über den Ur-Qur’ân, Seite 63
Unter der ‚Versammlung‘ ist daher wenigstens eine Ratsversammlung, wenn nicht sogar eine religiöse Versammlung kultischen Inhalts zu verstehen. Die Worte ‚ihr … zerschneidet den Weg‘ können bedeuten, dass die Angesprochenen den Weg, d.h. die Verbindung nach außen, zu anderen Menschen außerhalb der Stadt unterbrechen; darauf weist auch, dass die Leute Lot daran erinnern, dass sie ihm den Kontakt zu anderen Menschen untersagt haben (s. 15:70). Sie können aber auch aussagen, dass das Volk den Handels- und Reiseweg, der an der Stadt vorbeiführt und den es auch später noch gibt (s. 15:76), unterbrochen haben. Zu dem Ausdruck ‚ihr … zerschneidet den Weg‘ schreibt Muhammad Ali:
[…] qaT’us-sabîl ist nach Kf [kassâf von abûl-qâsim maHmûd ibn ‚umar az-zamachscharî] ‚die Arbeit von Räubern, die Menschen töten und sich deren Eigentum aneignen‘. JB [jâmi’ul-bayan fî tafsîril-qur’ân von mu’înud-dîn ibn Sâfiyud-dîn] fügt nach den Wörtern taqta’ûna`s-sabîl als Erklärung hinzu: ‚Denn sie ermordeten gewöhnlich die Vorbeikommenden und beraubten sie ihres Eigentums‘. Andere Kommentatoren geben ähnliche Erklärungen.
Muhammad Ali, The Holy Qur’ân, Seite 766
Welche Art von Verwerflichem die Leute in ihren Versammlungen begehen, wird im Qur’ân nicht weiter ausgeführt, außer dass Lot dafür die Strafe Gottes angekündigt hat. Der Vorwurf kann sich einerseits auf die gemeinsame Vorbereitung und Planung ihrer schlechten Taten (z. B. Wegelagerei) und ihres Übereinkommens, das Gastrecht für Fremde nicht anzuerkennen, beziehen. Wenn man ‚Versammlung‘ andererseits im kultischen Sinne verstehen will, so kann sich der Vorwurf auf ein frevelhaftes Ritual beziehen, das sich nicht auf den Glauben an den einen Gott gründet.
Und die Antwort seines Volkes war nur, dass sie [die einen zu den anderen] sagten: „Treibt sie hinaus aus eurer Stadt [qarya]. Denn sie sind Leute [unâs], die sich rein halten.“
Koran 7:82
Doch die Antwort seines Volkes war nur, dass sie [die einen zu den anderen] sagten: „Treibt Lots Anhänger [âl lûT] hinaus aus eurer Stadt [qarya]. Denn sie sind Leute [unâs], die sich rein halten.“
Koran 27:56
Die Antwort der Leute ist recht ungewöhnlich. Sie sagen: „Treibt sie aus eurer (nicht aber: treiben wir sie aus unserer) Stadt“. Daraus kann man nur schließen, dass Unruhe entstanden ist und es starke Interessen gibt, Lot und seine Anhänger auszuweisen. Einige befürworten zwar eine solche Aktion, wollen die Verantwortung dafür aber nicht übernehmen, solange formale Handhaben gegen ihn fehlen. Sie fordern daher andere auf, dies zu übernehmen. Seine Anhänger werden von ihnen als Leute beschrieben, die sich rein halten wollen. Das ist sicher spöttisch gemeint, wenn auch offensichtlich unter Verwendung eines Ausdruck, den Lot und seine Anhänger selbst verwenden; denn die Menschen in der Stadt verstehen ihr Tun sicher nicht als unrein. Worauf sich der Ausdruck ’sich rein halten‘ neben der allgemeinen Bedeutung ’sich einer untersagten Sache enthalten‘ beziehen kann, wird ersichtlich, wenn man dessen Gebrauch in der frühen Zeit des Alten Testaments berücksichtigt. Unter dem Stichwort ‚rein und unrein‘ heißt es u. a. in Reclams Bibellexikon:
In frühen alttest. Texten bezieht sich ‘r.’ [= rein] und ‘u.’ [= unrein] auf Hygiene- und Speisevorschriften (Richt 13, 4; 2 Sam 11,4). Bei den Profeten sind ‘r.’ und ‘u.’ umfassende religiöse-sittliche Kategorien. Unrein macht vor allem der Kult fremder Götter (Hos 5, 3; 6, 10; oft bei Ezechiel, z.B. Ez 20, 7).“
Reclams Bibellexikon, Seite 424 f.
Der Zusammenhang der beiden Verse, in denen der Ausdruck ’sich rein halten‘ vorkommt, zeigt, dass es hier nicht um Hygiene- und Speisevorschriften geht, sondern darum, dass sich Lot und seine Anhänger nicht am Tun der anderen Leute beteiligen. Man könnte daher auch davon ausgehen, dass damit der Kult fremder Götter gemeint ist, von dem sie sich fernhalten, wie die Fruchtbarkeitsreligionen jener Zeit in Kanaan.
Sie sprachen: „Wenn du nicht ablässt, Lot, so wirst du zu den Vertriebenen gehören.“ Er sprach: „Gewiss verabscheue ich euer Tun. Mein Herr, rette mich und die Meinen [ahl] vor dem, was sie tun.“
Koran 26:167-169
Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Bewohner der Stadt Lot offensichtlich gewähren lassen. Um sich für die Zukunft eine formale Handhabe gegen ihn zu verschaffen, greifen sie zu der Forderung, seine Aktivitäten einzustellen, und kündigen ihm für den Fall der Zuwiderhandlung die Vertreibung an. Damit machen sie ihm deutlich, dass sein Aufenthalt als Fremder nur unter einschränkenden Bedingungen geduldet wird.
Die Gesandten
Die Gesandten sind zuerst bei Abraham:
[Abraham] sprach: „Was ist euer Auftrag, ihr Gesandten?“
Koran 15:57
[Abraham] sprach: „Was ist euer Auftrag, ihr Gesandten?“ Sie sprachen: „Wir sind entsandt zu einem sündigen [mujrimîn] Volk, auf dass wir Steine aus Ton auf sie niedersenden, bezeichnet von deinem Herrn für die, die das Maß überschreiten.“
Koran 51:31-34
Sie sprachen: „Wir sind entsandt zu einem sündigen Volk, Lots Anhänger [âl lûT] ausgenommen; sie alle sollen wir erretten, bis auf seine Frau. Wir bestimmten es. Sie gehört zu denen, die zurückbleiben.“
Koran 15:58-60
Und da unsere Gesandten Abraham die frohe Botschaft [von der Geburt eines Sohnes] brachten, sprachen sie: „Wir werden die Bewohner dieser Stadt [ahl hâdihî`l-qarya] vernichten; denn ihre Bewohner [ahl] sind Missetäter [Zâlimîn].“ [Abraham] sprach: „Doch Lot ist dort.“ Sie sprachen: „Wir wissen sehr wohl, wer dort ist. Wir werden ihn und die Seinen [ahl] sicherlich retten bis auf seine Frau, die zu denen gehört, die zurückbleiben.“
Koran 29:31-32
Und als die Furcht von Abraham gewichen war und die frohe Botschaft zu ihm kam, da stritt er mit Uns über Lots Volk. Denn Abraham war milde, mitleidig und weichherzig. „O Abraham, steh ab davon. Denn der Befehl deines Herrn ist schon ergangen, und über sie kommt eine unabwendbare Strafe.“
Koran 11:74-76
Die Gesandten kommen zu Lot:
Und als die Gesandten zu Lots Anhängern [âl lûT] kamen, da sprach [Lot]: „Ihr seid Leute, die man [in unserer gefährdeten Lage besser] verleugnet [qaum munkarûn].“
Koran 15:61-62
M. Hamidullah übersetzt, Seite 242: „[…] des gens insolites […]“ – ungewöhnliche Leute; Max Henning, Seite 248, sagt: „[…] fremde Leute.“ Die Antwort der Gesandten aber ist: „Nein, im Gegenteil, […]“ und unterstützt diese Wiedergabe nicht: Die Gesandten sind Lot ja fremd und – wenn sie, wie allgemein angenommen wird – Engel sind – ungewöhnliche Leute.
Rudi Parets Wiedergabe, Seite 184: „[…] verdächtige Leute“, trifft von der Antwort der Gesandten her eher zu („Wir sind mit der Wahrheit gekommen“). Denn verdächtig sind sie in zweifacher Hinsicht:
Aus Sicht der Bewohner der Stadt, weil sie sich an Lot, einen Fremden, wenden und seine Gäste sind
Aus Lots Sicht, weil er äußerst vorsichtig sein muss und ihre Gegenwart seine Lage weiter verschärfen kann. Denn jeder Kontakt zu Fremden ist ihm untersagt (s. 15:70).
Die hier gewählte Übersetzung berücksichtigt eher die Wortbedeutung und die Antwort der Gesandten: „Nein, im Gegenteil [verleugne uns nicht …]“, und sie betonen, dass sie mit der Wahrheit gekommen sind und um ihn und die Seinen zu retten.
Nach H. Wehr, Seite 1313, bedeutet ankara: „Nicht kennen wollen (hu j-n), nicht wissen wollen (hâ von e-r S.); nicht anerkennen, in Abrede stellen, leugnen; verleugnen (hâ etw.) […] verwerfen, missbilligen […]“.
Sie sprachen: „Nein, im Gegenteil. Wir sind zu dir gekommen mit dem, woran sie zweifelten. Wir sind zu dir gekommen mit der Wahrheit; und gewiss, wir sind wahrhaftig. So mache dich auf mit den Deinen [ahl] in einem Teil der Nacht und folge ihnen [als letzter]. Und niemand von euch wende sich um, sondern geht, wohin euch geboten wird.“
Koran 15:63-65
Und als die Gesandten zu Lot kamen, war er ihretwegen besorgt und fühlte sich um ihretwegen hilflos und sprach: „Das ist ein schlimmer Tag.“
Koran 11:77
Und als Unsere Gesandten zu Lot kamen, war er ihretwegen besorgt und fühlte sich um ihretwegen hilflos. Sie sprachen: „Fürchte dich nicht. Denn wir sind hier, um dich und die Deinen [ahl] zu retten bis auf deine Frau, die zu denen gehört, die zurückbleiben. Denn wir werden über die Bewohner dieser Stadt [ahlu hâdihî`l-qarya] ein Strafgericht vom Himmel niedergehen lassen, weil sie sündigten [yafsuqûna].“
Koran 29:33-34
Das Verhalten des Volkes nach Ankunft der Gesandten:
Und sie suchten, ihn von seinen Gästen abwendig zu machen. Da blendeten Wir ihre Augen [und sprachen]: „Kostet nun Meine Strafe und Meine Warnung.“
Koran 54:37
Die Aussage des Qur’âns, dass die Leute Lot von seinen Gästen abwendig zu machen suchten, und die Betonung Lots, dass die Gesandten seine Gäste sind (15:68), vor denen sie ihn nicht beschämen sollen, stellt ganz klar, worum es dem Volk geht: Es will Lot dazu bringen, seinen Gästen das Gastrecht zu entziehen, und es will ihm damit ‚Schande antun‘ (15:68) und ihn ‚in Schmach stürzen‘ (15:69). Damit tritt es ein in jener Zeit fundamentales Recht des Fremden – besonders in Gebieten mit unsicheren Wegen und feindseligen Gruppierungen – mit den Füßen und folgt blind nur seinen gegen Lot gerichteten Absichten. Ebenso verweist die Stelle (11:79) auf das Gastrecht. Aus diesem Grunde betont auch Muhammad Ali im Zusammenhang mit 15:69 dies:
„[…] Lot war ein Fremder unter den Sodomitern und, wie der Vers zeigt, war es ihm vom Volk verboten worden, Fremde als Gäste aufzunehmen oder ihnen Schutz zu geben.“
Muhammad Ali, The Holy Qur’ân, S.515
Unter dem Stichwort ‚Gastfreundschaft‘ führt Reclams Bibellexikon über das Gastrecht in der Zeit des Alten Testaments folgendes an:
[…] Der Reisende war in der Antike vielfach auf die G. [Gastfreundschaft] angewiesen, die ihm unentgeltlich Unterkunft und Verpflegung bot. Sie zu verweigern galt als Schande […], sie zu verletzen als Frevel […].
Reclams Bibellexikon, Seite 154 f.
Und die Bewohner der Stadt [ahlu`l-madîna] kamen frohlockend.
Koran 15:67
Offensichtlich, weil sie glauben, Lot selbst habe ihnen einen Anlass geliefert, ihre Absichten ihm gegenüber zu verwirklichen.
Er sprach: „Das sind meine Gäste; so tut mir nicht Schande an. Und fürchtet Allah und stürzt mich nicht in Schmach.“ Sie sprachen: „Haben wir dir nicht ein Verbot hinsichtlich anderer Menschen [wörtlich: der Welten, d.h. außerhalb der Stadt] auferlegt?“
Koran 15:68-70
Auch hier wird wieder deutlich, dass die Absicht der Leute in dem hier geschilderten Fall sich in erster Linie gegen Lot richtet, von denen dieser daher für sich Schmach und Schande befürchtet, und die Anwesenheit der Fremden in seinem Haus lediglich ein wohlfeiler Anlass dazu ist. Die Leute erinnern Lot daran, dass eine der Auflagen, unter denen ihm und seinen Anhängern der Aufenthalt in der Stadt zugestanden worden ist, darin bestehe, dass er zu anderen Menschen von außerhalb der Stadt keine Kontakte haben darf. Dadurch, dass Lot die Gesandten aufgenommen und ihnen das ihnen zustehende Gastrecht gewährt hat, hat er dagegen verstoßen und befürchtet Böses („Das ist ein schlimmer Tag“, 11:78, ein Tag, der schlimme Folgen haben wird). Aber auch angesichts seiner bedrängten Lage bleibt er rechtschaffen und verstößt nicht gegen ein in der damaligen Zeit für Reisende lebenswichtiges Grundrecht, das Gastrecht. Er kann und will sich nicht dem ungesetzlichen Verhalten der anderen anschließen, sondern hat den Gesandten mutig Schutz und Obdach gewährt, um sie vor den Leuten, denen das Gastrecht nichts bedeutet, die es mit Füßen treten und Reisende wohl auch ausrauben (29:29), zu schützen.
Er sprach: „Dies sind meine Töchter [nehmt sie als Garanten für mein und meiner Gäste Wohlverhalten], wenn ihr etwas tun wollt.“ Bei deinem Leben, in ihrer Trunkenheit irren sie hin und her.
Koran 15:71-72
Und sein Volk kam zornbebend zu ihm gelaufen; und schon zuvor hatten sie Böses verübt. Er sprach: „O mein Volk dies hier sind meine Töchter; sie sind reiner für euch. So fürchtet Allah und bringt nicht Schande über mich in Gegenwart meiner Gäste. Ist denn kein vernünftiger Mann unter euch?“ Sie antworteten: „Du weißt recht wohl, dass wir kein Anrecht auf deine Töchter haben, und du weißt auch, was wir wünschen.“
Koran 11:78-79
Zu diesen Versen sagt Muhammad Ali:
„Lot, so zeigt es sich in 1 Mose 19, 9 war in der Stadt ein Fremder: ‚Ist da einer als Fremdling hierhergekommen und will schon den Richter spielen‘, und da die Gesandten [ebenfalls] Fremde waren, wollten die Stadtbewohner ihm nicht erlauben, sie zu beherbergen. Lot bot seine Töchter als Geiseln an, damit es ihm erlaubt würde, seine Gäste bei sich zu behalten; denn nach (15:70) besaß er nicht die Genehmigung, irgendeinen Fremden in sein Haus kommen zu lassen: ‚Haben wir dir nicht ein Verbot hinsichtlich anderer Menschen auferlegt?‘, d. h. ihnen Schutz zu gewähren. Das kann von der ständigen Gefahr von Stammeskämpfen herrühren. […].“
Muhammad Ali, The Holy Qur’ân, Seite 453
Die Aussage, dass Lot auf seine Töchter verweist, verstehen viele Kommentatoren als Argument für ihre Vermutung, dass das Volk (die Männer und Frauen) die Gesandten zur Befriedigung ihrer sexuellen Absichten von Lot fordert. Sie gehen davon aus, dass die Gesandten Engel in der Gestalt von Männern sind. Manche sagen, dass sie junge Männer, andere, dass sie gutaussehende junge Männer seien (z. B. Yusuf Ali, The Holy Quran, Band 1, Seite 649 zu 15:67; ibn kathir, Band 2, Seite 451 zu 11:69-73, Seite 453 zu 11:77-79, Seite 554 zu 15:61-64; Muhammad Asad, Seite 327 zu 11:77, S. 389 zu 15:67). Diese Annahme ist frühestens bei dem jüdischen Schriftsteller Josephus (37 oder 38 – nach 100 n. Chr.) nachweisbar, der damit einer Tendenz folgt, die außerhalb der Schriften des Alten Testaments, des rabbinischen Schrifttums und damit außerhalb der vorherrschenden religiösen Tradition des Judentums liegt und deren Ursprung nicht bekannt ist. Sie hat sich über die christliche Tradition bis zu den Muslimen erhalten.
Der Qur’ân sagt nicht ausdrücklich, dass die Gesandten Engel sind. Doch schließen die klassischen Kommentatoren es aus dem Wort ‚Gesandte‘, das auch für Engel verwendet wird (s. Muhammad Asad, Seite 325). Und nur unter dieser Voraussetzung sind die Verse (51:32-34) verständlich. Über das Aussehen oder das Alter der Gesandten gibt es im Qur’ân keinen Hinweis. Jede dahingehende Äußerung lässt sich nicht aus ihm ableiten und ist reine Spekulation.
Es ist kaum vorstellbar, dass Lot seine Töchter den Leuten überantworten würde, damit sie sie missbrauchten (ebenso wenig wie man es sich in Bezug auf den Propheten Muhammad (S.) und seine Tochter oder einen der anderen Propheten vorstellen kann). Nach dem Wortlaut des Alten Testaments, das von ’seinen Schwiegersöhnen, die seine Töchter heiraten wollten‘ (1 Mose 19, 14) spricht, hat Lot sie diesen schon versprochen.
Ebenso ist die Annahme, dass das Volk die Gesandten für sexuelle Ausschweifungen fordert, nicht aus dem Wortlaut des Qur’âns zu belegen. Zudem ist es unverständlich, warum die Leute nicht auch die anderen Männer unter Lots Anhängern, zumal die jungen und gutaussehenden, oder gar Lot selbst begehren, wenn sie tatsächlich so hemmungslos auf gleichgeschlechtliche Befriedigung den Gesandten gegenüber versessen waren. Weiterhin bleibt unverständlich, welchen Grund ein Teil des Volkes, nämlich die Frauen (qaum = Volk, d.h. die Männer und Frauen des Volkes), gehabt haben soll, sich diesem Ansinnen anzuschließen; dem Wortlaut nach gehören sie zum Volk.
Lots Verweis auf seine Töchter wird damit erklärt, dass
Lot sie dem Volk zur Heirat anbietet, um die Leute von ihrem sexuellen Ansinnen gegenüber den Gästen abzuhalten
Lot damit bedeuten will, dass Frauen die für das Volk angemessenen Geschlechtspartner seien.
Die erste Annahme würde zu keinem befriedigendem Ergebnis führen, weil nur wenige Männer (entsprechend der Zahl der Töchter) eine Ehe eingehen könnten. Vor allem aber verweist die Antwort der Leute (11:79) diese Ansicht in den Bereich der Spekulation; sie sagen: „Du weißt doch, dass wir kein Recht [= mâ la-nâ fî banâti-ka min Haqq, nicht: sexuelles Interesse] auf deine Töchter haben, und du weißt auch, was wir wollen.“
Hans Wehr gibt für das Wort Haqq in Verbindung mit der Präposition fî auf Seite 276 die folgenden Bedeutungen an: „Recht, Anrecht, Anspruch, Rechtsanspruch (fî auf).“
Soweit Lots Töchter unverheiratet sind, haben die Leute grundsätzlich ein Recht darauf, sie zu ehelichen. Nur in dem Fall, dass diese bereits verheiratet sind, haben sie es nicht und gibt ihre Antwort einen Sinn. Doch muss wohl ausgeschlossen werden, dass Lot ihnen seine verheirateten oder verlobten Töchter zur Ehe anbietet, weil er damit gegen Gebote Gottes verstoßen würde und seiner Aufgabe, die Menschen auf den rechten Weg zu führen, nicht gerecht werden würde.
Wir wissen nichts Näheres über die sozialen Verhältnisse und die Auswirkungen des Gastrechts zur Zeit Lots. Doch könnte man aus den Versen schließen, dass die Leute nach ihrem Rechtsverständnis Lots Töchter nicht ehelichen konnten, weil Lot bei ihnen das Gastrecht in Anspruch nahm und er und seine Anhänger damit nicht die vollen Bürgerrechte besaßen, was gegebenenfalls einen solchen Kontrakt ausschließen würde, oder dass die Leute einer anderen Religionsgemeinschaft angehörten als die von Lot vertretene, was eine eheliche Verbindung unter Umständen ebenfalls nicht zulassen würde.
Einige Kommentatoren (Hinweise gibt es dazu bei Muhammad Asad, Seite 327 zu 11:78; Muhammad Ali, Seite 453, u. a.) beziehen den Ausdruck ‚Töchter‘ auf die Frauen im Volk, da Lot als Gesandter im übertragenen Sinne deren Vater sei. Auch dadurch wird die Antwort des Volkes nicht verständlicher: Denn die Männer in ihm haben ein Recht – sicherlich auch nach Ansicht Lots -, Frauen zu ehelichen. Muhammad Ali zu dieser Frage zu 11:77:
[…] Eine andere Ansicht ist, dass Lot seine Töchter zur Heirat anbot, da er dadurch kein Fremder mehr unter ihnen sein würde, sondern einer von ihnen. Einige Kommentatoren haben vorgeschlagen, dass Lot nicht auf seine eigenen Töchter verwies, sondern auf die Frauen des Stammes, weil ein Prophet von den Frauen seines Stammes als von seinen Töchtern sprechen würde (Rz [= at-tafsîrul-kabîr von fachrud-dîn râzî], JB [= jâmi’ul-bayân fî tafsîril-qur’ân von mu’înud-dîn ibn Sâfiyud-dîn]), und in diesem Falle nur auf die natürliche Beziehung von Mann und Frau verwiesen hätte. Die Antwort seines Volkes scheint sich jedoch auf seine Töchter zu beziehen.
Muhammad Ali, Seite 453 f.
Ganz generell spricht gegen die Annahme, dass das Volk gegenüber Lots Gästen sexuelle Absichten hege, der Wortlaut des Qur’âns, der eine solche Aussage nicht macht. Damit entfällt auch die zweite oben angeführte Annahme. Zudem ist die Antwort der Gesandten an Lot (11:81): „Sie sollen dich [= Lot] nicht erreichen [mit ihren bösen Absichten]“, d. h. das Volk verfolgt gegenüber Lot bestimmte Absichten, nicht aber gegenüber den Gesandten. Wenn Lot vertrieben wird, kann er als Folge allerdings das Gastrecht gegenüber seinen Besuchern nicht ausüben. Deshalb fühlt er sich ihretwegen besorgt und hilflos (11:77).
Die naheliegendste Erklärung auf Grund des Wortlautes des Qur’âns ist sicherlich, dass Lot versucht, sein Wohlverhalten und das seiner Gäste mit dieser Geste zu bekräftigen und das Recht der Fremden auf Gastfreundschaft zu betonen, und er dabei an die Einsicht vernünftiger Menschen appelliert (11:78). Außerdem betont er mit dem Hinweis auf seine Töchter die Gleichwertigkeit von Frauen und Männern auch als Garanten.
Denn, wenn die Leute sagen, dass sie auf die Töchter Lots keinen Rechtsanspruch haben, als Lot sie ihnen als Austausch für die Sicherheit seiner Gäste anbietet, bedeutet das auch, dass die Frauen in ihren Augen nicht rechtsfähig sind, nicht als Garanten akzeptiert werden können, Frauen bei ihnen rechtlos, wenigstens von minderem Rechtsstatus sind.
Mit anderen Worten: Dass das Volk die Töchter nicht als Garanten akzeptiert, kann von daher nur bedeuten, dass der Status der Frauen in dem sozialen Verbund der Stadt außergewöhnlich gering ist. Mit ihnen kann Lot daher ihrem Rechtsanspruch auf Garanten oder Geiseln nicht genügen. Für diese Deutung spricht auch, dass die Leute bei Verfolgung ihrer materiellen Bestrebungen (= ‚Begehren‘) sie unbeachtet lassen und diese Geschäfte nur von Männern abwickeln lassen, obwohl Gott sie für sie als Gefährten und Partner erschaffen hat (26:165-166).
Es ist auch eine andere Erklärung möglich: Lot ist nur unter eingeschränkten Rechten ein Aufenthalt in der Stadt zugestanden worden. So ist es ihm untersagt, Kontakt mit Fremden außerhalb der Stadt aufzunehmen (15:70). Für die Bewohner der Stadt bedeutet das offensichtlich, dass er Fremden gegenüber auch nicht das Gastrecht ausüben darf. Aus ihrer Sicht kann er daher seine Zuwiderhandlung nicht dadurch folgenlos für sich machen, dass er auf seine Töchter als Garanten verweist, und sie lehnen es ab, auf seinen Vorschlag einzugehen, weil sie unter diesem Aspekt keinen Rechtsanspruch auf sie für sich ableiten können und wollen.
Und sein Volk kam zu ihm gelaufen; und schon zuvor hatten sie böse Taten [sayyi’ât] verübt. Er sprach: „Mein Volk, dies sind meine Töchter; sie sind reiner für euch. So fürchtet Allah und bringt mich nicht hinsichtlich meiner Gäste in Schande. Ist denn kein vernünftiger Mann unter euch?“
Koran 11:78
Das Volk kommt – wie schon früher – in böser Absicht zu ihm. Um seinen Gästen das Gastrecht zu sichern, bietet er seine Töchter als Garanten für das Wohlverhalten seiner Gäste mit der Begründung an, sie seien reiner als das Vorhaben, das den Fremden zustehende Gastrecht zu verletzen.
Sie sprachen: „Du weißt doch, dass wir kein Recht [ Haqq] auf deine Töchter haben, und du weißt, was wir wollen.
Koran 11:79
Schon einmal haben sie ihm angedroht, ihn zu vertreiben, wenn er nicht von dem ablässt, was sie ihm untersagt haben.
Er sprach: „Hätte ich doch die Macht euch gegenüber, oder könnte ich mich nach einer starken Stütze wenden!“
Koran 11:80
Lot ist sich seiner gefährdeten Lage bewusst, als sein Versuch misslingt, die Leute zu besänftigen und die Einhaltung des Gastrechts für die Gesandten sicherzustellen. Selbst der Verweis auf seine Kinder, seine Töchter, und der Appell an vernünftige Männer im Volk führen zu nichts. In ihrer Blindheit wollen sie nicht auf Lots Angebot eingehen. Sie erinnern ihn daran, dass auch er wisse, was sie eigentlich von ihm wollen. Lot seinerseits weiß um seine schwache Position. Seine Äußerung: „Hätte ich doch die Macht euch gegenüber, oder könnte ich mich nach einer starken Stütze wenden!“ zeigt seine Hilflosigkeit ganz deutlich und führt den Leuten noch einmal vor Augen, dass er alleinsteht und daher der Auflage nachgekommen ist, von sich aus keine Kontakte zu Menschen außerhalb der Stadt aufzunehmen. Denn Unterstützung für sich und seine Mission kann er – wie die Situation sich darstellt – nicht in der Stadt finden, sondern nur außerhalb.
Und Wir ließen die Gläubigen, die dort waren, fortgehen. Allein, Wir fanden dort nur ein Haus von Muslimen. Und Wir hinterließen darin ein Zeichen für jene, die die qualvolle Strafe fürchten.
Koran 51:35-37
Lot und seine Anhänger, die Gläubigen bzw. Muslime, lebten in einem Haus zusammen. Vielleicht geschah es, weil die anderen sie dazu veranlassten und sie besser unter Kontrolle behalten wollten, sie gleichsam ghettoisieren wollten, vielleicht weil die Anhänger Lots selbst nur diesen Weg sahen, um einander besser zu beschützen und sich von dem Tun der anderen fernzuhalten. Und es zeigt, dass sie nur wenige Leute waren.
Sie sprachen: „Lot, wir sind Gesandte deines Herrn. Sie sollen dich nicht erreichen [mit ihren bösen Absichten]. So mache dich auf mit den Deinen [ahl] in einem Teil der Nacht, und niemand von euch wende sich um als deine Frau. Denn, was jene dort treffen wird, das wird sie [ebenfalls] treffen. Siehe, der Morgen ist ihre festgesetzte Frist. Ist der Morgen nicht nahe?“
Koran 11:81
Um Lot vor weiteren Bedrängnissen durch die Bewohner zu bewahren und ihn und die Seinen vor der Vernichtung zu retten, sollen sie die Stadt verlassen.
So mache dich auf mit den Deinen [ahl] in einem Teil der Nacht und folge ihnen [als letzter]. Und niemand von euch wende sich um, sondern geht, wohin euch geboten wird.
Koran 15:65
Die Vernichtung des Volkes
Und Wir verkündeten ihm diesen Ratschluss, dass die Wurzel jener abgeschnitten werden sollte am Morgen.
Koran 15:66
Und Lot war gewiss ein Gesandter, da Wir ihn und die Seinen [ahl] alle erretteten, bis auf eine alte Frau unter denen, die zurückblieben. Dann vernichteten Wir die anderen.
Koran 37:133-136
So erretteten Wir ihn und die Seinen [ahl] alle, bis auf eine alte Frau unter denen, die zurückblieben. Dann vernichteten Wir die anderen.
Koran 26:170-172
So erretteten Wir ihn und die Seinen [ahl] bis auf seine Frau; sie gehörte zu denen, die zurückblieben. Und Wir ließen einen gewaltigen Regen über sie niedergehen. Nun sieh, wie das Ende der Sünder war!
Koran 7:83-84
So erretteten Wir ihn und die Seinen [ahl] bis auf seine Frau; sie ließen Wir unter denen, die zurückblieben. Und Wir ließen Regen über sie niedergehen; und schlimm war der Regen den Gewarnten.
Koran 27:57-58
Alle Anhänger Lots folgen der Aufforderung, die Stadt zu verlassen. Nur seine Frau/eine alte Frau bleibt mit den anderen zurück. Die Erwähnung dieser Frau und die Tatsache, dass Frauen zu dem Volk gehören, zeigt zudem, dass der Grund für die Bestrafung des Volkes nicht in irgendwelchen homosexuellen Aktivitäten der Männer zu suchen ist, sondern in anderen Taten, denen sich diese Frau auch verbunden fühlt, so dass sie nicht mit Lot geht.
Das Volk Lots erklärte die Warnungen als Lüge. Da sandten Wir einen Sandsturm über sie außer über die Anhänger Lots [âl lûT], die Wir im Morgengrauen erretteten als eine Gnade von Uns. So belohnen Wir den, der dankbar ist. Und er hatte sie vor Unserer Strafe gewarnt, sie aber bezweifelten die Warnungen.
Koran 54:33-36
Als Unser Befehl eintraf, da kehrten Wir in dieser [Stadt] das Oberste zuunterst [ja’al-nâ ‚âliya-hâ sâfila-hâ] und ließen auf sie Steine aus Ton niederregnen Schicht auf Schicht. Gezeichnet [für sie] bei deinem Herrn. Und das ist nicht fern von den Frevlern [Zâlimîn].
Koran 11:82-83
Da erfasste sie der Schrei bei Sonnenaufgang. Und Wir kehrten das Oberste zuunterst [ja’al-nâ ‚âliya-hâ sâfila-hâ] und ließen auf sie Steine aus Ton niederregnen.
Koran 15:73-74
Und in der Morgenfrühe ereilte sie eine dauernde Strafe. „So kostet Meine Strafe und Meine Warnung.“
Koran 54:38-39
Und Wir haben davon ein klares Zeichen zurückgelassen für Leute, die verstehen.
Koran 29:35
Über die religiösen Verhältnisse in der Stadt wird wenig mitgeteilt. Jedoch zwei Verse im Anschluss an die Geschichte Lots in Sura 27 sind aufschlussreich:
Sprich [Muhammad]: „Aller Preis gebührt Allah, und Frieden sei über jenen seiner Diener, die Er auserwählt hat. Ist Allah besser oder die Götter, die sie [Ihm] an die Seite stellen? Wer hat denn Himmel und Erde erschaffen, und wer sendet Wasser für euch vom Himmel nieder, durch das Wir prachtvolle Gärten sprießen lassen? Ihr vermögt nicht, ihre Bäume sprießen zu lassen. Gibt es einen Gott neben Allah? Nein, sondern sie sind ein Volk, das [Ihm Götter] gleichsetzt [oder: das (vom rechten Weg) abweicht].“
27:59-60
Wenn man diese Verse in enger Verbindung zu der Geschichte Lots liest, weisen sie darauf hin, dass das Volk Götzendienst ausübte oder wenigstens von ihm im religiösen Leben stark beeinflusst war. Die Tatsache, dass der Qur’ân die Anhänger Lots als Gläubige und Muslime bezeichnet (51:35-36), nicht aber das übrige Volk, weist in die gleiche Richtung.
Lots Geschichte im Vergleich zu der anderer Gesandter
Die Zerstörung der Stadt, in der Lot eine Zeitlang lebte, war in der Menschheitsgeschichte kein einmaliges Geschehen und muss nicht die Folge irgendwelcher sexueller Missetaten gewesen sein wie andere Berichte im Qur’ân zeigen. Andere Städte und Völker wurden nach dem Qur’ân ebenfalls und aus anderen Gründen vernichtet und die Propheten und ihre Anhänger zuvor gerettet. In der 7. Sura, in der auch über Lot und sein Volk berichtet wird, heißt es z. B. über
Noah und sein Volk (7:64): Doch sie leugneten ihn, dann erretteten Wir ihn und die bei ihm waren in der Arche, und ließen jene ertrinken, die Unsere Zeichen verwarfen. Sie waren gewiss ein blindes Volk.
hûd und das Volk ‚âd (7:72): Sodann erretteten Wir ihn und die mit ihm waren durch Unsere Barmherzigkeit, und Wir schnitten den letzten Zweig derer ab, die Unsere Zeichen leugneten und nicht Gläubige waren.
SâliH und das Volk thamûd (7:76-78): Da sprachen die Hoffärtigen: „Wir glauben nicht an das, woran ihr glaubt.“ Dann erfasste sie das Erdbeben, und am Morgen lagen sie in ihren Wohnungen auf dem Boden hingestreckt.
schu’aib in madyân (7:91-92): Dann erfasste sie das Erdbeben, und am Morgen lagen sie in ihren Wohnungen hingestreckt. Jene, die schu’aib der Lüge beschuldigt hatten, wurden, als hätten sie nie darin gewohnt – sie waren die Verlorenen.
Dann heißt es über diese Städte:
Nie sandten Wir einen Propheten in eine Stadt, ohne dass Wir ihre Bewohner mit Not und Drangsal heimsuchten, auf dass sie sich demütigen mögen. Darauf verwandelten Wir den üblen Zustand in einen guten, bis sie anwuchsen und sprachen: „Auch unsere Väter erfuhren Leid und Freude.“ Dann erfassten Wir sie unversehens, ohne dass sie es merkten. Hätte aber das Volk der Städte geglaubt und wären sie rechtschaffen gewesen, so hätten Wir ihnen ganz gewiss vom Himmel und von der Erde Segnungen eröffnet. Doch sie bezeichneten [die Gesandten] als Lügner; so erfassten Wir sie um dessentwillen, was sie sich erwarben. Sind die Bewohner der Städte sicher, dass Unsere Strafe nicht über sie kommt zur Nachtzeit, während sie schlafen? Oder sind die Bewohner der Städte sicher, dass Unsere Strafe nicht über sie kommt zur Mittagszeit, während sie beim Spiel sind?
Koran 7:94-98
Dies sind die Städte, deren Kunde Wir dir gegeben haben. Ihre Gesandten waren zu ihnen gekommen mit deutlichen Zeichen. Allein sie mochten nicht an das glauben, was sie zuvor als Lüge bezeichnet hatten. Also versiegelte Allah die Herzen der Ungläubigen. Und bei den meisten von ihnen fanden Wir kein Worthalten, sondern fanden die meisten von ihnen als Frevler [fâsiqîn].
Koran 7:101-102
Ähnliches finden wir in der 11. Sura. Abschließend heißt:
Das ist von der Kunde der [bestraften] Städte, die Wir dir erzählen. Manche von ihnen stehen noch aufrecht da, und [manche] sind niedergemäht worden. Nicht Wir taten ihnen Unrecht, sondern sie taten sich selber Unrecht an; und ihre Götter, die sie statt/neben Allah anriefen, nützten ihnen ganz und gar nichts, als deines Herrn Befehl eintraf; sie mehrten nur ihr Verderben. Also ist der Griff deines Herrn, wenn Er die Städte erfasst, weil sie freveln [Zâlima]. Wahrlich, Sein Griff ist schmerzhaft und streng.
Koran 11:100-102
Zusammenfassung
Eine Reihe von Fragen, die der Bericht des Qur’ân aufwirft, müssen unbeantwortet bleiben. Es ist u.a. nicht klar,
warum Lot sich von Abraham trennt und gerade in diese Stadt geht,
warum er der ‚Bruder‘ (26:161) seines Volkes genannt wird, obwohl er ein Fremder unter ihnen ist
was mit ihm und seinen Anhängern nach der Vernichtung der Stadt und ihrer Bewohner geschieht.
Das Volk bzw. die Leute, bei denen Lot und seine wenigen Anhänger leben, sind die Bewohner einer Stadt, die im Qur’ân ungenannt bleibt und unter der man sich eine Art Stadtstaat mit einer Ratsversammlung vorzustellen hat. Der religiöse Hintergrund dieser Menschen wird aus den Aussagen Lots nicht deutlich. Lots Betonung, dass er für sich keinen Lohn – außer bei Allah – erwarte, lässt die Annahme zu, dass er dort bezahlte, für den sakralen Bereich zuständige Leute vorfindet. Darüber hinaus weisen die Verse im Anschluss an seine Geschichte auf eine Form des Götzendienstes.
Im Unterschied zum Alten Testament, das nur von den Männern spricht, verwendet der Qur’ân zur Bezeichnung von Lots Volk das Wort qaum, das im Zusammenhang mit Propheten jeweils die Männer und Frauen eines Volkes umfasst. Damit wird einer einseitig homosexuellen Interpretation der Geschichte von Lot weiterer Boden zu entzogen (es hat aber nicht verhindern können, dass Muslime sich des alten Interpretationsmusters bedienten). Auch wird dadurch der eigentliche Grund für Lots Verweis auf seine Töchter deutlicher hervorgehoben: Er bietet sie als gleichwertige Garanten für seine Gäste an.
Lot erklärt sich den Leuten als zuverlässigen Gesandten Gottes und ruft sie zur taqwa, Gottesfurcht, Rechtschaffenheit, auf und zum Gehorsam sich gegenüber. Er wendet sich gegen etwas Abstoßendes, das vor diesen Leuten noch niemand begangen habe, und er tadelt, dass sie alle bei einem ‚Begehren‘ zu den Männern kommen, nicht jedoch zu den Frauen. Außerdem sollen sie Vorüberziehende, d.h. Reisende überfallen und ausrauben, statt ihnen das Gastrecht zu gewähren. Verwerfliches begehen sie auch in ihren Versammlungen, indem sie dort Aktionen beschließen, die den damals akzeptierten Grundrechten zuwiderlaufen. Sie sind ein unwissendes, übertretendes, jedes Maß überschreitendes und Unheil anrichtendes Volk.
Lot wird von den Stadtbewohnern zum Lügner erklärt, was seine Mission betrifft. Er und seine Anhänger werden als ‚Leute, die sich reinhalten‘ wollen, bezeichnet. Das ist sicherlich spöttisch gemeint, gibt andererseits wohl auch das Selbstverständnis von Lot und den Seinen – den Muslimen bzw. Gläubigen – wieder und verdeutlicht, dass sie sich von den anderen in bestimmten Bereichen fernhalten.
Die Bewohner der Stadt bilden offenbar eine Gemeinschaft, die nicht tolerieren kann, dass es Widerstand gegen bestimmte Aspekte ihrer Lebensform gibt, so dass Lot mit seinen Anhängern nur die Möglichkeit bleibt, in einem Haus zusammenzuleben, wenn sie sich davon fernhalten wollen. Zur Aufrechterhaltung ihrer besonderen sozialen und/oder kultischen Verhältnisse beschuldigen die Leute Lot der Lüge.
Lots Wirken offenbart die unduldsame Haltung der Bevölkerung und führt dazu, dass die Leute einander anstacheln, ihn aus der Stadt zu vertreiben. Niemand will zunächst dafür die Verantwortung übernehmen, da der Anlass anscheinend nicht ausreichend für eine solche Maßnahme ist. Doch wird ihm – wohl um für die Zukunft nicht ohne formale Handhabe ihm gegenüber zu sein – jede weitere Aktivität unter Androhung der Vertreibung untersagt. Außerdem darf er keinen Kontakt zu Außenstehenden aufnehmen. Damit soll offensichtlich verhindert werden, dass er Unterstützung und Schutz außerhalb der Stadt sucht. Als Folge dieser Maßnahmen macht sich jeder Fremde verdächtig, der sich an ihn wendet oder gar als Gast zu ihm kommt. Diese Situation legt Lot äußerste Umsicht und Vorsicht im Umgang mit Fremden auf; denn jeder Besucher kann seine Lage unhaltbar machen.
Er befindet sich in einer schier ausweglosen Lage: Verhält er sich ruhig entsprechend den Auflagen der Stadt, so wird er seiner Aufgabe als Gesandter Gottes nicht gerecht, die Menschen zum rechten Weg aufzurufen. Setzt er hingegen seine Arbeit offen fort, so gefährdet er seine Sicherheit und die seiner Anhänger; und wird er infolgedessen vertrieben, so kann er ebenfalls seine Aufgabe bei diesen Menschen nicht mehr erfüllen. Unter diesen schwierigen Gegebenheiten kommen die Gesandten zu ihm. Er kann und will ihnen das ihnen zustehende Gastrecht nicht vorenthalten und nimmt sie auf. Ihm sind die Folgen bewusst, sagt dies auch seinen Gästen und erklärt ihnen seine Hilflosigkeit in dieser gefährdeten Lage.
Froh über diesen ‚Verstoß‘ gegen ihre Auflagen kommen die Bewohner der Stadt zu ihm geeilt und wollen ihre Absichten ihm gegenüber verwirklichen. Zunächst suchen sie ihn zu veranlassen, sich von seinen Gästen abzuwenden und ihnen das Gastrecht zu entziehen, und wollen ihn auf diese Weise bloßstellen und in Schande stürzen. Denn gibt Lot nach, so setzt er sich vor seinen Gästen ins Unrecht, straft vor allen Leuten seinen Anspruch Lügen, ein zuverlässiger, vertrauenswürdiger Gesandter zu sein, und bestätigt damit den Vorwurf, ein Lügner gegenüber seiner Mission zu sein. Weigert er sich, muss er mit den angekündigten Gegenmaßnahmen rechnen. In dieser ausweglosen Situation versucht er, die Leute zum Einlenken zu bewegen, zumindestens die vernünftigen unter ihnen, verweist auf seine Töchter und bietet sie als Garanten für sein und seiner Gäste Wohlverhalten an. Doch die Leute sind blind und trunken angesichts dieser günstigen Gelegenheit, sich seiner zu entledigen. Sie sehen nur die formalen Aspekte von Lots Verstoß, nicht aber die Unrechtmäßigkeit ihres eigenen Verhaltens. Sie lehnen folglich seinen Vorschlag ab und verweisen darauf, dass sie keinen Anlass sehen, aus seinem Verstoß gegen ihr Verbot ein Recht auf seine Töchter abzuleiten.
Die Gesandten hingegen versichern Lot, dass die Bewohner der Stadt ihn mit ihren Absichten nicht erreichen werden, sondern er sich zuvor von sich aus mit den Seinen aus der Stadt entfernen soll. Dann wird sie mit allen verbliebenen Bewohnern vernichtet.
Die Verse über Lot und sein Volk und der Sodom-Mythos
Unter dem Sodom-Mythos wird hier die unter Christen und Muslimen gängige Vermutung verstanden, dass Lot bei einem Volk lebte, in dem die Männer durchweg homosexuell gewesen seien, eine Annahme, die unter Berücksichtigung von Evolution und Biologie absurd ist. Diese Situation könnte daher nur durch ein „Wunder“ entstanden sein, ein Begriff, den der Qur’ân nicht kennt. Und ein „Wunder“ könnte ja nur von Allah veranlasst worden sein, und damit wären die Männer für ihr Verhalten nicht verantwortlich.
Wie ist es möglich, dass – wie die Sodom-Mythos-Anhänger annehmen – der männliche Teil der Bevölkerung homosexuell gewesen sei? Homosexualität ist nach allem, was wir wissen, keine Krankheit, die vielleicht durch Viren, Pilze, Bakterien oder andere Erreger übertragen werden könnte. Die Antwort darauf ist für Muslime, die der traditionellen Interpretation folgen, besonders schwierig: Sie gehen gemäß ihrer Qur’ân-Interpretationen davon aus, dass es zuvor keine Homosexualität gegeben habe. Wie entstand diese Homosexualität? Über veränderte Erbeigenschaften bei einem Individuum, vielleicht sogar dominante? Es würde selbst dann eine Unzahl Generationen dauern, bis sie sich durchgesetzt hätte, zumal zudem homosexuelle Männer andere Männer als Geschlechtspartner vorziehen, so dass eine Weitergabe dieser Eigenschaft sehr spärlich sein würde. Und woher kamen die Frauen, von denen der Qur’ân spricht? Und wie konnte die Bevölkerung eine Stadt füllen – sie müsste eigentlich allmählich ausgestorben sein? Und Homosexualität müsste zudem mit der Vernichtung dieser Stadt beendet sein.
Über die Lage oder Überreste der Stadt Sodom gibt es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Im Archäologisches Bibel-Lexikon heißt es dazu:
Die Versuche S. [= Sodom] zu lokalisieren, blieben bislang ohne Erfolg. Es wurde am Süd- oder Nordende des Toten Meeres vermutet und sogar auf seinem Boden. Der Name „S.“ hat sich in dem arabischen Gebel Usdum, einem Bergrücken aus Salz nahe dem Südwestufer des Toten Meeres erhalten.
Archäologisches Bibel-Lexikon, Hrsg. Avraham Negev, S. 412
Mit anderen Worten: Wir wissen nichts über die Stadt, und da selbst ihre Lage unbekannt ist, gibt es auch keine Schrift- oder sonstigen Funde, die über das soziale Leben Auskunft geben könnten. Was über sie und ihre Bewohner später erzählt wurde, ist damit nichts als bloße Spekulation. Die älteste Bezugnahme auf Lot und seine Stadt ist im Alten Testament der Bibel zu finden. Im Neuen Testament spricht Jesus nur von der fehlenden Rücksichtnahme auf das Gastrecht dort (Matthäus 10,11–15, Matthäus 11,23–24, Lukas 10,10–12).
Die Vorstellung, dass die Bevölkerung in Lots Stadt homosexuelle Wünsche an Lots Besucher richtete, erwies sich als eine sehr phantasievolle, aber falsche Interpretation eines einzigen Wortes in nur einem Vers im 1. Buch Mose (1 Mose 19, 5, = Gen. xix. 5, siehe Derrick Sherwin Bailey, Homosexuality and Western Christian Tradition, 1955, auf Seite 1-8). Bailey (1910 – 1984) war ein Anglikanischer Theologe mit überzeugenden und klaren linguistischen und kontextuellen Argumenten. Er erwähnt auch, dass alle Bezugnahmen auf Lots Stadt in den anderen Büchern des Alten Testaments nie von einem sexuellen Fehlverhalten der Menschen in Lots Stadt sprechen. In der englisch-sprachigen Wikipedia heißt es u.a. über Bailey:
… Anerkannt als führender Experte der Kirche für Sexualethik, … halfen Baileys Schriften der Church of England, auf die theologische Frage der Homosexualität, auf die Homosexuellen selbst sowie auf die Gesetze Englands zu reagieren. Diese Periode von 1954 bis 1955 im Moral Welfare Council lieferte wichtige konzeptionelle Leitlinien für spätere Diskussionen über Homosexualität, nicht nur in der Church of England, sondern im gesamten Christentum.
Wikipedia
Zu diesem Vers sagt Bailey:
Der Vers, der bisher oft als Hinweis auf homosexuelles Ansinnen verstanden wurde, ist 1 Mose, 5: 5 Sie riefen Lot und sagten: ‚Wo sind die Männer, die heute abend zu dir gekommen sind? Bringe sie zu uns heraus, damit wir sie erkennen!‘
Die herkömmliche Auffassung von der Sünde Sodoms […] rührt von der Tatsache her, dass das Wort, das hier mit ‚erkennen‘ (yâdha‘) übersetzt ist, ‚geschlechtlich verkehren‘ bedeuten kann. Ist das in diesem Passus gemeint?
Das [hebräische] Verb yâdha‘ kommt sehr häufig im Alten Testament vor [in der Fußnote: Nach F. Brown, S. R. Driver und C. A. Briggs, A Hebrew and English Lexikon of the Old Testament (Oxford, 1952), 943 mal], doch mit Ausnahme dieses Textes und seiner unzweifelhaften Ableitung in Richter 19,22 wird es nur zehnmal (ohne Einschränkung) gebraucht, um Geschlechtsverkehr zu bezeichnen [in der Fußnote: 1 Mose 4, 1, 17, 25; 19, 8; 24, 16; 38, 26; Richter 11, 39; 19, 25; 1 Samuel 1, 19; 1 Könige 1, 4.]. In Verbindung mit mishkâbh, das in diesem Zusammenhang den Vorgang des Liegens bezeichnet, kommt yâdha‘ an fünf weiteren Stellen vor [in der Fußnote: 4 Mose 31, 17, 18, 35; Richter 21, 11 […], 12 […] ]. Auf der anderen Seite findet man shâkhabh (von dem mishkâbh herkommt) etwa fünfzigmal in der Bedeutung ‚liegen‘ im geschlechtlichen Sinne. Während yâdha‘ sich immer auf heterosexuellen Geschlechtsverkehr bezieht (wenn man zunächst die kontroversen Stellen 1 Mose 19, 5 und Richter 19, 22 außer Betracht lässt), wird shâkhabh überdies sowohl für homosexuellen Geschlechtsverkehr als auch den mit Tieren verwendet zusätzlich zu dem zwischen Mann und Frau.
So findet man yâdha‘ also nur ausnahmsweise im geschlechtlichen Sinne gebraucht […]. Linguistische Betrachtungen allein unterstützen daher [… die Ansicht], dass es hier nichts weiter als ‘kennenlernen’ bedeuten kann. Warum wurde dann aber eine anscheinend vernünftige Forderung auf so heftige Art und Weise vorgebracht? Was für eine Schlechtigkeit war es, die Lot erwartete und von der er die Sodomiter abbringen wollte? […] Unsere Unkenntnis der lokalen Gegebenheiten und sozialen Verhältnisse lässt uns keine andere Möglichkeit als die Motive zu erraten, die dem Verhalten der Sodomiter zugrunde liegen; da aber yâdha‘ meistens ‘kennenlernen’ bedeutet, kann die Forderung, die Besucher, die Lot bewirtete, ‘zu erkennen’, gut einen ernsthaften Bruch der Regeln des Gastrechts [wörtlich: hospitality = Gastfreundschaft] eingeschlossen haben. […]
Derrick Sherwin Bailey, Homosexuality and the Western Christian Tradition, S. 2
Spricht der Text des Qur’âns für oder gegen den Sodom-Mythos?
In keinem Vers über Lot und sein Volk wird gesagt, dass das sexuelle Interesse der Männer im Volk homosexuell ist oder sich auf Lots Gäste richtet. Jedoch ergänzen die muslimischen Anhänger des Sodom-Mythos beim Lesen einiger Verse des Qur’âns diese entsprechende Vorstellungen ziemlich willkürlich. Im Gegenteil, an allen vier Stellen, in denen Lot sein Volk tadelt, stehen als Einleitung zum Zitat von Lot dieselben Worten: „und (gedenke) Lots, als er zu seinem Volk (allen Männern und Frauen) sprach“,
“wa lûTan id qâla li-qaumi-hi” (و لوطا اذ قال لقومه)
„und (gedenke) Lots, als er zu seinem Volk (allen Männern und Frauen) sprach“,
In mehreren Koranversen
Es wird in diesem Vers unübersehbar gesagt, dass Lot zu „seinem Volk“ sprach, den Männern und Frauen unter ihnen. Somit werden beide Gruppen mit denselben Worten Lots getadelt werden. Welchen Sinn macht der Vorwurf, dass die Frauen zu den Männern kommen und nicht zu den Frauen? Sollen sie statt zu den Männern zu den Frauen kommen? Hieraus wird deutlich, dass hier kein sexuelles Verhalten gemeint sein kann. Denn das wichtigste Prinzip bei der Interpretation des Qur’âns ist, dass die Bedeutung aus dem Qur’ân heraus gesucht werden sollte und niemals eine Passage so interpretiert werden sollte, dass sie im Widerspruch zu anderen steht.
Der Einfluss der mawâlî (konvertierte Christen und Juden) auf die Muslime
In der Literatur finden wir einige eindrucksvolle Beschreibungen über deren zahlreichen Aktivitäten in der Frühzeit der muslimischen Geschichte.
„Die Clienten [= mawâlî] verstanden es in der That, die Araber zu überholen, denn sie waren die ersten, welche die gelehrten Studien pflegten und sich hiedurch ein immer zunehmendes Ansehen errangen. Sie aktivirten mit besonderer Vorliebe die theologischen und juridischen Studien und vermittelten den Import fremder Ideen in den Islam. So kam durch jüdische Proselyten die so sehr an den Talmud erinnernde Gewohnheit des Commentirens des heiligen Buches, die Vorliebe für die Tradition und deren Sammlung, der spitzfindige in Kleinigkeiten so gerne sich breit machende und wichtig thuende Ton der Schulmeisterei in die arabische Literatur.“
Alfred von Kremer, Kulturgeschichte des Orients, Band 2, Seite 158 f.
„Seit langem ist bekannt, wie kräftig die Entwicklung hebräischer Philologie unter den Juden im Mittelalter durch das Vorbild arabischer Grammatiker stimuliert wurde, und wie tief die muslimische Theologie und Philosophie das jüdische Denken jener Periode beeinflußte. Dass der Prozeß, der weit davon entfernt war, einseitig zu sein, wechselseitig war, dass der Mohammedanismus vom Judentum wenigstens ebenso viel erhielt wie er ihm gab – und wir sprechen hier nicht vom biblischen Judentum, sondern in erster Linie von seiner rabbinischen Erweiterung jenes unermeßlichen Überbaus von Gesetz und Legende, der auf den hebräischen Schriften beruhte, der in der Literatur des Talmud [religionsgesetzliches Sammelwerk] und Midrasch [erbauliche Auslegungen alttest. Bücher durch jüdische Schriftgelehrte vom 2. bis 6. Jh. n. Chr.] eingeschlossen ist. […] Einiges wenigstens hat eine deutliche christliche Färbung und muß in den Gesichtskreis der Muslime durch die Schriften des Klerus der Syrischen Kirche gekommen sein, der es seinerseits von den Juden übernahm. Es bleibt jedoch genug, das man nur als das Ergebnis persönlichen Kontakts mit Juden erklären kann, von denen es während des neunten und zehnten Jahrhunderts der üblichen Zeitrechnung, dem goldenen Zeitalter der arabischen Kultur, eine breite, fest gegründete und gut informierte arabisch sprechende Gemeinschaft im Zentrum der mohammedanische Zivilisation gab, nämlich im Irak und insbesondere in seiner Hauptstadt, dem Sitz des Kalifats Bagdad, wo man leicht von den maßgeblichen Vertretern und Interpreten des Judentums die erforderlichen Informationen über seine Überlieferungen erhalten konnte. […] Die mohammedanischen Legenden über biblische Gestalten können daher nicht als das Resultat eines unabhängigen Studiums des Alten Testaments seitens der Muslime entstanden sein, sondern sie müssen körperlich von rabbinischer Überlieferung übernommen worden sein. Dass die Autorität der Juden im Hinblick auf diese Überlieferungen den Muslimen uneingeschränkt akzeptabel war, wird ausdrücklich in fast allen Werken mohammedanischen Hadîths festgestellt, und dass jüdische Gelehrte zu diesem Zweck konsultiert wurden, wird durch Tabari und andere bezeugt. […].“
Samuel Rosenblatt, Rabbinic Legends in Hadîth, The Moslem World 35 (1945), Seite 237-252, auf Seite 251-252
[…] Von Anfang an waren Juden, die in den Schriften bewandert waren (‚Habr‘ [Pl. ‚aHbâr‘] = hebräisch ‚Haber‘), von großer Bedeutung, für solche Details zu sorgen; […].
Diese aHbâr nehmen eine wichtige Position auch als Quelle für Informationen in Bezug auf den Islam ein. Es soll hier genügen, auf die vielen Lehren in den ersten beiden Jahrhunderten hinzuweisen, die unter den Namen ka’b al-aHbâr (st. 654) und WAHB IBN MUNABBIH (st. circa 731) aufgezeichnet sind. An erster Stelle verdankt der Islam diesen Quellen seine Ausarbeitung biblischer Legenden; viele dieser Ausarbeitungen sind in den kanonischen Hadîth-Werken enthalten. […]
Der Islam entlieh im Laufe seiner Entwicklung auch eine große Zahl gesetzlicher Vorschriften aus der jüdischen Halacha [religionsgesetzliche Vorschriften für Lebenswandel, Kultus und Ritus]. Die Bedeutung, die der ’niyya‘ (= ‚intentio‘) beigelegt wird bei der Ausübung der gesetzlichen Vorschriften, ruft auf den ersten Blick die Erinnerung an die rabbinische Lehre über ‚kawwanah‘ wach, auch wenn nicht alle Einzelheiten übereinstimmen. Die mohammedanischen Vorschriften, die das Schlachten betreffen, jene, die sich auf die persönlichen Qualifikationen des ‚Sohet‘ (arabisch: ‚DâbiH‘) beziehen, ebenso wie jene in Bezug auf die Einzelheiten des Schlachtens, zeigen klar den Einfluß der jüdischen Halacha, wie ein Blick in Gesetzbücher selbst beweist […]
The Jewish Encyclopedia, Band VI, Seite 656, unter dem Stichwort ‚Islam‘
[…] Die isrâ’îliyyât, d.h. Traditionen, in denen jüdischer Einfluß erkennbar ist. Der allgemeine orthodoxe Standpunkt ist, so lange wie die isnâde als gesund erklärt werden, dass Muhammad diese Äußerungen getan haben muss. Stets wird an diesem Punkt die Toleranz des Islams gegenüber den anderen monotheistischen Religionen betont. Andererseits haben Gelehrte, die den Hadîth einer erneuten Kritik unterziehen wollen, darauf hingewiesen, dass die zwei wichtigsten Übermittler von isrâ’îliyyât, ka’b al-aHbâr und wahb b. munabbih, auf subversive Weise versuchten, den Islam zu unterminieren, indem sie jüdische Elemente in seine Glaubensanschauungen einführten.“
G.H.A. Juynboll, The Authenticity of the Tradition Literature, Discussions in Modern Egypt, Seite 14
[…]
Die Verse über Lot und sein Volk ohne Berücksichtigung des Sodom-Mythos
Der Sodom-Mythos ist nichts weiter als eine Art Fabel, phantasievolle Erfindung, auf die sich die Generation der mawâlî als ehemalige Christen und Juden stützte. Diese Worte sind eine zu schwache Basis als Argument in einer Interpretation. So können wir uns nur an die Worte des Qur’âns halten. Die mawâlî, frühere Christen und Juden, die viele Jahrhunderte nach Lot lebten, bildeten sehr schnell die Mehrheit unter den frühen Muslimen. Sie wussten von den Zuständen in Lots Stadt genau so wenig, wie wir heute, da alle historischen Belege darüber fehlen.
Ein weiterer Hinweis, dass die Geschichte von Lot und seinem Volk nicht von Homosexualität handelt, sind die Worte im Qur’ân:
Und (gedenke) Lots, da er zu seinem Volk [qaum] (, den Männern und Frauen), sprach: Wollt ihr etwas Abstoßendes [al-fâHischa] begehen, worin keiner in aller Welt euch vorangegangen ist. Ihr kommt zu den Männern und zerschneidet den Weg? Und in euren Versammlungen begeht ihr Verwerfliches [al-munkar]?
Koran 29:28
Generell nimmt man die Lebenszeit Abrahams – und damit Lots – zwischen 2000 v. Chr. und dem 14./15. Jahrhundert vor Chr. an. Wir haben historische Beweise, Texte, über Menschen vor Lot, die homosexuelle Beziehungen miteinander hatten (Encyclopedia of Homosexuality, Stichwort “Egypt, Ancient”). Auch diese Offenbarung Allahs spricht vor dem Hintergrund der historischen Belege gegen eine sexuelle Deutung.
Worum geht es im Tadel von Lot seinem Volk gegenüber?
Das Abstoßende, das Lot bei dem Verhalten der Männer und Frauen rügt, ist ein historisches Faktum, das es bei anderen Menschen vor Lots Volk noch nicht gab. Es ist ein historisch erstmaliges, sozial einzustufendes Phänomen, das nichts mit sexuellem Verhalten zu tun hat, sondern mit der Rechtlosigkeit und der untergeordneten Rolle der Frauen, die von allen Männern und Frauen als gegeben akzeptiert wird, so dass von beiden Gruppen nur Männer bei wichtigen Angelegenheiten (schahwa) konsultiert werden.
So bot Lot seine Töchter dem Volk an als Garanten für das Wohlverhalten seiner Gäste. Aber das Volk (die Männer und Frauen) wies sie zurück mit den Worten, dass es keinen Haqq (حق = Recht, Anspruch) auf sie hätte (11:79), sie sagen nicht: Kein sexuelles Begehren/Verlangen. Das bedeutet, dass es hier um eine Frage von rechtlicher Bedeutung geht, nicht um sexuelle Wünsche. Lot zeigte durch sein Angebot, dass Frauen den Männern gleichwertig sind, sogar in dieser speziellen Situation.
26:58 Und die, welche keinen anderen Gott außer Allah anrufen und niemanden töten, dessen Leben Allah unverletzlich gemacht hat – es sei denn, (sie töten) dem Recht nach -, und keine Unzucht begehen: und wer das aber tut, der soll dafür zu büßen haben.
24:2 Bestraft die Unzüchtige und den Unzüchtigen gegebenenfalls jeweils mit hundert Hieben; und lasst euch angesichts dieser Vorschrift Allahs nicht von Mitleid mit den beiden ergreifen, wenn ihr an Allah und an den Jüngsten Tag glaubt. Und eine Anzahl der Gläubigen soll ihrer Pein beiwohnen.
24.3. Ein Unzüchtiger darf nur eine Unzüchtige oder eine Götzendienerin heiraten, und eine Unzüchtige darf nur einen Unzüchtigen oder einen Götzendiener heiraten; den Gläubigen aber ist das verwehrt.
17:32 Und kommt der Unzucht nicht nahe; seht, das ist eine Schändlichkeit und ein übler Weg.
24:30 Sprich zu den gläubigen Männern, dass sie ihre Blicke zu Boden schlagen und ihre Keuschheit wahren sollen. Das ist reiner für sie. Wahrlich, Allah ist dessen, was sie tun, recht wohl kundig.
4:15 Und wenn einige eurer Frauen eine Hurerei begehen, dann ruft vier von euch als Zeugen gegen sie auf; bezeugen sie es, dann schließt sie in die Häuser ein, bis der Tod sie ereilt oder Allah ihnen einen Ausweg gibt.
4:16 Und wenn zwei von euch (Männern) es begehen, dann fügt ihnen Übel zu. Wenn sie (aber) umkehren und sich bessern, dann lasst ab von ihnen; denn Allah ist Gnädig und Barmherzig.
5:5 Und ehrbare gläubige Frauen und ehrbare Frauen unter den Leuten, denen vor euch die Schrift gegeben wurde, wenn ihr ihnen die Brautgabe gebt, und nur für eine Ehe und nicht für Unzucht und heimliche Liebschaften. Und wer den Glauben verleugnet, dessen Tat ist ohne Zweifel zunichte geworden; und im Jenseits wird er unter den Verlierern sein.
Einer der am meisten missbrauchten Begriffe des Koran ist der Ausdruck „Ma Malakat Aymanukum“, was wortwörtlich übersetzt „Was eure rechte Hand besitzt“ bedeutet. Viele traditionelle Muslime haben dies missbraucht. Sie folgten dabei korrupten Gelehrten, die eigene Gesetze fabriziert hatten, die keinerlei Basis im wahren Islam (Unterwerfung) haben und im Widerspruch zu den göttlichen Gesetzen des Koran stehen.
Wenn wir die Verse, die sich mit „Ma Malakat Aymunukum“ (MMA) befassen, so können wir eine Antwort in dieser heiklen Angelegenheit erhalten.
Wir erhalten über unsere Internetseite submission.org häufig Anfragen, bezüglich MMA und ob es statthaft sei, mit ihnen sexuelle Beziehungen einzugehen oder nicht. Andere Besucher sprechen davon, dass solche sexuellen Verbindungen ihr Recht seien. Dieser Artikel wird sich mit dieser Fragestellung unter Bezugnahme auf den Koran befassen. Er wird definieren, was mit MMA gemeint ist, die Beziehungsart zu ihnen und wer für sie verantwortlich ist erläutern.
MMA umfasst fünf Kategorien von Menschen. Dabei kann es sich um Männer, Frauen, Jungen oder Mädchen handeln. Dieser Ausdruck hat je nach Kontext der entsprechenden Verse unterschiedliche Bedeutungen, obwohl allesamt unter die gleiche Rubrik fallen: Personen, die von einem in Bezug auf Lebensunterhalt, Sicherheit und Wohlbefinden abhängig sind. Der Koran lehrt zweifelsohne, dass MMA Teil unserer Familien sind und mit Respekt behandelt werden sollen und sie nicht ihrer Rechte als Menschen beraubt werden dürfen. Lediglich in zwei der fünf Bedeutungsebenen von MMA ist es erlaubt mit diesen sexuelle Bindungen einzugehen, jedoch erst, nachdem der Bund der Ehe geschlossen wurde. Unter keinerlei Umständen gestattet Gott im Koran sexuelle Beziehungen zu MMA, so lange es sich dabei nicht um eine eheliche Verbindung handelt. Selbst im Krieg fallen alle gefangenen Frauen (und Männer) unter den Schutz von MMA und können nicht als Sexobjekte betrachtet werden. Sie sollten mit Respekt behandelt werden, es sollte um ihre Hand angehalten werden und sie sollen ihre rechtmäßige Mitgift erhalten. Vergewaltigung von Frauen ist in Kriegszeiten ebenso ein Verbrechen, wie es dies in Friedenszeiten ist. Gerechtigkeit ist ein fest gefügter moralischer Wert, der am besten mit den Worten Gottes im Koran umgesetzt wird und nicht durch die Frage nach Krieg oder Frieden.
Das Folgende ist eine Beschreibung dieser Kategorien von MMA im Koran, die Verse, die sie erwähnen und die erwarteten Beziehungen:
1. Ma Malakat Aymunukum – was ihr bereits besitzt
Die erste Kategorie von MMA bezieht sich auf eine Gruppe von Frauen, die bereits mit ihren Ehemännern verheiratet sind, selbst wenn diese Ehe nicht nach koranischen Prinzipien erfolgt ist, weil sie vor der Offenbarung des Koran geschlossen wurde oder vor der Konversion zum Islam. Dies kann aus Sure 3 Vers 4 abgeleitet werden.
In diesem Falle, wenn man eine Frau oder auch Frauen – selbst wenn sie nach der Offenbarung des Koran zu einer verbotenen Kategorie gehörte, darf man mit ihnen verheiratet bleiben. Man muss sich nicht scheiden lassen, denn Gott wird keine anerkannte Ehe brechen. Diese Kategorie von MMA ist diesen Menschen erlaubt und gehören zu dem, was man bereits besitzt. Da es sich um verheiratete Paare handelt, sind sexuelle Beziehungen erlaubt.
[4:3] If you deem it best for the orphans, you may marry their mothers – you may marry two, three, or four. If you fear lest you become unfair, then you shall be content with only one, or with what you already have (Ma Malakat Aymanukum). Additionally, you are thus more likely to avoid financial hardship.
[33:50] O prophet, we made lawful for you your wives to whom you have paid their due dowry, or what you already have (Ma Malakat Yameenek) , as granted to you by GOD. Also lawful for you in marriage are the daughters of your father’s brothers, the daughters of your father’s sisters, the daughters of your mother’s brothers, the daughters of your mother’s sisters, who have emigrated with you. Also, if a believing woman gave herself to the prophet – by forfeiting the dowry – the prophet may marry her without a dowry, if he so wishes. However, her forfeiting of the dowry applies only to the prophet, and not to the other believers. We have already decreed their rights in regard to their spouses or what they already have (Ma Malakat Aymanuhum). This is to spare you any embarrassment. GOD is Forgiver, Most Merciful.
[33:52] Beyond the categories described to you, you are enjoined from marrying any other women, nor can you substitute a new wife (from the prohibited categories), no matter how much you admire their beauty. You must be content with those already made lawful to you (Ma Malakat Yameenek). GOD is watchful over all things.1
2. Ma Malakat Aymanukum = was euch rechtmäßig gehört
Dies ist die zweite Kategorie von MMA, was einem rechtmäßig gehört. In dieser Kategorie sind sexuelle Beziehungen statthaft. Wir müssen beim Verständnis bei Gottes Gesetz im Koran sehr vorsichtig sein. Gott benutzt bei der Genehmigung von Sex zwischen Männern und ihrer MMA bewusst das Wort ODER. Es ist ENTWEDER die Ehefrau ODER die MMA. Gott hat nicht UND benutzt (Ehefrauen UND MMA). Gott wählt seine Worte ganz bewusst bei der Darstellungen seiner Gesetze und hinterlässt somit bei seinen Dienern keinerlei Zweifel. In dieser Kategorie von dem, was einem rechtmäßig zusteht geht es um eine Situation, in der das Ehepaar die Ehe nicht bei den zuständigen Behörden hat eintragen lassen. Die Common-Law-Ehe in den USA stellt einen solchen Fall dar. Mann und Frau entschließen sich vor Gott eine Ehe zu führen, lassen diese aber nicht registrieren. Es kann sich aber auch um Fälle handeln, die in der ersten Kategorie beschrieben wurden, bei denen MMA durch Gottes Erlaubnis rechtmäßig geworden sind.
Kurzfristige Vereinbarungen zwischen Mann und Frau um eine gewisse Zeit lang Sex zu haben gehören nicht in diese Kategorie. Derlei ist Prostitution, was Gott verboten hat. Bei diesen Vereinbarungen wird die Frau um ihre Rechte betrogen und der Mann von all seinen Verpflichtungen gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau entbunden. Ein Beispiel für solch eine Vereinbarung ist das, was manche gelehrte Muta nennen. Sie erklären derlei für erlaubt, obwohl es gegen alle koranischen Gesetze zur Heirat und zum Aufbau einer Familie steht.
[70:30] (They have relations) only with their spouses, or what is legally theirs – (Ma Malakat Aymanuhum)
[23:6] Only with their spouses, or those who are rightfully theirs (Ma Malakat Aymanhum), do they have sexual relations; they are not to be blamed.
3. Ma Malakat Aymanukum = Sklaven, falls vorhanden
Da Sklaven vollkommen von ihrem Besitzer abhängig sind, fallen sie unter die MMA. Obwohl der Koran anordnet, Sklaven in allem möglichen Fällen zu befreien, ist dieses Gesetz im Koran verankert, um diejenigen zu schützen, die zur Zeit der Offenbarung des Koran versklavt waren oder aber in Zukunft Sklaven geworden sein könnten. Einige der Besucher unserer Internetseite sprechen von ihren Bediensteten so, als ob sie Sklaven seien, da sie vollkommen von ihnen abhängig seien. Sklaven und Bedienstete sind geschützt und unter keinen Umständen außerhalb der Ehe als Sexualpartner vorgesehen.
[4:25] Those among you who cannot afford to marry free believing women, may marry believing slave women (Ma Malakat Aymanukum). GOD knows best about your belief, and you are equal to one another, as far as belief is concerned. You shall obtain permission from their guardians before you marry them, and pay them their due dowry equitably. They shall maintain moral behavior, by not committing adultery, or having secret lovers. Once they are freed through marriage, if they commit adultery, their punishment shall be half of that for the free women. Marrying a slave shall be a last resort for those unable to wait. To be patient is better for you. GOD is Forgiver, Most Merciful.
In diesem Vers verdeutlicht Gott den Status der MMA als ehrenvolle Frauen, die gläubige Männer heiraten können, nachdem sie die Erlaubnis ihres Vormundes eingeholt haben. Wenn diese Frauen Sexualpartner ihres Vormundes wären, wie könnte Gott sie dann mit gläubigen Männern heiraten lassen? Gott fordert sie auf ihr moralisches Verhalten AUFRECHT ZU ERHALTEN, indem sie keinen Ehebruch begehen oder heimliche Liebhaber haben. Dieser Vers sagt deutlich, dass diese Sklaven (MMA) keine Sexualpartner ihres Vormundes sind.
[24:33] Those who cannot afford to get married shall maintain morality until GOD provides for them from His grace. Those among your servants (Ma Malakat Aymanukum) who wish to be freed in order to marry, you shall grant them their wish, once you realize that they are honest. And give them from GOD’s money that He has bestowed upon you. You shall not force your girls to commit prostitution, seeking the materials of this world, if they wish to be chaste. If anyone forces them, then GOD, seeing that they are forced, is Forgiver, Merciful.
In diesem Vers sind zwei wichtige Lehren zu finden: Sklaven (Diener) müssen freigelassen werden, wenn man sie heiraten will und man darf die Mädchen nicht zu Prostitution zwingen. Laut diesem Vers können MMA (Diener, Sklaven) befreit werden, um zu heiraten. Sie sollen sogar Geld dafür erhalten. Wären sie Sexualpartner ihrer Eigentümer oder ihres Vormundes, so könnten sie nicht jederzeit heiraten. Sie zu Sex zu zwingen wäre Prostitution oder Vergewaltung.
4. Ma Malakat Aymanukum = Bedienstete
Da unsere Bediensteten von uns abhängig sind, sind wir verpflichtet für ihr Wohlergehen zu sorgen. Sehen sie sich die folgenden Verse an:
[24:31] And tell the believing women to subdue their eyes, and maintain their chastity. They shall not reveal any parts of their bodies, except that which is necessary. They shall cover their chests, and shall not relax this code in the presence of other than their husbands, their fathers, the fathers of their husbands, their sons, the sons of their husbands, their brothers, the sons of their brothers, the sons of their sisters, other women, the male servants (Ma Malakat Aymanuhunna) or employees whose sexual drive has been nullified, or the children who have not reached puberty. They shall not strike their feet when they walk in order to shake and reveal certain details of their bodies. All of you shall repent to GOD, O you believers, that you may succeed.
In diesem Vers liegt eine gewichtige Lehre. Gott zeigt uns, dass die gläubigen Frauen dieselbe Kategorie (MMA) besitzen können, wie Männer. Es ist zu beachten, dass der Vers damit beginnt, dass die Frauen ihre Keuschheit wahren sollen.
Die männlichen Gelehrten, die es einem Mann gestatten Sex mit seiner MMA zu haben würden es keiner Frau gestatten, dies mit ihrem MMA zu tun. Diese Gelehrten erfinden Gesetze, die den Männern dienen und die Frauen benachteiligen. Solche Erfindungen finden keine Basis in Gottes Gesetz. Dieses Gesetz gilt allen Geschlechtern, ohne diese zu diskriminieren. Gott hat außerhalb der Ehe sexuelle Beziehungen mit MMA verboten. Dies gilt für Männer und Frauen.
[33:55] The women may relax (their dress code) around their fathers, their sons, their brothers, the sons of their brothers, the sons of their sisters, the other women, and their (female) servants (Ma Malakat Aymanuhunna). They shall reverence GOD. GOD witnesses all things.
[24:58] O you who believe, permission must be requested by your servants (Ma Malakat Aymanukum) and the children who have not attained puberty (before entering your rooms). This is to be done in three instances – before the Dawn Prayer, at noon when you change your clothes to rest, and after the Night Prayer. These are three private times for you. At other times, it is not wrong for you or them to mingle with one another. GOD thus clarifies the revelations for you. GOD is Omniscient, Most Wise.
Diese Verse machen klar, dass ein MMA (Diener) nicht dieselben Rechte hat, wie eine Ehefrau, nämlich nach eigenem Willen das Schlafgemach zu betreten. Würden diese MMA als Sexualpartner gelten, so gäbe es keinen Grund ihnen dies zu verbieten.
[4:36] You shall worship GOD alone – do not associate anything with Him. You shall regard the parents, the relatives, the orphans, the poor, the related neighbor, the unrelated neighbor, the close associate, the traveling alien, and your servants (Ma Malakat Aymanukum). GOD does not like the arrogant show-offs.
[16:71] GOD has provided for some of you more than others. Those who are given plenty would never give their properties to their subordinates (Ma Malakat Aymanukum) to the extent of making them partners. Would they give up GOD’s blessings?
[30:28] He cites for you herein an example from among yourselves: Do you ever elevate your servants or subordinates (Ma Malakat Aymanukum) to the level where they rival you, and to the point that you pay them as much allegiance as is being paid to you? We thus explain the revelations for people who understand.
5. Ma Malakat Aymanukum = Spezielle Kategorie
Frauen, die ihre ungläubigen Ehemänner während eines Krieges verlassen haben und zu den Gläubigen gestoßen sind.
Diese Gruppe ist laut Koran ebenfalls geschützt und nicht als Sexsklave vorgesehen. Sie müssen wie jede andere freie Frau behandelt werden. Es muss um ihre Hand angehalten werden und sie erhalten denselben Respekt und die Mitgift, die jede legale Ehe erfordert. Dies wird in 60:10 klargestellt.
[4:24] Also prohibited are the women who are already married, unless they flee their disbelieving husbands who are at war with you (Ma Malakat Aymanukum). These are GOD’s commandments to you. All other categories are permitted for you in marriage, so long as you pay them their due dowries. You shall maintain your morality, by not committing adultery. Thus, whoever you like among them, you shall pay them the dowry decreed for them. You commit no error by mutually agreeing to any adjustments to the dowry. GOD is Omniscient, Most Wise.
[60:10] O you who believe, when believing women (abandon the enemy and) ask for asylum with you, you shall test them. GOD is fully aware of their belief. Once you establish that they are believers, you shall not return them to the disbelievers. They are not lawful to remain married to them, nor shall the disbelievers be allowed to marry them. Give back the dowries that the disbelievers have paid. You commit no error by marrying them, so long as you pay them their due dowries. Do not keep disbelieving wives (if they wish to join the enemy). You may ask them for the dowry you had paid, and they may ask for what they paid. This is GOD’s rule; He rules among you. GOD is Omniscient, Most Wise.
Gottes Worte sind klar. Wir, als Untergebene unseres Schöpfers haben keine andere Wahl, als sich seinem Gesetz zu unterwerfen. Jede Person, die sich nicht an dieses Gesetz hält, praktiziert etwas anderes als Islam (Ergebung) und kann nicht als Muslim (Ergebener) bezeichnet werden. Wer sich nicht dem Gesetz Gottes unterwirft ist ein Gegner und kein Ergebener.
[24:51] The only utterance of the believers, whenever invited to GOD and His messenger to judge in their affairs, is to say, „We hear and we obey.“ These are the winners.
[5:7] Remember GOD’s blessing upon you, and His covenant that He covenanted with you: you said, „We hear and we obey.“ You shall observe GOD; GOD is fully aware of the innermost thoughts.
[2:285] The messenger has believed in what was sent down to him from his Lord, and so did the believers. They believe in GOD, His angels, His scripture, and His messengers: „We make no distinction among any of His messengers.“ They say, „We hear, and we obey. Forgive us, our Lord. To You is the ultimate destiny.“
übersetzt von Andreas Heisig
1 Die Übersetzung wurde nicht übersetzt, da es im Deutschen keinen adäquaten Vergleich zur vom Autor benutzten Übersetzung durch R. Khalifa gibt.
Der Koran fordert Demokratie. Wer islamische Despotien verteidigt, fälscht Gottes Wort
Wer über den Islam sprechen will, muss zunächst deutlich machen, was genau er darunter versteht. Muslime unterscheiden zwischen dem traditionellen Islam, der auf den Sitten und Gebräuchen des Nahen Ostens beruht, und dem wahren Islam, der im Koran festgehalten ist und durch den Propheten Mohammed verkündet wurde.
Bis heute übersieht der Westen diese Unterscheidung, die von den Muslimen selbst als Dilemma empfunden wird. Zumindest bis zum schrecklichen Terroranschlag am 11. September 2001 hat der Westen nur sein kurzfristiges politisches Kalkül im Blick gehabt und dieses Dilemma nicht gesehen.
Dabei stimmt es: Betrachten wir heute die islamischen Gesellschaften unter dem Aspekt „Demokratie“ oder „Menschenrechte“, bietet sich kein sehr positives Bild. Besonders dem Nahen Osten, der Kernregion des Islams, kann in Fragen der Menschenrechte kein gutes Zeugnis ausgestellt werden. In diesen Ländern wird der Wert des Menschen verschleudert. Seine Vortrefflichkeit, seine Ehre, Freiheit und seine Rechte kommen nur noch in Gedichten, nur noch in der schöngeistigen und mystischen Literatur vor.
Die Zeitungen vom 17. Juni 2002 berichteten unter der Schlagzeile Reaktionäre Grausamkeit von einem unmenschlichen und unbegreiflichen Vorfall. Er ereignete sich in einem berühmten islamischen Land, in Saudi-Arabien: Als sich einige Frauen vor einem Gebäudebrand retten wollten und auf die Straße liefen, wurden sie von den Gewalttätern, die sich „Religionspolizisten“ nennen, mit Schlägen zurückgejagt. Der Grund: Sie waren nicht verschleiert. Sie kamen alle ums Leben.
Grausame Taten wie diese, welche die Menschenwürde missachten, prägen leider das Bild des Islams weltweit. Diejenigen, die Wissenschaft und Bildung achten, wissen allerdings, dass es im Islam eine innere Wahrheit gibt. Bedauerlicherweise hat das Sichtbare in Form des traditionellen Islams das Wahre aus dem Leben verdrängt, also den Islam des Korans.
In den islamischen Ländern wird der Mensch Regeln geopfert, die Tradition zu einem unantastbaren Tabu gemacht haben. Denn in diesen Ländern hat man das koranische Prinzip „Die Religion ist für den Menschen geschaffen“ ins Gegenteil verkehrt. Es wurde daraus: „Der Mensch ist für die Religion geschaffen.“
Die islamischen Länder sind zwar von ihren früheren Kolonialherren unabhängig, aber nicht frei geworden. Die Unabhängigkeit nutzte lediglich den Despoten im Lande. Das Joch der Unterdrückung blieb bestehen und belastet die Menschen heute mehr denn je. Man vergaß, dass die Unabhängigkeit eines Landes durch die Freiheit des Individuums vervollständigt werden muss. Der einzige Weg dorthin ist die Installierung einer laizistischen Regierungsform. Die Methode „Demokratisierung durch Krieg“, welche die amerikanische Regierung im Irak anwenden will, ist dagegen weder menschenwürdig noch erfolgversprechend.
Die Veränderung kann nur aus der islamischen Welt selbst kommen. Wenn wir die tabuisierenden Traditionen und die vorsätzlichen Irrwege beiseite lassen und den Islam aus der Sicht seiner Hauptquelle, des Korans, betrachten, gibt es durchaus einen Silberstreif am Horizont. Dabei ist bemerkenswert, dass bei der Einführung der Werte des Korans im Leben, die für die Entwicklung der Menschheit notwendig sind, die westlichen, nichtmuslimischen Gesellschaften weiter fortgeschritten als die islamischen sind. Und auch dies ist eine Tatsache: Mit jedem Tag wird dieser Abstand zum Nachteil der islamischen Welt größer.
Die islamische Welt hat über Jahrhunderte ihr Schicksal nicht an Grundlagen und Prinzipien gebunden, sondern an Personen, die für unantastbar erklärt wurden. In der Terminologie des Korans bezeichnet man dies als schirk (Vielgötterei, Polytheismus, Götzentum). Es handelt sich also schlicht um Paganismus. Diese Ausrichtung mit fetischistischem Charakter macht die Menschen immer mehr zu Sklaven von Knochen, Fossilien und Grabstätten. Umso absurder wirkt es, dass die grundlegenden Werte, die der Koran im Leben des Menschen verwirklicht sehen möchte, in nichtislamischen Gesellschaften verwirklicht sind.
Der Islam der Traditionen, also der falsche Islam, hat alle islamischen Grundlagen und Werte, die den Menschenrechten und damit auch der Demokratie den Weg bahnen und sie stärken könnten, außer Kraft gesetzt. Diese Entwicklung begann, als die despotische Monarchie zur Religion erklärt wurde. Das System der monarchistischen Herrschaft aber wird im Koran als ein unzulängliches System der Ungerechtigkeit dargestellt (siehe hierzu Sure 27, Vers 34). Dass es dennoch die Oberhand gewann, wurde möglich, weil man den Laizismus in einen Gegensatz zur Religion stellte. Laizismus bedeutet aber nicht, wie viele annehmen, Religion und weltliche Angelegenheiten voneinander zu trennen. Laizismus heißt, die Legitimation der Herrschenden beziehungsweise Regierenden nicht auf Gott oder göttliches Recht zu gründen, sondern auf den Willen des Volkes. Daher halte ich es nicht für möglich, dass die islamischen Gesellschaften sich demokratisieren können, ohne sich eine wirklich laizistische Verfassung zu geben.
Der Koran verkündet, dass das Prophetentum abgeschlossen sei. Eine der grundlegenden Folgerungen daraus lautet: Das Zeitalter ist beendet, in dem die Völker von Personen geführt werden, die sich auf Gott berufen. Der Koran ist das einzige heilige Buch, das verkündet, dass die Theokratie aus dem Leben der Menschen weichen soll.
Diese Aussage des Korans ist die wichtigste Wahrheit, die in den islamischen Gesellschaften verschwiegen und versteckt wird. In den islamischen Ländern wird das ganze religiöse Leben so ausgerichtet, dass diese Wahrheit verborgen bleibt. Alle erdenklichen Maßnahmen und Anstrengungen werden unternommen, damit sich dieser Zustand nicht ändert. Diese Maßnahmen werden auch von jenen Westeuropäern unterstützt, die nicht wollen, dass sich in den islamischen Ländern die Zustände ändern.
Nach dem Verständnis des wahren Islams, der sich auf den Koran beruft, ist die Macht, ein Volk zu führen, ein rechtsstaatliches Gut. Dieses darf nicht für despotische Herrschaft missbraucht werden. Nur die dürfen es an sich nehmen, die seiner würdig sind. Dieses Gut kann dem Einzelnen durch Wahlen anvertraut und – falls notwendig – auch wieder entzogen werden.
Diejenigen, die den Despotismus zur Religion erklären, fragen oft: „Warum Demokratie? Demokratie bedeutet Wille des Volkes. Welches Volk hat denn den Propheten Mohammed gewählt? Und warum überhaupt Wahlen?“ Diesen Wortführern muss man entgegenhalten: „Den Propheten Mohammed hat Gott selbst berufen. Hat Gott auch die Könige, Sultane und Kaiser berufen? Hat Gott etwa Saddam, den Schah von Persien, Chomeini, Assad, Feisal und andere Könige und Herrscher berufen?“
Die Herrschenden täuschen das Volk und fragen: „Wenn eine Theokratie besteht, dann werdet ihr von Gott geführt. Wollt ihr euch darüber beschweren?“ Und weil das Volk die wahren Grundlagen des Islams nicht kennt, kann es die folgenden Fragen nicht stellen: „Nur Propheten können eine Theokratie leiten. Aber wenn die Zeit der Propheten abgeschlossen ist, wie kann dann eine Theokratie fortgeführt werden? Seid ihr denn Propheten, dass ihr euch auf Gott beruft und uns regieren wollt?“
Nach dem Koran sollen sich die Regierenden und Herrschenden auf die Prinzipien der schura (das System der Beratung und Kontrolle) und bajat (den Gesellschaftsvertrag) stützen. Gott hat dem Propheten Mohammed, den er selbst gesandt hat, aufgetragen, sich auf diese beiden Prinzipien zu stützen.
Was der Koran über das Regieren und Herrschen sagt, ist klar und deutlich: Die Zeit nach dem Propheten Mohammed ist die Zeit der schura und bajat. Das heißt, an die Adresse der Herrschenden gerichtet: Ihr werdet das Volk führen und leiten, ihr werdet von den Menschen die Legitimation hierzu erhalten, ihr werdet gewählt werden. Und wenn das Volk euch abwählt, dann sollt ihr gehen.
Der wahre Islam spricht niemandem das Recht zu, ein Beauftragter, Stellvertreter oder Repräsentant Gottes zu sein. Einzig den Propheten steht es zu, im Namen Gottes zu sprechen und zu führen. Das Recht zur Führung eines Volkes kann nicht von Gott oder per Geburt erlangt werden, sondern nur vom Volk und durch Wahlen. Dies bezeichnet der Koran als bajat. Das mittels bajat erlangte Recht zur Führung eines Volkes wird mit dem schura genannten System der Beratung und Kontrolle vollzogen. Dieses System stellt sicher, dass die Führenden die Geführten und umgekehrt die Geführten die Führenden kontrollieren. Auf der Grundlage der schura kann das Volk, das über die Regierenden wacht, ihnen auch das Recht zur Herrschaft entziehen, falls es dies für notwendig erachtet.
Die koranische Entsprechung für das demokratische Verfahren ist also die schura. Weil sie im Koran erwähnt wird, konnte sie nicht völlig unterschlagen werden. Aber ihre Bedeutung wurde verzerrt wiedergegeben und so ausgeformt, dass sie dem traditionellen Islam ins Konzept passte. Von den Despoten im Nahen Osten wurde die schura darauf reduziert, dass der König oder der Sultan sich einige Ratgeber zulegen solle. Der 1988 gestorbene islamische Gelehrte Fazlur Rahman sagt hierzu:
„Schura, wie sie der Koran aufträgt, bedeutet nicht, dass jemand sich gelegentlich den Rat anderer einholt. Vielmehr bedeutet es wechselseitige Konsultation von Gleichberechtigten. Wer diese Konsultationen verweigert oder sie verzögert, weil sie angeblich nicht passen, ist ein Diktator, der im Widerspruch zum Islam steht.“
Nach dem Verständnis des Korans leitet sich die Berechtigung zur Leitung des Staates also nicht aus der Religion oder dem göttlichen Recht ab, sondern aus dem freien Willen des Volkes. Der größte islamische Denker des 20. Jahrhunderts, Mohammed Iqbal (1877 bis 1938), stützte sich auf diese Aussagen des Korans, als er verlangte, die Berechtigung, Normen und Gesetze aufzustellen, den Rechtsgelehrten zu entziehen und einem Parlament zu übertragen. Zu diesem Zweck solle das Prinzip der icma (des Konsenses innerhalb der islamischen Gemeinschaft) im Geiste des Islams modernisiert werden. Iqbal war überzeugt davon, dass Republik und parlamentarische Demokratie das Regierungssystem darstellen, das dem Geist des Islams am besten entspricht.
Der Koran entwickelte das Prinzip der bajat, also die Idee eines Gesellschaftsvertrags, viele Jahrhunderte vor der Französischen Revolution. Um zu regieren und zu herrschen, sollte mit jedem, egal, ob Mann oder Frau, ein Abkommen geschlossen und Einverständnis erzielt werden. Selbst dem Propheten Mohammed wurde aufgetragen, sich bei der Führung der Gemeinde vom gesamten Volk, auch von den Frauen, eine bajat einzuholen (Sure 60, Vers 12).
Die Prinzipien des Korans, die sich in Übereinstimmung mit der demokratischen Logik befinden, hat der amerikanische Nahost-Experte Leonard Binder in seinem Buch Islamic Liberalism folgendermaßen zusammengefasst:
„Erteilt Gott oder das Volk die Berechtigung zum Regieren? Diese Diskussion ist so gelöst worden: Die ursprüngliche Berechtigung kommt von Gott, aber sie wird über das Volk an bestimmte Personen übertragen. Dass die Berechtigung zur Machtausübung, deren Quelle Gott ist, über das Volk auf von ihm ausgewählte Führer übertragen wird, ist Demokratie.“
Im Kern heißt das: Gott, der allmächtige Herrscher, gab dem Menschen eine Legitimation zum Herrschen. Der Mensch benutzt diese Legitimation, indem er bestimmten Personen ein Mandat überträgt und dabei die Prinzipien der schura und der bajat anwendet.
Der traditionelle religiöse Diskurs in den islamischen Ländern missachtet die Wahrheit dieser grundlegenden Prinzipien. Der ägyptische Gelehrte Abu Said ist der Ansicht, dass die traditionellen Gelehrten dies nicht aus Unkenntnis tun, sondern um die Wahrheit bewusst zu verheimlichen.
Der Koran hat dem Menschen die Allmacht entzogen und an bestimmte Prinzipien und Leitlinien gebunden. Werte werden von Gott gegeben und von ihm verfügbar gemacht. Dem Koran zufolge ist der erste dieser Werte der Verstand. In Sure 10, Vers 100 heißt es: „Und Gott zürnt denen, die ihren Verstand nicht gebrauchen.“ In die Rechtssprache der modernen Zeit übersetzt, heißt das: Die Herrschaft beruht auf den Prinzipien des universellen Rechts. Der Koran verweist immer wieder auf diese universellen Prinzipien.
Der Koran ruft dazu auf, den Verstand zu benutzen, und kritisiert, wenn Menschen sich wie eine Herde Vieh verhalten. Das Volk darf niemanden zu seinem Hirten machen und sollte sein Schicksal selbst in die Hand nehmen.
Ein wichtiger Teil der zeitgenössischen islamischen Intellektuellen begreift dies. Bisher üben diese Intellektuellen noch keinen großen Einfluss aus. Leider wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis sich daran etwas ändert.
Jene, die ihre eigenen persönlichen Meinungen auferlegen wollen, haben Gott und die Religion ausgenutzt, um im Stande zu sein, die politische Macht zu ergreifen. Trotz der Tatsache, dass Frauen ebenso an die Macht gelangen und Präsidentin im Rahmen des Koran werden können, führte der traditionalistische Islam etwas ein, das nicht im Koran vorhanden war und Frauen dieses Recht aberkannte. Eine weitere erfundene Lüge war der Umstand, dass der Quraisch-Stamm der einzige Ort sei, woher die Führer stammen könnten. Später erhoben die Osmanischen Kalifen und die Scheichulislam (religiöse Führer) Fatwas, die ihren eigenen Zielen dienten, und nutzten die Sekten aus, denen sie angehörten, um ihre Position auf dem Thron zu festigen. Ein Beispiel der Korruption unter den Osmanen ist die Eigenschaft der Sultane als „Gottes Schatten, Kalif, unser Herr“. Dies war mehr als eine bloße Verzierung!
Grundprinzipien
Entscheidungen zu Themen, die unserem Ermessen überlassen wurden, ohne die allgemeinen Einschränkungen des Koran zu überschreiten, sollten von jenen an der Macht erreicht werden. Doch lagen die Dinge in der Praxis anders, weil rein menschliche Taten als abgeleitet von der göttlichen Offenbarung angesehen wurden. Die im Koran festgelegten Prinzipien hatten eine allgemeine Anwendung; sie sind universal und Muslime können sie nicht umgehen. Beispielsweise kann die Einrichtung des Kalifats abgeschafft werden, da sie nicht im Koran vorkommt, aber adalat (Gerechtigkeit) und schura (Beratung) können nicht beseitigt werden, ungeachtet der Veränderung von Zeit und Ort.
42:38 Die ihre Angelegenheiten durch gegenseitige Beratung entscheiden.
3:159 So verzeih ihnen, bitte für sie um Vergebung und berate dich mit ihnen!
Beratung wurde selbst dem Propheten auferlegt. Dies bedeutete, dass kein Individuum die absolute Macht hatte. Die Konsultation sollte durch Gnade begleitet werden. Es sollte mit den heutigen Begriffen als ‚direkte Demokratie‘ oder ‚repräsentative Demokratie‘ verstanden werden.
Gerechtigkeit ist eines der Grundprinzipien des Koran:
5:8 Ihr Gläubigen! Tretet für Gott als Zeuge hervor in aller Gerechtigkeit. Und der Hass gegen bestimmte Leute soll euch nicht dazu verleiten, nicht gerecht zu sein. Seid gerecht.
60:8 Gott verbietet euch nicht, gegen diejenigen pietätvoll und gerecht zu sein, die nicht der Religion wegen gegen euch gekämpft, und die euch nicht aus euren Wohnungen vertrieben haben. Gott liebt die, die gerecht handeln.
Die Angelegenheit der Gesellschaft sollten den qualifizierten und kompetenten Leuten anvertraut werden, bestimmt der Koran.
4:58 Gott gebietet euch, dass ihr die Treuhandschaft jenen übergebt, die ihrer würdig sind, und wenn ihr zwischen Menschen richtet, dass ihr richtet nach Gerechtigkeit.
Die Person, welche die Gläubigen leitet, sollte aus den Gläubigen heraus gewählt werden.
4:59 Ihr Gläubigen! Gehorcht Gott und dem Gesandten und den Verantwortlichen unter euch …
Kein Zwang in der Religion
Ein weiterer Punkt der Divergenz zwischen dem Koran und den Traditionalisten im Islam ist die Anwendung des letzteren von harten Bestrafungen gegenüber denjenigen, die abgeneigt sind, den Vorschriften des Islams zu folgen. Dies geht gegen den Koran:
2:256 Es soll kein Zwang sein im Glauben. Der rechte Weg unterscheidet sich nunmehr klar vom Irrweg.
Der Koran, dessen klare Vorschriften beiseite gefegt wurden, wurde zu einer Art aufgewickeltem Talisman und hing an den Wänden der Wohnungen, um das ‚Böse abzuhalten‘; ein kurzer Teil seiner Inhalte wird nun während den täglichen Kontaktgebeten und an den Gräbern für die verschiedenen Seelen rezitiert. Die Leute, die weder die täglichen Gebete verrichteten noch fasteten, wurden heftigen Bestrafungen ausgesetzt, in gänzlicher Missachtung des Verses, dass es keinen Zwang in der Religion gibt. Eine Folge dieser Vorgehensweise war die zunehmende Entfremdung einer Kategorie von Leuten von der Religion.
Sultanat nicht mit dem Koran vereinbar
Königtum und Sultanate sind Regierungen, welche vom Islam nicht befürwortet werden. Der Koran diktiert, dass die Autorität der Person (Mann oder Frau) anvertraut werden sollte, die für das Amt qualifiziert ist. Im traditionellen System der Nachfolge vom Vater zu Sohn wird die Verwaltung des Staates nicht den Kompetenten und Qualifizierten anvertraut. Das System einer Republik entspricht weit mehr der koranischen Gesinnung.
Es gibt im Koran keine Spur vom Kalifat. Was die Leute heute als Scharia begreifen, ist nicht der Islam als solches, sondern sunnitische und schiitische Sekten. Der Name der Religion ist Islam. Alle anderen Benennungen wie Sunna, Hanafi, Schia, Schafii oder Alewi sind Häresien.
Die größten Feinde des Islam, wie im Koran beschrieben
Jene, die entschlossen sind, ihre eigene Autorität aufrechtzuerhalten, ihre Ausbeutung der Frauen und deren Motto die Scharia ist, sind die Erzfeinde des Koranischen Islams. Ihre Regime gründet sich nicht auf den Vorschriften des Koran, sondern auf Traditionen, momentane Launen und arabische Bräuche. Ihre Existenz ist gefüllt mit der grauenvollen Erfahrung der gesehenen Gefahr, von dem beraubt zu sein, was sie als Religion begreifen, ein Mittel zur Ausbeutung. Sie beschuldigen ihre Feinde mit der Begünstigung des Semitismus und der Freimaurerei und Häresie, im Versuch, die Wirklichkeiten zu verbergen.
Heute sehen wir engelhafte Gesichter der sunnitischen und schiitischen Sekten. Wenn sie das richtige Medium und bevorzugte Milieu finden, werden sie nicht zögern, ihre wahren Gesichter zu zeigen. Wir können erwarten, das Auftreten von Ereignissen zu sehen, die denen ähneln, die wir aus Afghanistan kennen. Die kürzlich von der Hizbullah begangenen Greueltaten in der Türkei werden nicht ungewöhnlich sein. Die Versklavung der Frauen, das Verbot von Musik und Malerei wird nachfolgen. Die Afghanen haben keine neue Sekte erfunden. Das Regime, das sie versuchten aufzuerlegen, war einfach die Anwendung der Sunna. Gemäß der Hanafi Sekte wird eine Person, die nicht ihre täglichen Gebete verrichtet, gepeitscht, bis sie ihre Gebete wieder aufnimmt, während in den anderen drei sunnitischen Sekten alle, die das Verrichten ihrer täglichen Gebete ablehnen, hingerichtet werden. Alle Atheisten sowie diejenigen, die den Koranischen Islam propagieren, würden getötet (eigentlich ermordet) werden. Das Fasten wird erzwungen und die Frau wird höchstwahrscheinlich jeden Zentimeter ihres Körpers bedecken müssen…
Die Frage über die Frau hat die meisten Ergänzungen zur eingeführten Religion gehabt. Die Frauen wurden auf das Niveau eines Sklaven, eines Dienstmädchens in Haushaltsangelegenheiten und eines ihrem Ehemann verfügbares Sexualobjekts erniedrigt, gerechtfertigt im Lichte der erfundenen Ahadith und sektiererischen Interpretationen und Ansichten. Die Mehrheit des schönen Geschlechts, unfähig einen Unterschied zu machen zwischen dem, was wirklich offenbart und was erfunden wurde, trotteten weiterhin auf dem von den Männern bestimmten Pfad, die damit fortfuhren Worte zu predigen, die angeblich vom Propheten gesprochen wurden und die besagen, dass das Paradies unter den Füssen von Müttern läge. Wir werden sogleich sehen, wie seriös diese Einstellung zu den Frauen gewesen ist.
Lügengespinste über Frauen von Sekten, die auf erfundenen Ahadith aufbauen
Das Hauptziel ist gewesen, die Frau zu einer Sklavin ihres Ehemanns zu machen, die ihm gegenüber bedingungslos treu ist. Dem Ehemann gegenüber Unterwürfigkeit auszuüben wurde als eine religiöse Tat angesehen.
Müsste ich den Menschen die Niederwerfung anordnen, hätte ich bestimmt, dass Frauen sich vor ihren Ehemännern niederwerfen sollen, aufgrund der Schuld, die sie ihnen schulden. (Tirmidhi, Rada 10/1159; Abu Dawud, Nikah 40/2140; Ahmad bin Hanbal, Musnad VI, 76; Ibn Madsche, Nikah 4/1852.)
Auch wenn der Körper ihres Ehemannes von Kopf bis Fuss mit Eiter beschmiert wäre und die Frau ihn reinigt, indem sie ihn leckt, wäre ihre Schuld ihm gegenüber immer noch unbeglichen. (Ibn Hadschar al Haytami 2/121; Ahmad bin Hanbal, Musnad V, 239.)
O Frauen! Solltet ihr euch jemals der Verpflichtungen bewusst werden, die ihr euren Ehemännern schuldet, würdet ihr nicht zögern, den Staub von ihren Füssen zu wischen, indem ihr eure Wangen an ihnen reibt. (Hafiz Zahabi, Grosse Sünden, Seite 187)
Die Hingabe und das Intellekt der Frauen sind fehlerhaft. (Sahihi Bukhary)
Ihr flucht viel und seid euren Ehemännern undankbar. Ich habe kein Geschöpf außer euch gesehen, das Mangel an Intelligenz und Hingabe aufweist und das Männer in Versuchung führen kann. (Muslim, Iman 34/132; Ibn Madsche, Fiten 19/4003)
Die Gesinnung, welche die Frau zu einer Gefangenen ihres Mannes macht, bestimmt sie für die Hölle und wirft ihr Mangel in der religiösen Haltung vor, dadurch den ausdrücklichen Bemerkungen des Koran widersprechend.
Eine gute Frau ist wie eine Elster unter hundert Krähen. (Sahihi Bukhary)
O das weibliche Geschlecht! Gibt Almosen und bereut. Ich habe gesehen, dass die Mehrheit der Höllenbewohner aus Frauen besteht. (Muslim, Iman 34/132; Ibn Madsche, Fiten 19/4003.)
Eine Frau kann nur durch die Erlaubnis des Mannes ins Paradies eingelassen werden
Zuzüglich zu den Ahadith, die sie verdammen, hängt der Einlass ins Paradies einer Frau von der Zufriedenheit und Zustimmung ihres Ehemanns ab.
Wenn eine Frau stirbt, mag sie ins Paradies gehen, wenn ihr Ehemann mit ihr zufrieden war. (Riyazus Salihin)
Die lobenswerte Frau ist die, die die Frivolitäten und zeitweiligen Untreuen ihres Ehemannes erduldet, wodurch sie ins Paradies eingelassen wird. (Religiöse Informationen für Frauen, Seite 88)
Solche Ausführungen, die in den Büchern von Muslim, Bukhary, Tirmidhi, Muwatta und den schiitischen Quellen vorgefunden werden, haben ihre Wurzeln aus der Zeit der Abbasiden und Umayyaden. Solch eine Herabwürdigung der Frau gibt es im Koran nicht. Die Eignung für den Himmel hängt nach dem Koran von der ausgeübten Hingabe einer Person, ungeachtet ihres Geschlechts, ab.
49:13 Ihr Menschen! Wir haben euch von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und haben euch zu Völkern und Stämmen werden lassen, damit ihr euch kennenlernt. Der Beste vor Gott ist der Rechtschaffenste unter euch.
Wie wir sehen können macht der Koran keine Unterscheidung zwischen den Nationen, Stämmen und Geschlechtern. Dennoch wurden Frauen als ein Objekt gesehen, dass einen Mann eher in die Hölle führt.
Es gibt vier Dinge, die das Gebet eines Mannes annullieren: ein schwarzer Hund, ein Affe, ein Schwein und eine Frau. (Sahihi Muslim, Salat 265; Tirmidhi, Salat 253/338; Abu Dawud, Salat 110/720.)
Es gibt drei Dinge, die unheilvoll sind: eine Frau, ein Haus und ein Pferd. (Abu Dawud, Medizin 24/3922; Muslim, Salam 34/115; Bukhary, Nikah 17/4805.)
Seelenheil für alte, zahnlose Ehemänner
Imam Scharani und Imam Ghazzali, zwei der führenden Repräsentanten der Mentalität, die Frauen – Handelnde, die das Gebet annullieren – als unheilvoll ansieht, haben folgende Fundgrube für weitere Generationen hinterlassen.
Ein Mann mag seine Zähne verloren haben und hässlich geworden sein, während seine Frau jung und sehr schön ist. Es ist möglich, dass solch eine Frau, die zum Markt oder zu anderen Plätzen, wo sie eingeladen ist, ausgegangen sein mag, einen hübschen Mann sieht und worauf sie bei der Rückkehr nach Hause abgeneigt ist, die amourösen Annäherungen ihres Ehemannes zu erwidern. Dies ist das Ergebnis des Besuchs von Märkten und sozialen Zusammenkünften einer Frau, gelinde gesagt. (Imam Sharani, Ubudul Kubra, Seite 773)
Möge Gottes Fluch auf jenen Frauen sein, deren Beruf das Tätowieren ist und die ihre Körper tätowiert haben, und auf jenen, die ihr Haar auf dem Gesicht entfernen und ihre Zähne umgestalten. (Sahihi Bukhary)
Diejenigen, die Perücken tragen, die ihre Augenbrauen zupfen, tätowieren oder Tätowierungen auf ihrem Körper haben, sind verflucht. (Abu Dawud, Taradschul 5)
Wenn eine Frau eine Perücke trägt, ihre Arme oder ihr Gesicht tätowiert hat oder Schönheitsmale gebraucht oder ihr Gesicht und ihre Augenbrauen mit Pinzetten zupfen lässt und ihre Erscheinung verändert, so ist sie verflucht. (Imam Sharani, Ubudul-Kubra, Seiten 313, 867, 889)
Gemäß einem Hadith schlossen die Gefährten und Jünger des Propheten die Jalousien fest zu, um zu verhindern, dass ihre Frauen vorbeigehende Männern sehen, und schlugen jene, die nach draußen spähten. (Imam Ghazzali, Ihya u Ulumiddin 2/122)
Schaut, dass eure Frauen ein wenig hungrig bleiben, ohne zu übertreiben, und entzieht ihnen die schönen Kleider. Denn wenn ihre Bäuche voll und sie in Schale sind, werden sie sicherlich von äußerlichen Anreizen versucht werden. Wohingegen, wenn sie ein wenig hungrig und nicht sonderlich gekleidet sind, werden sie zuhause bleiben. (Ibnul Dschawzi, Mawzuat II/282283; Suyuti, Leali II/154; Ibn Arrak, Tanzihushscharia II/212213.)
Lasst eure Frauen keine schicken Kleider anziehen, denn wenn sie in Schale sind, werden ihre Herzen das Haus verlassen. (Imam Ghazzali, Kimyayi Saadet Seite 178; Ibn Abi Schayha, Musannaf IV/II, 420.)
Eine Frau, die ausgehen muss, sollte folgende Prinzipien einhalten, sobald sie die Einwilligung ihres Ehemannes hat:
schäbig gekleidet zu sein,
sich zu verhalten, als wäre sie eigentlich nicht draußen.
Ihren Kopf zu verbeugen und vorsichtig sein, das Gesicht von Fremden nicht zu erblicken.
Menschenmassen zu vermeiden.
Orte zu vermeiden, die von Männern gut besucht werden.
Verlassene Seitenstraßen vorzuziehen.
Ihre Arbeit schnell zu beenden und heimzukehren.
(Imam Ghazzali, Ihyayi Ulumiddin 2/290)
Die beste Frau ist die, die wie das Schaf ist
Jene, die durch absurde Verfügungen versuchten, ihre Eifersüchte auf andere zu projizieren und sie in religiöse Befehle umwandelten, gaben dem Islam einen Bereich, der für Angriffe offen ist. Hier sind einige weitere Bemerkungen über Frauen, die von Imam Ghazzali erhoben wurden:
Eine Frau hat sieben Eigenschaften:
Sie ist mit ihrem starken Wunsch, sich hübsch anzukleiden, wie ein Affe;
Sie ist wie ein Hund, da sie abgeneigt ist, arm zu sein;
Sie ist aufgrund ihres überheblichen Stolzes sowohl ihrem Ehemann wie auch anderen gegenüber wie eine Schlange;
Sie ist wie eine Ratte, wenn sie Haushaltsgüter verkauft;
Sie ist wie ein Skorpion, da sie eine Verleumderin ist;
Sie ist wie ein Fuchs, da sie dem Mann Fallen stellt;
Sie ist wie ein Schaf, da sie ihrem Ehemann gehorcht.
(Imam Ghazzali, Ihyayi Ulumuddin)
Die ideale Frau ist die von der Schafssorte! Der von allen Freiheiten beraubten Frau wird nicht einmal gestattet, zur Pilgerfahrt zu gehen. Der Frau wird es nicht erlaubt, mehr als eine Distanz von 90 Kilometern ohne die Begleitung eines ihr nächsten männlichen Verwandten (Vater, Onkel, Bruder, Ehemann) zurückzulegen. Unter den Umständen kann eine Frau nicht einmal die verbindliche Pflicht der Pilgerfahrt erfüllen, falls sie ihren nächsten Verwandten nicht überzeugen kann, sie zu begleiten. Gott hat in dieser verbindlichen Pflicht keine Unterscheidung des Geschlechts vorgenommen. Die Verrichtung des Kontaktgebetes einer Frau wurde durch die erfundenen Ahadith verboten, da sie ansonsten ausgehen müsste. Dadurch wird angedeutet, dass das Kontaktgebet einer Frau zuhause verdienstvoller sei, als das ist, das sie in der Moschee verrichtet hätte.
9:71 Die Gläubigen, Männer und Frauen, sind einander Verbündete/Freunde.
Wie können sie erwarten, dass der Mann und die Frau diese Freundschaft aufbauen werden, angesichts der Tatsache, dass ihnen selbst das Sprechen miteinander verboten ist? Der weitere Verlauf des Verses erwähnt, dass diejenigen, die diese Freundschaft bewerkstelligen, mit der Gnade Gottes belohnt werden. Wenn die besagte Gnade in Gemeinschaften, die behaupten Muslime zu sein, vorenthalten ist, dann könnte das an ihrem Ungehorsam liegen.
Unter den Hanafis muss selbst die Stimme der Frau gedämpft werden, so dass der Mann ihr nicht zuhört. (Fikhus Siyra, Seite 400)
Euch wurde es gestattet, nur mit eurem Mahrim (Ehemann, Vater, Neffe…) zu sprechen. (Ibn Kathir 4/355)
Mit Kieselsteinen gefüllten Mäulern sprechen
Mit der Trennung von Mann und Frau wurden die Frauen isoliert, und ihnen war es nicht gestattet, männliche Freunde zu haben, so sehr, dass sogar Konversationen zwischen den Frauen im Flüsterton gehalten wurden, um zu verhindern, dass die Männer ihre Stimmen hören. Jedoch darf eine Frau im Notfall einen Mann ansprechen, aber nur wenn sie den Mund voller Kieselsteine hat.
Es war ihr nicht erlaubt, während der Menstruation ihre Kontaktgebete zu verrichten, noch konnte sie während ihrer Periode den Koran lesen oder das Fasten halten. Der Koran erwähnt bloß, dass kein Geschlechtsverkehr mit einer menstruierenden Frau praktiziert werden soll. Hätte Gott gewünscht, dass sie weder den Koran lesen noch fasten soll, hätte Er dies sicherlich ausdrücklich erwähnt.
2:222 Und sie befragen dich über die Menstruation. Sprich: „Sie ist schädlich. Haltet euch während der Menstruation von den Frauen fern, und habt keinen Geschlechtsverkehr mit ihnen, bis sie davon entlastet sind.“
Wie wir sehen können nennt der Koran jede Einzelheit, die eine Person braucht. Jedoch wurden die Handlungen der Frauen eingeschränkt, indem sie getrennt wurden und indem sie daran gehindert wurden, das Freitagsgebet abzuhalten. Die ihnen auferlegten Einschränkungen, die nicht im Koran vorhanden sind, werden als Abscheulichkeiten angesehen. Die Erfindungen gingen so weit, Ahadith zu erfinden, die aussagten, dass alle, die sich dem Wort der Frau fügen, zu Grunde gehen würden. Solch eine Vorstellung geht ganz und gar gegen die Philosophie des Koran.
Nimmt keine Ratschläge von Frauen an; setzt euch gegen sie, denn die Opposition gegenüber Frauen bewirkt Wohlstand. (Suyuti, Leali II, 147; Ibn Arrak, Tanzihush Sharia II, 210.)
Wer auch immer seiner Frau gehorcht, wird von Gott in die Hölle geworfen. (Ibn Arrak II, 215)
Frauen als Imame, Muezzine und Staatsoberhäupter
Es gibt nichts im Koran, das darauf hinweist, dass gewisse Ämter den Frauen verboten sind; folglich können sie die Position eines Präsidenten, Kalifen, Richters, Imams oder Muezzins (Rufer zum Gebet) innehaben. Alles ist erlaubt, sofern es nicht ausdrücklich im Koran verboten wurde. Freiheit ist das Prinzip, Verbot die Ausnahme; wenn darüber hinaus irgendwelche Ausnahmen sind, werden sie in den Koranversen ausdrücklich erwähnt. Dadurch gibt es für Frauen keine Hürden mehr, die gerne die oben erwähnten Positionen erlangen wollen.
Eine von einer Frau geführten Gesellschaft ist eine dem Untergang geweihte Gesellschaft. (Ibn Hanbal, Musnad 5/43,50; Tirmidhi, Fitan 75 ; Nesai, Kudat 8; Bukhary, Fiten 18.)
Die Gegner von Aischa, die Frau des Propheten, die während des Dschamal Vorfalls das Kommando der Situation übernommen hatten, müssen diesen angefertigten Hadith erfunden haben. Süleyman Atesch bemerkt folgendes: „Der gefragte Hadith muss auf Aischa anspielen. Hätte jedoch der Prophet so etwas in dieser Art gesagt, erhielte Aischa die gefragte Mission nicht, und Talha und Zubaira hätten dies nicht toleriert. Die Authentizität dieses Hadiths, der dem Koran widerspricht, ist zweifelhaft“ (Süleyman Ates, Kommentar des Koran 6/399400).
Diejenigen, die Ahadith erfanden, um ihre eigenen politischen Ansichten zu unterstützen, ignorieren ebenso die Beschreibung der Königin von Scheba. Verse 22 und 44 der Sure Die Ameise (27. Sure) erwähnen die von einer Frau geführten Gesellschaft. Wir bemerken, dass sie als eine intelligente und weise Frau beschrieben wird, umsichtig genug, um keine Risiken einzugehen, die ihre Gemeinde prekären Situationen aussetzen würden. Es gibt im Koran keinen einzigen Hinweis darauf, dass eine Frau keine Herrscherin sein kann.
Lehrt den Frauen das Lesen und Schreiben nicht. Lasst sie sich in Näharbeit üben und schaut, dass sie die Sure Das Licht rezitieren. (Ibnul Dschawzi, Mawzuat II, 269)
Fabrizierung der Ahadith für sexuelle Ziele
Wenn ein Mann seine Frau zu Bett ruft und sie lehnt (die Einladung) ab, werden sie die Engel bis zu den frühen Morgenstunden verfluchen. (Bukhary 9/36)
Die Männer, die darüber besorgt waren, abgelehnt zu werden, haben diesen Hadith fabriziert, der auf den Propheten hinwies. Frauen, die von ihrem Scheidungsrecht beraubt wurden, kamen dadurch unter die Unterdrückung der Männer.
Wenn sich eine Frau scheiden lässt, wird sie den Duft des Himmels nicht genießen. (Religiöse Informationen für Frauen, Seite 61)
Im Koran können Ausdrücke wie ‚geschiedene Frauen‘ (vgl. 2:228-241) beide Bedeutungen haben: nämlich, eine Frau, die sich scheiden ließ, oder eine, die geschieden wurde. Anbetracht dessen, dass im Koran keine ausdrückliche Vorschrift vorhanden ist, welche die Scheidung zu einer Exklusivität für Männer macht, sollten Frauen grundsätzlich dasselbe Recht genießen.
Ein weiterer Hadith besagt:
Gott wird das Kontaktgebet einer Frau nicht erhören, die Parfüm aufträgt, bevor sie die Moschee betritt, sofern sie nicht heimkehrt und sich durch die totale Waschung säubert. (Awnul Mabul 11/230)
Männer, die Parfüm aufsetzen, sind lobenswert, während Frauen, die dasselbe tun, eine sündhafte Tat begangen haben. Das Grundprinzip ist, dass die Männer von schönen Düften erregt werden. Die Tatsache, dass Frauen dieselbe Gefühle haben können, kommt ihnen nicht in den Sinn. Weiterhin, wieso wurde dies nicht im Koran vorgesehen?
Sofern der Platz, wo die Frau gesessen ist, nicht abgekühlt ist, darf er nicht von einem Mann besetzt werden. (Religiöse Informationen für Frauen, Seite 24)
Dieser Hadith erzeugt viele Erschwernisse in der städtischen Lebensweise, wie mensch ohne Weiteres sehen kann.
Gewisse Missverständnisse über Frauen
Es beginnt alles in den Geschichten über Adam und Eva. Nirgends im Koran stoßen wir auf die Versuchung Adams durch Eva. Wenn wir die Verse 11-28 der 7. Sure lesen, können wir sehen, dass sowohl Adam als auch Eva von Satan versucht wurden. Darüber hinaus wird die Legende, dass Eva aus der Rippe Adams erschaffen sei, nirgends im Koran erwähnt.
Eine weitere ungerechtfertigte Behauptung über den Koran ist, dass er allein Männer anspricht. Neunzig Prozent der Verse sprechen beide Geschlechter an. Es gibt ebenso Verse, die nur Frauen oder Männer ansprechen. Alle, die den Koran ernsthaft lesen, werden sehen, dass der Koran die allgemeine Öffentlichkeit und nicht ein einzelnes Geschlecht anspricht.
33:35 Die Gottergebenen Männer und die Gottergebenen Frauen, die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen, die rechtschaffenen Männer und die rechtschaffenen Frauen, die geduldigen Männer und die geduldigen Frauen, die standhaften Männer und die standhaften Frauen, die demütigen Männer und die demütigen Frauen, die Almosen spendenden Männer und die Almosen spendenden Frauen, die fastenden Männer und die fastenden Frauen, die Gott häufig gedenkenden Männer und Frauen – Gott hat ihnen (allen) Vergebung und großen Lohn bereitet.
Obwohl der Koran im größeren Teil die allgemeine Öffentlichkeit anspricht, gibt es ebenso Verse, die Frauen und Männer separat ansprechen.
Polygamie in der Geschichte
Wir müssen uns die Tatsache in die Erinnerung rufen, dass der Islam über einen großen Zeitraum hinreicht und einen riesigen Teil der Geographie der Erde mit unterschiedlichen Klimaverhältnissen umfasst. Es gibt Gesellschaften von Menschen, von den kleinsten Stämmen bis zu den größten Imperien, die in einem solch breiten Arbeitsbereich tätig sind, so dass sich landwirtschaftliche Arbeiten mit industriellen Unternehmen in diversen sozialen und politischen Milieus und kulturellem Hintergrund mit verschiedenen Bräuchen abwechseln. Die Universalität des Koran, die auf jede Situation, unterschiedliche Bräuche, Bedingungen und Milieus passt, ist dank seiner großen Ausdehnung erreicht worden. Bis jetzt haben wir die Versuche einer Herstellung und das Fortbestehen eines ‚Arabischen Islams‘ behandelt, in welchem der Turban, die Robe mit langen Ärmeln, die bis zu den Knöcheln reichen, und das Tragen eines Bartes einige der auffallenden Charakteristiken waren. Diese Versuche hatten unerwünschte Auswirkungen auf die Ausdehnung des Islam. Der Spielraum, den der Koran der Menschheit einräumte, erlaubt den Menschen verschiedenen kulturellen Ursprungs, ihre gebräuchlichen Kleider zu tragen. Dasselbe gilt auch für die Polygamie. Polygamie wird im Koran nicht verboten; jedoch wird sie nicht besonders gefördert und ermutigt.
Verschiedene Kulturen hatten verschiedene Praktiken. In Gesellschaften, in denen eine große Anzahl der männlichen Bevölkerung im Krieg starb und das Gleichgewicht zwischen der männlichen und weiblichen Bevölkerung zerrissen war, wurde die Polygamie unverzichtbar. In landwirtschaftlichen Gesellschaften, in denen Großfamilien immense Macht ausübten, war die Polygamie die Lösung, die Bürden der Frau im Haushalt zu erleichtern, und es gab Zeiten, in denen die Frauen nach Gefährtinnen für ihre Ehemänner suchten. Im Islam wird die Absicht zu heiraten beiderseits geäußert und die Frau genießt das Recht, sich von ihrem Ehemann scheiden zu lassen. In anderen Worten ist die Frau nach dem Koran in Fällen, bei denen es eheliche Streitereien in der Familie gibt, frei, die Scheidung zu verlangen. Das so genannte Verbot für die Frau, auf die Scheidung zurückzugreifen, oder die oberste Entscheidungsgewalt ihrer Familie über diese Angelegenheit haben nichts mit dem Koran zu tun, sondern sind lediglich traditionelle Praktiken. Polygamie war nicht nur ein Produkt östlichen, kulturellen Hintergrunds, da sie ebenso im Westen unter bestimmten Bedingungen gebilligt wurde. Als Folge der zwei Weltkriege war solch eine Lösung gefragt, und ein Artikel, welcher in der „Daily Mail“ erschienen war, schlug die Polygamie als die einzige Lösung vor, mit der Begründung, dass es einen beträchtlichen Anstieg der weiblichen Bevölkerung gegeben hatte. In 1949 wandten sich die Menschen in Bonn, um präzis zu sein die Verbände der Frauen, an die zuständigen Behörden, und verlangten, die Einführung der Polygamie in die Verfassung einzutragen. Die europäische Schriftstellerin Annie Besant, die eine Bewertung der Misere der sozialen und kulturellen Lage nach dem Krieg machte, schreibt wie folgt:
„Monogamie ist im Westen nicht länger vorhanden. Was zurzeit vorherrscht ist ein verantwortungsloser Zustand der Polygamie. Wenn ein Mann von seiner Mätresse genug gehabt hat, lässt er sie fallen, wonach die fallengelassene Frau allmählich dem Zustand der Prostitution zum Opfer fällt. Ihre Misere ist weitaus schlimmer als der Zustand einer Frau, die eine der Frauen eines einzelnen Mannes ist. Wenn wir diesen Stand der Dinge berücksichtigen, müssen wir eingestehen, dass die Westländer weit davon entfernt sind, die Einführung der Polygamie gerechtfertigt zu verdammen. Statt entehrt zu sein, eine Zufluchtsstätte zu suchen, aller Zuneigung und Sorge beraubt, mit ihrem unehelichen Kind verlassen worden, von allen Erbrechten enteignet zu sein und sich der Unterwürfigkeit zu ergeben zum Vergnügen irgendeiner Zufallsbekanntschaft, ist der Genuss der Ehre, eine der gesetzlichen Ehefrauen eines Mannes zu sein und in seinem Haushalt zu leben, weitaus besser.“
Hundefleisch und Polygamie
Wie wir bereits darauf hingewiesen haben, ist die Polygamie keine Verbindlichkeit; es ist dem Ermessen des Ehemanns überlassen, obwohl sie in gewissen Gesellschaften selbst von der Ehegattin gefördert wird. Der Koran verbietet lediglich den Verzehr von toten Tieren, Blut, Schweinefleisch und zu guter Letzt Tiere, die im Namen von jemand anderem geschlachtet wurden als in Gottes. Alle anderen essbaren Materialien sind erlaubt. Beispielsweise ist Hundefleisch in China ein Lieblingsgericht. Die Wege und Manieren unterscheiden sich entsprechend dem geographischen und sozialen Status einer Gesellschaft. Was jedoch als erlaubt betrachtet ist, soll nicht als eine religiöse Tat verstanden werden. Dieser wichtige Punkt wurde von den Gesellschaften, deren Wege voneinander abweichen, oft missverstanden. Solange der Koran nicht ausdrücklich bestimmt hat, dass eine gegebene Sache oder Tat verboten ist, ist die besagte Sache oder Tat erlaubt; sie ist nicht gegen den Islam. Beispielsweise mag in gewissen Kulturen das Tragen von Shorts bei einem Besuch einer Hochzeitsparty in Hawaii, das Gesicht mit verschiedenen Farben wie die Indianer zu bemalen, zu rülpsen oder zu furzen als normal bewertet werden. Die unter diesen Gesellschaften lebenden Muslime können ihre Standards erfüllen, ohne der Nichteinhaltung beschuldigt zu werden. Der Koran ist in dieser Hinsicht neutral. Der Koran spricht weder für noch gegen solche Taten. So wie es irrelevant ist, der Religion Verfügungen wie „Der Islam befiehlt es dir, Hundefleisch zu essen“ oder „Der Islam befiehlt es dir, zu einer Hochzeitsparty in Shorts zu erscheinen“, ist es gleichermaßen irrelevant „Polygamie wird vom Islam sanktioniert“ zu sagen. Die im Islam bevorzugte und angeordnete Tat ist nicht dasselbe wie die Tat, die frei auszuüben ist, weil sie nicht verboten wurde.
Unter normalen Bedingungen zu Friedenszeiten stellen wir eine quasi Gleichmäßigkeit zwischen der männlichen und weiblichen Bevölkerungen fest. Dies ist ein Zeichen, dass die Polygamie eine Ausnahme ist. Der Koran sagt aus, dass Monogamie eingehalten werden soll, wenn ein Ehemann nicht sicher ist, gegenüber einen von seinen Frauen parteiisch zu sein.
4:3 Doch wenn ihr fürchtet, dass ihr sie nicht mit Gleichheit behandeln könnt, so heiratet nur eine.
Polygamie wird im Koran vorausgesehen. Jedoch wird sie weder empfohlen noch verboten. Der Mann kann frei wählen. Er mag oder mag nicht mehr als eine Frau nehmen. Der Koran spricht, wie wir bereits zu Beginn des vorliegenden Buches erwähnt haben, die Menschheit an, Menschen mit verschiedenen Kulturen, verschiedenen Zeiten der Geschichte, in Friedens- und Kriegszeiten, landwirtschaftliche und industrielle Gesellschaften, ebenso die großen Staaten wie auch die kleinen Inselvölker. Der im Koran gepredigte Islam ist nicht für eine einzelne Zivilisation, eine einzelne industrielle Gesellschaft oder einen einzigen Ort, wo der Frieden herrscht, exklusiv. Die Umayyaden und Abbasiden bewerkstelligten, fremde Elemente in den Islam einzuführen und waren erfolgreich, ihre lokalen Stammesbräuche einzusetzen, als ob sie die Diktate des Islam wären (wie das Wachsen des Bartes, das Tragen einer Robe mit vollen Ärmeln und langen Schürzen, das Tragen eines Turbans und das Ausleben eines polygamen Lebens), da nichts gegen solche Praktiken war. Heute ist der Mensch frei, sich zu rasieren und Hosen zu tragen, eine Krawatte zu tragen und Monogamie vorzuziehen, ohne den Islam auf irgendeine Art wie auch immer zu verletzen. Darin besteht keine Beleidigung gegenüber dem Islam. Andererseits sind die Vorschriften des Koran, die Einheit Gottes zu erkennen, den Armen zu helfen und das Fasten abzuhalten und waren Teil der Verfügungen, die sowohl die Umayyaden als auch die Abbasiden zu befolgen hatten, und verlangen von zeitgenössischen und zukünftigen Muslimen, sich daran zu halten.
Die Frauen des Propheten
Die Frauen des Propheten und die Geschichten über sie werden nicht im Koran erwähnt. Die Geschichte der Heirat des Propheten mit einem neun Jahre alten Mädchen ist erneut eine Erfindung der Ahadith. 99% der Geschichten, die über den Propheten erzählt werden, haben ihren Ursprung in den Ahadith. Sie können wahr oder falsch sein. Eine Tatsache ist jedoch gewiss: sie sind nicht zuverlässig.
33:52 Keine weitere Frau ist für dich künftig erlaubt.
Vor der Offenbarung dieses Verses, war das, was für die Öffentlichkeit erlaubt war, ebenso für den Propheten erlaubt. Dieser Vers jedoch führte eine Einschränkung für den Propheten ein, eine Einschränkung, die bei anderen Männern nicht angewandt werden kann. Die Frauen des Propheten, wie alle anderen Frauen, heirateten ihn durch ihren eigenen freien Willen. Der Prophet, den Bräuchen der Zeit folgend, schloss eine Ehe, ohne die Verfügungen des Koran zu verletzen. Was immer wir wissen sollen, ist im Koran vorhanden. Jedes weitere Anliegen von uns ist irrelevant. Die dem Propheten offenbarte Botschaft des Koran ist die Religion, die uns durch ihn übermittelt wurde. Das persönliche Leben des Propheten könnte bewertet werden, indem zu den Zeiten und Bedingungen zurückgegangen wird, die in seiner Ära vorherrschten. Wir sind nicht in einer Position, zu urteilen, indem berichtete Ahadith aufgezeichnet wurden. In Wirklichkeit war eine der nutzlosen und sinnlosen Diskussionen über das Thema das Ergebnis der unterwürfigen Gehorsamkeit und der unerschütterlichen Akzeptanz der fabrizierten Ahadith.
Frauen als Zeugen
Nirgends im Koran wird erwähnt, dass zwei Frauen einem Mann als Zeugen gleich wären. Zum Beispiel wird die Zeugenaussage von vier Zeugen erfordert, um Ehebruch zu beweisen, und im Koran wird keine Unterscheidung zwischen den weiblichen und männlichen Zeugen vorgenommen, nur die Anzahl der Zeugen werden genannt. Jedoch gibt es ein missverstandenes Beispiel aus der Sure Die Kuh (2. Sure), Vers 282, in Bezug auf Darlehenszeit. Gemäß diesem Vers muss das erhaltene Darlehen urkundlich festgehalten werden, und die Anwesenheit der Zeugen während der Ausführung ist erforderlich. Dies ist ein gewerblicher Vertrag, der weder dem Schreiber noch den Zeugen schaden soll. Es ist eine bekannte Tatsache, dass wenn materielle Interessen im Spiel sind, die Menschen zögern, ein Zeugnis abzulegen. Der Koran betraut mit dieser schwierigen Pflicht zwei Männer. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass nur zwei Männer erwähnt werden. Eine Phrase wie ‚oder vier Frauen‘ erscheint nicht. Dadurch wird eine Frau geschützt, die selten mit gewerblichen Angelegenheiten zu tun hat und schwächer ist angesichts des wahrscheinlichen Drucks und Unterdrückung. Sollten zwei Männer nicht vorhanden und nur einer erreichbar sein, so wäre die erforderliche Anzahl ein Mann und zwei Frauen. Auf diese Weise wird die Verpflichtung zu bezeugen realisiert, und sollte später eine ungewünschte Situation auftauchen, wird ein Gefecht unter einem Mann und einer Frau verhindert. Nehmen wir an, dass ein Disput über die Höhe des Darlehens entstanden ist. Die Frau, die dem Mann gegenübertreten muss, der es nicht schafft, sich über die fragliche Höhe zu einigen, kann es nicht verhindern, Stress und Druck zu erleiden. Wohingegen, wenn zwei Frauen im Bilde vorhanden sind, dem Mann mutig die Stirn bieten und die schlecht gemeinten Zeugen werden Schwierigkeiten haben, auf die Frauen Druck auszuüben. Diese Praxis, welche Frauen von unangemessenem Druck schützt, wurde fälschlicherweise interpretiert und zu einer Allgemeingültigkeit dieses bestimmten Falles erhoben. Außer für dieses jeweilige Beispiel gibt es keine andere Unterscheidung im Koran. Wäre dies ein Leitbild gewesen, hätte Gott es ausdrücklich klargestellt, indem Er einfach aussagt, dass das Zeugnis eines männlichen Zeugen dem Zeugnis zwei weiblicher Zeugen entspricht.
Wir müssen die Aussage zur Kenntnis nehmen, die lautet: „Und weder dem Schreiber noch dem Zeugen soll Schaden zugefügt werden. Anderenfalls riskiert ihr, vom rechten Pfad abzuschweifen.“ Der Druck, dem sowohl die Zeugen als auch der Schreiber unterliegen mögen, kann sich vorgestellt und das Grundprinzip des Verses besser verstanden werden.
Frauen schlagen
Ein weiterer missverstandener Vers scheint der Vers 34 der Sure Die Frau (4. Sure) zu sein. Wir wollen hier von zwei Autoren zitieren. Yasar Nuri Öztürk sagt:
„Dieser Vers spielt nicht auf die unanfechtbare Überlegenheit des Mannes an. Es wird auf den Unterschied zwischen der respektiven Körperbeschaffenheit des Mannes und der Frau hingewiesen. Jedoch haben die meisten Kommentatoren, die auf eigenwillige Missdeutungen der Koranverse zurückgriffen, um ihren eigenen Zielen zu dienen, die im Koran erwähnte Formulierung ‚qawwam‘ als ‚Oberherrschaft‘ wegerklärt, und dadurch die Despotie des Mannes gerechtfertigt. Der im Koran erwähnte Term ‚fadribu‘ wurde darauf reduziert, eine einzelne Bedeutung zu haben, während er eigentlich mehr als eine hat. Annäherungen, die darauf abzielten, die Frauen in jeder Gelegenheit zu verunglimpfen, hätten sonst nicht funktionieren können. ‚Fadribu‘, dessen Wurzel Darb ist, besitzt mehr als 30 Bedeutungen, von denen die wichtigsten ’stoßen‘, ’schlagen‘, ‚beenden‘, ‚ausgehen‘, ’spazieren gehen‘ sind (vgl. Ibn Mansur, Lisan ul Arab, unter dem Eintrag für Darb). Unter den Umständen mag ‚fadribu‘ folgende Bedeutungen annehmen:
Aussenden;
Von irgendwo hinauszwingen;
Schlagen.
Die ersteren zwei sind natürlich rationaler und verträglicher mit der menschlichen Psychologie und den Gesetzen.“ (Yasar Nuri Öztürk, Kuran’daki Islam (Der Islam im Koran), Seiten 552-554)
Edip Yüksels Kommentar über die Missdeutung lautet wie folgt:
„Während die Wörter ‚erridschalu kawwamune alennisai‘ als ‚Männer wacht über Frauen‘ oder ‚Männer sind verantwortlich für die Unterhaltungskosten der Frauen‘ verstanden werden soll, interpretierten alle Kommentare in Türkisch, auf die ich gestoßen bin, sie, dass sie die Bedeutung von Überlegenheit über Frauen annähmen. Wieso hängen unsere Kommentare solch disharmonische Bedeutungen wie „Meister, Herr“ dem arabischen Wort ‚qawwam‘ an, statt dem Wort Bedeutungen wie ‚überwachen, stützend, aufrechterhaltend‘ anzuhängen? Die Wurzel des Wortes ‚qawwam‘ ist ‚qwm‘. Sie können alle Verse durchsehen, in denen die Ableitungen dieser Wurzel verwendet werden, und Sie werden keine Formulierung finden, welche Oberherr oder Meister bedeutet. Wenn die Formulierung ‚badehum‘ im fraglichen Vers nur die Männer anspricht, indem das Pronomen „hum“ verwendet wird, stellt sich die Bedeutung als ‚einige Männer sind anderen Männern überlegen‘ heraus. Jedoch widerspricht sich diese Bedeutung mit dem Kontext. Wenn andererseits das Pronomen eine gemischte Gruppe von Männern und Frauen anspricht, dann haben wir ‚Gott hat einige Männer und einige Frauen über andere Frauen und Männern überlegen gemacht‘. Eine andere akzeptable Wiedergabe wäre ‚Gott beschenkte jeden mit verschiedenen Vorzügen und Eigenschaften‘. Das Wort ‚idribuhanna‘ in der Sura Die Frauen wurde als ’schlagt diese Frauen‘ übersetzt. Bevor wir diese bestimmte Formulierung unter die Lupe nehmen, sollte ich Ihre Aufmerksamkeit auf eine Festsetzung der ehelichen Beziehungen im Koran ziehen. Folgendes wird in 30:21 besagt:
Zu Seinen Zeichen gehört, dass Er euch aus eurer Art Partnerwesen erschuf, damit ihr bei ihnen Geborgenheit und Ruhe findet. Er hat zwischen euch Liebe und Güte gelegt. Darin sind Zeichen für Menschen, die nachdenken.
Demnach ist das Ziel einer Ehe Liebe und Güte. Das Wort ‚daraba‘ hat eine schier endlose Anzahl an Bedeutungen, nämlich: ausprägen, streiken, schlagen, halten, spielen. Beispielsweise bedeutet das Wort ‚idrib‘ auszugehen. Die arabisch sprechenden Menschen in Nordafrika verwenden immer noch dieses Wort in diesem Sinn. Im Finden der exakten Bedeutung eines Wortes im gegebenen Kontext müssen wir pingelig sein und unsere Vernunft gebrauchen. Wenn beispielsweise das im Vers 13:17 erwähnte Wort ‚daraba‘ als ’schlagen‘ statt ‚erklären‘ übersetzt worden wäre, würde eine absurde Bedeutung hervortreten und das Ergebnis wäre „Gott schlagt die Wahrheit und die Falschheit auf diese Weise“. Andererseits wurde das Wort ’nuschuz‘ in Vers 4:34 als ungehorsame, zankende Frau übersetzt. Das Wort hat eigentlich eine weiter reichende Bedeutsamkeit, wie etwa das Flirten, die Zügellosigkeit, die unerlaubten sexuellen Beziehungen. Wenn wir um genau zu sein seine Bedeutung im gegebenen Kontext erfragen, so erscheint die zweite Bedeutung als geeigneter. Vers 4:34 lehrt dem Ehemann, wie er seine treulose Frau zu behandeln hat. Es fällt auf den Ehemann, seine Frau in erster Linie zu mahnen. Wenn die Frau mit dem Flirten mit anderen fortfährt, wird der Ehemann ihr Bett trennen. Und wenn selbst dies nicht hilft und die Frau ehebrüchige Beziehungen aufnimmt, wird der Ehemann sie hinausschicken. Eine Frau zu schlagen, die die Eheschließung bricht, wäre keine Lösung. Sich mit ihr zu trennen sollte die Lösung sein, selbst wenn dies schmerzhaft sein mag.“ (Dr. Edip Yüksel, Türkçe Kuran Çevirilerindeki Hatalar (Die Fehler in den türkischen Koranübersetzungen), Seite 13-20)
Frauen als Erbinnen
In der Verteilung des Besitzes, Geldes etc. einer verstorbenen Person, erhält das geschriebene Testament den Vorrang. Die fundamentalistischen Muslime wagten es, die ausdrückliche Aussage des Koran zu modifizieren und behaupteten die Richtschnur „Kein Testament wurde für die Erben vorgesehen.“ Entsprechend dem Koran erhält das Testament Vorrang, gefolgt von den Schulden des Verstorbenen. In 5:106 und 2:180 können wir die gegebene Empfehlung bezüglich der Ausführung des Testamentes bemerken. Andererseits wird in 4:11-12 angeordnet, dass die Verteilung der Erbschaft nach der Begleichung der Vorschriften des Testamentes und der ausstehenden Schulden stattfindet. Während der Untersuchung der Erbschaft, die den Anteilen der Männer und Frauen innerhalb des generellen Rahmens des Koran zufällt, sollten wir gut daran tun, die im Koran beteiligte Geldbewegung und Wirtschaftsbeziehungen zu verstehen. Gemäß dem Koran gibt ein Mann während der Inkraftsetzung der Eheschließung eine gewisse Summe an Geld (entweder bar, in Gold etc.). (Dieses Geld wird der Frau und nicht ihren Eltern gegeben.) Da die fragliche Summe nicht bestimmt wurde, mag die Frau, die ihr Zuhause verlassen wird und mittellos werden kann, ebenso verlangen, ein Haus oder ein Auto etc. zu erhalten. Wenn sie gemeinsam der Berücksichtigung zustimmen, so wird der Ehevertrag gültig. Im Falle, dass der Wohlstand der Frau genug ist, sie zu unterhalten, mag sie einen Ring oder ein Geschenk einer Art wählen. Der Koran ordnet an, dass diese Rücksichtnahme ordnungsgemäß gegeben werden soll. Jedoch sollten dieser fraglichen Rücksichtnahme beide Parteien zustimmen. Darüber hinaus nimmt der Mann die Verantwortung der Unterstützung seiner Frau und Sprösslingen in die Hand. Im Falle einer Scheidung wird der Unterhalt der Kinder und, wenn die Mutter ihre Kinder stillt, der der Frau ebenfalls vom Mann verantwortet. Dadurch erhält die Frau nicht nur das Entgelt, dem zugestimmt wurde, sondern auch die finanzielle Unterstützung, um sich selbst und ihre Kinder zu unterhalten. Im Falle, dass das Vermögen der Witwe nicht ausreicht, um sie zu unterhalten, hat jeder gottesfürchtige Gläubige die Pflicht, zu ihrem Lebensunterhalt beizutragen (2:241). Wie ohne weiteres gesehen werden kann, wird das Geld des Mannes, der viele Verantwortlichkeiten hat, fortwährend aufgeteilt. Gott hat dem männlichen Kind eine Erbschaft doppelt so groß zugemessen, wie Er sie dem weiblichen Kind verteilt hat (4:11). Die Einzelheiten der Erbschaft können in den Versen 11-12 und 176 der Sure Die Frauen nachgelesen werden (beide Eltern erben ein Sechstel des Besitzes in gleichmäßigen Anteilen).
Die Position der Frau gemäß dem Koran
4:32 Ihr sollt nicht die Gleichstellungen, die Gott euch gegenseitig geschenkt hat, begehren. Die Männer sollen ihren Anteil nach ihrem Verdienst erhalten, und die Frauen sollen ihren Anteil nach ihrem Verdienst erhalten.
Wir können sehen, dass sowohl Männer als auch Frauen ihre entsprechenden Überlegenheiten besitzen; keine von ihnen sind dem anderen in einem absoluten Sinne überlegen. Zu sagen, dass der Mann der Frau in jeglicher Hinsicht überlegen ist oder eine absolute Gleichstellung der Geschlechter zu beanspruchen, ist irrational. Vers 4:32 deutet auf eine schöne Weise auf die gegenseitige, komplementäre Eigenschaft der Geschlechter hin. „Gott weiß sehr wohl, was Er erschaffen hat.“ Der Allwissende Gott hat alles nach Seiner vollkommenen Ordnung angelegt. Diese Ordnung wurde gesichert; manchmal durch die Auferlegung einer Vorschrift und manchmal durch die zielgerichtete Absenz davon. Die Anpassungsfähigkeit der Vorschriften des Koran gemäß Zeit, Kultur und Gemeinschaft verdankt seine Einheit den vorherrschenden Bedingungen dieser Flexibilität. Die traditionalistische Mentalität, die daran scheiterte, diese übernatürliche Vorgehensweise des Koran zu begreifen, hat die Unverfrorenheit besessen, Einschränkungen aufzuerlegen, die im Koran nicht vorhanden waren.
Überlegenheit wird nicht durch das Geschlecht, sondern durch die Verrichtung rechtschaffener Taten bestimmt
4:124 Wer aber rechtschaffene Werke vollbringt, sei es Mann oder Frau, und gläubig ist: sie werden den Himmel betreten und ihnen widerfährt nicht die geringste Ungerechtigkeit.
16:97 Wer auch immer, ob Mann oder Frau, Rechtschaffenheit ausübt und glaubt: diesem werden Wir gewiss ein schönes Leben im Diesseits bescheren und Wir werden ihnen den Lohn bestimmt für ihre rechtschaffenen Taten erstatten.
Das wahre Leben gemäß dem Koran ist das Leben des Jenseits. Das Leben dieser Welt ist nur eine kurze Reise, deren letztes Ziel das jenseitige Leben ist. Die Überlegenheit unter den Menschen wird durch gute Taten erreicht und keine Unterscheidung oder Diskriminierung wird zu Gunsten der männlichen im Vergleich zur weiblichen Bevölkerungen vorgenommen.
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